Grunderwerbsteuer | Zur Rückgängigmachung bei Wohnflächendifferenzen (BFH)
Wird nach abgeschlossenem und durchgeführtem Kauf- oder Werkvertrag über eine Wohnimmobilie die Nichtfestsetzung, Aufhebung oder Änderung der Grunderwerbsteuer auf Grundlage des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG beantragt, muss die Nichterfüllung von Vertragsbedingungen zivilrechtlich einen gesetzlichen oder vertraglichen Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäfts vermitteln, der einseitig und gegen den Willen des anderen am Grundstücksgeschäft Beteiligten erzwungen werden kann (Anschluss an ). Ein in einer Wohnflächendifferenz liegender Mangel ist erst dann ein "schwerer Mangel", wenn die Differenz die Schwelle von 10 % überschreitet (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gem. § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zur Rückgängigmachung der Steuerfestsetzung von Grunderwerbsteuer vorliegen, wenn die Klägerin die erworbene Wohnung wegen unbehebbarer Baumängel (die Wohnung ist kleiner, als angeboten) zurückgegeben hat.
Das wies die Klage ab. Es habe kein schwerer und unbehebbarer Mangel vorgelegen.
Der BFH wies die Revision zurück und führte aus:
Der Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung ist für die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG unabdingbare Voraussetzung. Die Durchführung der Rückabwicklung in Vertragsform, auch in Gestalt eines mit Rücksicht auf tatsächliche oder behauptete Leis-tungsstörungen abgeschlossenen Vergleichsvertrags, genügt nicht.
Ob ein solcher Rechtsanspruch besteht, richtet sich nach zivilrechtlichen Grundsätzen und ist im Besteuerungsverfahren in vollem Umfang zu prüfen. In Betracht kommen insbesondere die Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln des Vertragsgegenstandes. Eine Abweichung zwischen der vertraglich geschuldeten und der tatsächlichen Wohnfläche des Vertragsobjekts zu Lasten des Erwerbers kann einen Mangel begründen.
Der Rechtsanspruch kann nach Ablauf von zwei Jahren nicht durch einen mit Rücksicht auf wirkliche oder vermeintliche Leistungsstörungen abgeschlossenen Vergleichsvertrag ersetzt oder geschaffen werden.
Ein schwerer Mangel i.S. des § 5 Nr. 1 Abs. 4 des Kaufvertrags liegt erst vor, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % nach unten von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche abweicht. Abweichungen geringeren Umfangs sind zwar aus technischen Gründen unbehebbar, jedoch nicht als schwere Mängel einzustufen.
Quelle:, NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
NWB VAAAH-55238