BGH Beschluss v. - 1 StR 73/20

Banden- und gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern: Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot bei strafschärfender Berücksichtigung der bandenmäßigen Begehung

Gesetze: § 97 Abs 2 AufenthG, § 97 Abs 3 AufenthG, § 46 Abs 3 StGB

Instanzenzug: LG Traunstein Az: 620 Js 5/19 - 6 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen und wegen versuchten banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verfahrensrüge greift aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht durch.

32. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge deckt im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Der gesamte Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.

4a) Das Landgericht hat das Vorliegen eines minder schweren Falls (§ 97 Abs. 3 AufenthG) des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (§ 97 Abs. 2 AufenthG) in allen Fällen mit der Begründung verneint, dass der Angeklagte im Rahmen seiner Schleusertätigkeiten in verschiedenen Ländern planmäßig und koordiniert agierte. Ebenso hat es bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er in sämtlichen Fällen „planmäßig und koordiniert vorging“ (UA S. 26).

5b) Die Einstellung dieser Erwägungen bei der Strafrahmenwahl und bei der Strafzumessung ist mit Blick auf § 46 Abs. 3 StGB rechtsfehlerhaft. Der Tatbestand der bandenmäßigen Begehung nach § 97 Abs. 2 AufenthG setzt gerade das arbeitsteilige, planvolle und koordinierte Vorgehen der Beteiligten einer organisierten Bande voraus und darf daher nicht strafschärfend gewertet werden (vgl. Rn. 3).

63. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Die Feststellungen sind hiervon nicht betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie bleiben aufrechterhalten und können durch weitere Feststellungen ergänzt werden, sofern diese nicht in Widerspruch zu den bisherigen stehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:310320B1STR73.20.0

Fundstelle(n):
FAAAH-52848