BGH Beschluss v. - VII ZR 192/18

Kostentragung bei Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine zulässige Anschlussrevision nach Rücknahme der Revision

Leitsatz

Im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine zulässige Anschlussrevision sind die Kosten der gemäß § 554 Abs. 4 ZPO nach Rücknahme der Revision wirkungslos gewordenen Anschlussrevision dem Revisionskläger aufzuerlegen (Anschluss an , NJW 2013, 875; Beschluss vom - XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446).

Gesetze: § 516 Abs 3 ZPO, § 551 Abs 2 S 2 ZPO, § 554 Abs 4 ZPO, § 565 ZPO

Instanzenzug: Az: VII ZR 192/18 Beschlussvorgehend Az: 21 U 24/16 Beschlussvorgehend Az: 21 U 24/16vorgehend Az: 21 U 24/16 Teilurteilvorgehend Az: 8 O 209/12

Gründe

I.

1Die Klägerin beauftragte für die Modernisierung eines Kasernengebäudes und dessen Umbau in Wohnungen die Beklagte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Beklagten zu 2 und 3 sind, mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI a.F.

2Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen fehlerhafter Rechnungsprüfung durch die Beklagte zu 1. Diese habe es im Rahmen der Rechnungsprüfung unter anderem unterlassen, verwirkte Vertragsstrafen in Abzug zu bringen, weshalb die Klägerin die ausführenden Unternehmen diesbezüglich überzahlt habe. Darüber hinaus hat die Klägerin wegen sonstiger Fehler der Rechnungsprüfung den Ersatz weiterer Schäden verlangt.

3Das Landgericht hat die Klage ganz überwiegend - im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch wegen unterlassenen Abzugs der Vertragsstrafen vollständig - abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten auf die Berufung der Klägerin mit Teilurteil vom als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 142.328,20 € verurteilt, wovon 26.064,12 € auf den Schadensersatz wegen unterlassenen Abzugs der Vertragsstrafen entfallen sind.

4Mit der im Teilurteil vom Berufungsgericht teilweise zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen unterlassenen Abzugs der Vertragsstrafen in Höhe zusätzlicher 24.312,30 € zunächst weiterverfolgt, während die Beklagten im Hauptantrag Klageabweisung begehrt haben, soweit sie deswegen zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden sind.

5Die Beklagten haben gegen das ihnen am zugestellte Teilurteil fristgerecht Revision und - soweit die Revision nicht zugelassen worden ist - Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zugleich haben sie beantragt, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde um zwei Monate zu verlängern, was antragsgemäß bis zum gewährt worden ist. Mit Schriftsatz vom haben die Beklagten sowohl die Revision als auch die Nichtzulassungsbeschwerde begründet. Die ebenfalls fristgerecht eingelegte Revision und Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat diese innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom begründet.

6Eine seitens der Beklagten gegen das am ergangene Schlussurteil des Berufungsgerichts, mit dem diese zur weiteren Zahlung von 8.535,18 € verurteilt worden sind, eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde, welche der Senat zu hiesigem Verfahren verbunden hat, haben die Beklagten zurückgenommen. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Parteien gegen das Teilurteil sind mit Beschluss des Senats vom zurückgewiesen worden. Am hat die Klägerin ihre Revision zurückgenommen.

II.

7Die Revision der Beklagten ist unzulässig. Eine Fortführung als (unselbstständige) Anschlussrevision kommt nach Rücknahme der Revision durch die Klägerin nicht mehr in Betracht, da die Anschließung durch die Rücknahme ihre Wirkung verloren hat, § 554 Abs. 4 ZPO.

81. Das als (selbstständige) Revision eingelegte Rechtsmittel der Beklagten war unzulässig.

9Die Beklagten haben ihre Revision nicht innerhalb der am abgelaufenen Frist des § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO begründet, da Fristverlängerung ausdrücklich nur für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, nicht aber für die Begründung der Revision beantragt und gewährt worden ist. Die am bei Gericht eingegangene Revisionsbegründung ist damit verfristet vorgelegt worden.

102. Die Revision der Beklagten kann nicht als (unselbstständige) Anschlussrevision fortgeführt werden.

11Zwar ist eine unzulässige Revision regelmäßig in eine zulässige Anschlussrevision umzudeuten, wenn deren Zulässigkeitsvoraussetzungen - wie im Streitfall - erfüllt sind (vgl. Rn. 9 m.w.N., NJW 2012, 2446; vgl. ferner Rn. 35, BKR 2013, 253 sowie Beschluss vom - XI ZR 42/12 Rn. 6). Aufgrund der Revisionsrücknahme der Klägerin ist die Anschlussrevision allerdings gemäß § 554 Abs. 4 ZPO wirkungslos geworden, was im Tenor (deklaratorisch) festzustellen ist. Über ein eingelegtes Rechtsmittel ist einheitlich zu entscheiden. Ist die Revision in eine Anschlussrevision umzudeuten, kann nur noch über die Anschlussrevision, nicht aber auch über die Revision entschieden werden. Dies gilt auch dann, wenn das zunächst eingelegte selbstständige Rechtsmittel unzulässig ist und als unselbstständiges Anschlussrechtsmittel fortgeführt wird (vgl. Rn. 14, NJW 2013, 875; Beschluss vom - XI ZR 261/10 Rn. 9 m.w.N., NJW 2012, 2446).

123. Demnach ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

13a) Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dort durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat die Klägerin zu tragen, § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 565, § 101 Abs. 1 ZPO.

14Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind dem Revisionskläger grundsätzlich auch die Kosten einer zulässig erhobenen Anschlussrevision aufzuerlegen, wenn diese nach § 554 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung durch Rücknahme der Revision verliert. Die Anschlussrevision ist kein eigenes Rechtsmittel, sondern nur ein Angriff innerhalb des vom Revisionskläger eingelegten Rechtsmittels. Wird die Anschlussrevision durch die im Belieben des Revisionsklägers stehende Rücknahme der Revision ohne gerichtliche Sachentscheidung hinfällig, können die diesbezüglichen Kosten dem Anschlussrevisionskläger weder in direkter noch in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 565 ZPO auferlegt werden (vgl. Rn. 16, NJW 2013, 875; Beschluss vom - XI ZR 261/10 Rn. 11, NJW 2012, 2446, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine zulässige Anschlussrevision (vgl. Rn. 17 f., NJW 2013, 875; Beschluss vom - XI ZR 261/10 Rn. 12, NJW 2012, 2446).

15b) Die Entscheidung über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, findet ihre Grundlage in § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4, § 101 Abs. 1, §§ 565, 516 Abs. 3 analog ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:270520BVIIZR192.18.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2020 S. 1136 Nr. 18
WAAAH-52812