Umsatzsteuer | Zur Steuerbefreiung der Missbrauchsrechtsprechung des EuGH (BMF)
Das BMF hat am ein Schreiben zur Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung bei Ausfuhrlieferungen; Auswirkungen der sog. Missbrauchsrechtsprechung des EuGH veröffentlicht ( :001).
Hintergrund: Der EuGH hat zuletzt mehrfach entschieden, dass einerseits die Missbrauchsrechtsprechung zu innergemeinschaftlichen Lieferungen grundsätzlich auch auf Ausfuhrlieferungen zu übertragen sei und andererseits, dass es bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung unschädlich sein kann, wenn einzelne formelle Kriterien des Buch- und Belegnachweises nicht erfüllt sind (, , ).
Nach der Rechtsprechung des EuGHs gibt es lediglich zwei Fälle:
Zum einen kann der Verstoß gegen eine formelle Anforderung zur Versagung der Mehrwertsteuerbefreiung führen, wenn er den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden.
Zum anderen kann sich ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung beteiligt hat, nicht auf den Grundsatz der Steuerneutralität berufen. Sollte der Steuerpflichtige gewusst haben oder hätte er wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft war und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um diese zu verhindern, müsste ihm der Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung versagt werden.
Der Umsatzsteueranwendungserlass wird u. a. wie folgt geändert:
In Abschnitt 6.5 Abs. 1 werden die Sätze 8 bis 10 angefügt:
Kann der Unternehmer den beleg- und buchmäßigen Nachweis nicht, nicht vollständig oder nicht zeitnah führen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt im Falle der Nichteinhaltung einer formellen Anforderung ausnahmsweise dann, wenn nach objektiven Kriterien zweifelsfrei feststeht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung vorliegen, insbesondere, wenn objektiv erkennbar feststeht, dass der Gegenstand der Lieferung das Gemeinschaftsgebiet tatsächlich verlassen hat (Grundsatz der Steuerneutralität und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Allerdings kann sich der liefernde Unternehmer nicht auf die Grundsätze steuerlicher Neutralität und der Verhältnismäßigkeit berufen, wenn sich der liefernde Unternehmer vorsätzlich an einer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung beteiligt hat bzw. davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft war und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um diese zu verhindern oder der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt wurden.
In Abschnitt 6.6 Abs. 6 wird Satz 7 angefügt:
Können die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung anhand objektiver Kriterien zweifelsfrei nachgewiesen werden, gebietet es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass die Steuerbefreiung für die Ausfuhrlieferung zu gewähren ist, selbst wenn der liefernde Unternehmer bestimmten formellen Anforderungen nicht genügen konnte.
In Abschnitt 6.11. Abs. 8 Satz 4 angefügt:
Ist der Ausfuhrnachweis durch Belege mit einer Bestätigung der Grenzzollstelle nicht möglich oder nicht zumutbar, kann der Nachweis im begründeten Einzelfall auch durch geeignete Alternativbelege geführt werden (vgl. Abschnitt 6.6 Abs. 6).
Anwendung
Die Grundsätze des Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Quelle: BMF online, Newsletter v. (JT)
Fundstelle(n):
NAAAH-51895