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BGH Beschluss v. - IX ZB 52/19

Beendigung der Unterbrechung des Rechtsstreits mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens: Neubeginn der Berufungsbegründungsfrist ohne besondere Fristsetzung

Gesetze: § 240 ZPO, § 249 Abs 1 ZPO, § 520 Abs 2 ZPO, § 522 Abs 1 ZPO

Instanzenzug: Az: 15 U 4306/15vorgehend LG München II Az: 8 O 1190/15

Gründe

I.

1Mit seiner am bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger Zahlung von 11.810,41 € nebst Zinsen, Auskunft, Erstattung vorgerichtlicher Kosten und Freistellung von weiteren Anwaltskosten verlangt. Mit Urteil vom ist die Beklagte zur Zahlung von 11.810,41 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Kosten nebst Zinsen verurteilt worden. Das Urteil ist der Beklagten am zugestellt worden. Am hat die Beklagte Berufung eingelegt.

2Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet. Es wurde Eigenverwaltung angeordnet. Die Beklagte legte einen Insolvenzplan vor, der von den Gläubigern mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen und mit Beschluss vom gerichtlich bestätigt wurde. Mit Beschluss vom wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.

3Mit Schriftsatz vom hat der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Die Beklagte hat dem Antrag widersprochen. Sie hat gemeint, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil eine Zwangsvollstreckung aus außerhalb des Insolvenzverfahrens erlangten Titeln gemäß § 11 Abs. 2 des Insolvenzplans unzulässig sei. Mit Beschluss vom hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit welcher die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erreichen will.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).

51. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Berufung der Beklagten sei unzulässig, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Die Berufung sei rechtzeitig eingelegt worden. Während der Begründungsfrist sei der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten unterbrochen worden. Damit habe der Lauf der Frist gemäß §§ 240, 249 Abs. 1 ZPO aufgehört. Zwei Tage nach der Bekanntmachung der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, am , habe die Unterbrechung von Gesetzes wegen geendet. Gemäß § 249 Abs. 1 ZPO habe die Berufungsbegründungsfrist von neuem zu laufen begonnen. Bis zum Ende der zweimonatigen Frist am sei keine Berufungsbegründung eingegangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht beantragt worden und könne auch von Amts wegen nicht gewährt werden, weil die Beklagte nicht ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten.

62. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Berufung der Beklagten musste als unzulässig verworfen werden, weil sie nicht fristgerecht begründet worden war (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten war der Rechtsstreit gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Die Unterbrechung endete ipso jure mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (vgl. , BGHZ 64, 1 f; Beschluss vom - VII ZR 115/89, NJW 1990, 1239; jeweils zur Einstellung des Konkursverfahrens nach §§ 202 ff KO; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 240 Rn. 32; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 240 Rn. 19). Nach Beendigung der Unterbrechung begann die Frist zur Begründung der Berufung gemäß § 249 Abs. 1 ZPO von neuem zu laufen. Einer besonderen Fristsetzung bedurfte es nicht (vgl. aaO, S. 3; Beschluss vom , aaO). Innerhalb dieser vom Berufungsgericht zutreffend berechneten Frist hat die Beklagte keine Berufungsbegründung vorgelegt.

73. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Zulässigkeitsgründe (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen sämtlich nicht vor.

8a) Die Rechtsbeschwerde hält die Klage für unzulässig, weil die Klageforderung für beide Parteien verbindlich im Insolvenzplan geregelt worden sei. Dazu beruft sie sich auf den Zulässigkeitsgrund der grundsätzlichen Bedeutung. Wie in einem vor Insolvenzeröffnung begonnenen Rechtsstreit zu verfahren sei, wenn die Klageforderung und ihre Durchsetzung in einem Insolvenzplan umfassend geregelt worden seien, sei ungeklärt.

9Die Frage der fehlenden Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf den Insolvenzplan hätte im Berufungsverfahren geklärt werden können. Nachdem die Beklagte die Frist zur Begründung der Berufung versäumt hatte, konnte die Berufung jedoch nur als unzulässig verworfen werden (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

10b) Die Rechtsbeschwerde rügt außerdem eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht habe am einen Hinweis dahingehend erteilt, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf den Insolvenzplan erledigt sei. Sodann habe es die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, ohne zuvor auf seine geänderte Rechtsauffassung hinzuweisen. Die Rechtsbeschwerde beruft sich insoweit auf den Zulässigkeitsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

11Ein etwa unterlassener Hinweis auf die versäumte Berufungsbegründungsfrist und auf die Vorschrift des § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat sich auf die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht ausgewirkt. Im Zeitpunkt des ersten Hinweises, am , war die Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen. Aus der Begründung der Rechtsbeschwerde ergibt sich im Übrigen nicht, was die Beklagte auf einen weiteren gerichtlichen Hinweis hin vorgetragen hätte.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:300420BIXZB52.19.0

Fundstelle(n):
BAAAH-51578