BSG Beschluss v. - B 4 AS 27/20 B

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - keine ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss bei Unterbringung in stationärer Einrichtung - Haftunterbrechung durch Krankenhausaufenthalt - Anwendung der Rückausnahme des § 7 Abs 4 S 3 Nr 1 SGB 2)

Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 7 Abs 4 S 3 Nr 1 SGB 2, § 7 Abs 4 S 1 Alt 1 SGB 2, § 7 Abs 4 S 2 SGB 2

Instanzenzug: SG Halle (Saale) Az: S 5 AS 3997/12 Urteilvorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Az: L 2 AS 89/15 Urteil

Gründe

1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Beklagte den von ihm allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der gebotenen Weise dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

2Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

3Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Beklagte macht geltend, es stelle sich die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage, ob die Rückausnahme in § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II auch für denjenigen gelte, welcher sich zum Zeitpunkt der Krankenhauseinweisung bereits in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befinde; ungeklärt sei, zu welchem Zeitpunkt in diesem Fall die Prognoseentscheidung zu treffen sei.

4Es fehlt schon an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen. Wenn der Beklagte ausführt, dass sich eine vergleichbare Situation mit einem vom BSG entschiedenen Fall (Hinweis auf - SozR 4-4200 § 7 Nr 45) ergebe, hätte es weiterer Ausführungen dazu bedurft, warum die aufgeworfene Rechtsfrage durch diese Entscheidung nicht bereits geklärt ist und eine weitere höchstrichterliche Entscheidung erforderlich sein soll. Der Beklagte weist zudem auf den eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II hin, der vorliegend "gerade nicht … anzuwenden" sei. Vor diesem Hintergrund hätte es weiterer Ausführungen - unter Berücksichtigung etwa der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelung - zu den methodischen Voraussetzungen bedurft, die die Auslegung einer Norm abweichend von deren Wortlaut erlauben.

5Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die vollständig fehlenden Ausführungen des Beklagten zur Breitenwirkung der aufgeworfenen Frage durch den Hinweis auf fachliche Weisungen der BA, die im Wortlaut nicht einmal mitgeteilt werden, ersetzt werden konnten.

6Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2020:220520BB4AS2720B0

Fundstelle(n):
QAAAH-52357