OFD Nordrhein-Westfalen - S 2706-2020/0013-St 15

Steuerliche Beurteilung der krisenbedingten Abgabe von medizinischem Verbrauchs- und Schutzmaterial durch juristische Personen des öffentlichen Rechts

Aufgrund aktueller Schwierigkeiten bei der Beschaffung von medizinischem Verbrauchs- und Schutzmaterial sind Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) dazu übergegangen, die Beschaffung selbst durchzuführen und die Güter anschließend an Krankenhäuser, Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen in ihrem Einzugsgebiet zu verteilen. Die Verteilung erfolgt regelmäßig in der Form, dass die Güter an die genannten Empfänger entweder ohne oder mit geringem Gewinnaufschlag weiterveräußert werden.

1. Annahme eines Betriebs gewerblicher Art

Fraglich ist, ob jPdöR durch den Verkauf dieser Güter bei Überschreiten der Umsatzgrenze von 35.000 € (R 4.1 Abs. 5 Satz 1 KStR) einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) begründen.

Im Fall der krisenbedingten Abgabe von Verbrauchs- und Schutzmaterial ist bei entsprechenden Umsätzen davon auszugehen, dass das Übersteigen der o.g. Umsatzgrenze nicht nachhaltig i.S.d. R 4.1 Abs. 5 Satz 1 KStR ist. Die Voraussetzungen zur Annahme eines BgA sind damit nicht gegeben.

In der Folge ist die krisenbedingte Abgabe der vorgenannten Güter durch jPdöR nicht ertrag- und - bei Anwendung der Optionsregelung des § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG - nicht umsatzsteuerpflichtig.

Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit der jPdöR besondere Gründe vorzutragen, aufgrund derer auch bei Nichterreichen eines nachhaltigen Umsatzes von 35.000 € ein BgA anzunehmen ist (R 4.1 Abs. 5 Satz 4 KStR).

Wird die Abgabe von medizinischem Verbrauchs- und Schutzmaterial auch nach Beendigung der gegenwärtigen Krisensituation fortgeführt, ist die Annahme eines BgA möglich. In Zweifelsfällen bitte ich um Rücksprache.

2. Behandlung von Verlusten eines Betriebs gewerblicher Art "Verkauf von medizinischem Verbrauchs- und Schutzmaterial"

Sollte der Verkauf von medizinischem Verbrauchs- und Schutzmaterial im Einzelfall als BgA zu beurteilen sein und die jPdöR dadurch dauerhaft Verluste erwirtschaften, ist die Tätigkeit als Dauerverlustgeschäft i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG zu beurteilen, da sie aus gesundheitspolitischen Gründen unterhalten wird. Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung sind daher nicht zu ziehen.

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 2706-2020/0013-St 15

Fundstelle(n):
DB 2020 S. 1038 Nr. 20
DStR 2020 S. 1623 Nr. 30
GmbH-StB 2020 S. 327 Nr. 10
UR 2020 S. 524 Nr. 13
UStB 2020 S. 222 Nr. 7
FAAAH-51315