Einkommensteuer | Abgrenzung von beteiligungs- und obligationsähnlichen Genussrechten (BFH)
Genussrechte führen nur dann zu Bezügen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn der Genussrechtsinhaber kumulativ sowohl am Gewinn als auch am Liquidationserlös beteiligt ist. Für die Beteiligung am Liquidationserlös ist auf das Abwicklungsendvermögen i.S. des § 11 KStG, d.h. auf die Beteiligung an einem etwaigen Liquidations(mehr)erlös und die damit verbundene Beteiligung des Genussrechtsinhabers an den stillen Reserven abzustellen, nicht hingegen auf die Gewinnabhängigkeit der Genussrechtsausschüttungen, die Stellung eines Alleingesellschafters, die lange Laufzeit des Genussrechts oder auf ein Wandlungsrecht des Genussrechtsinhabers zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen, selbst wenn dessen Ausübung wahrscheinlich ist (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten sich darüber, ob Genussrechte ohne Beteiligung am Liquidationserlös zu Einkünften i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führen. Dabei wurde die Frage aufgeworfen, ob die Länge einer Genussrechtslaufzeit - entgegen der Verwaltungsauffassung - kein geeignetes Kriterium ist, um zwischen Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu unterscheiden. Des Weiteren streiten sich die Beteiligten darüber, ob die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft zur Vermeidung von Sale-and-buy-back-Geschäften missbräuchlich i. S. von § 42 AO sein kann.
Das FG () hatte entschieden, dass hinsichtlich der Genussrechte die für § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erforderliche Beteiligung am Liquidationserlös fehlte. Zwar ist das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen gem. § 20 Abs. 2a EStG i. V. mit § 39 AO auf die GmbH übergegangen. Wegen eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO ist aber von steuerpflichtigen Zinsen auszugehen.
Der BFH sah die Revision der Klägerin als begründet an und verwies zurück an das FG:
Die Vorentscheidung leidet an einem Verfahrensfehler, da das FG ausschließlich über Bescheide entschieden hat, die zum Zeitpunkt der Vorentscheidung durch den Erlass neuer Änderungsbescheide überholt und nicht mehr existent waren.
Aufgrund der Besonderheiten des Schachtelprivilegs in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des DBA-Frankreich sah das FA auf Antrag der Klägerin vom pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot in Höhe von 5 % ab. Auch wenn hierüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, handelt es sich aus Sicht des BFH um einen neuen Streitpunkt. Zum einen verdrängt das nationale Schachtelprivileg regelmäßig das abkommensrechtliche Schachtelprivileg. Zum anderen spricht § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG von "Bezügen im Sinne des Absatzes 1, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben", nicht hingegen von solchen Bezügen, die bei der Ermittlung des Einkommens "nach Absatz 1 außer Ansatz bleiben", d.h. die Norm unterscheidet nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht danach, aus welchem Rechtsgrund die Bezüge i.S. des Abs. 1 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz geblieben sind.
Hinsichtlich der Genussrechtsausschüttungen hat das FG zu Recht steuerfreie Beteiligungserträge der Klägerin i.S. des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgelehnt und stattdessen steuerpflichtige Zinsen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG angenommen.
Hinsichtlich der erzielten Vorzugsdividenden hat das FG dagegen rechtsfehlerhaft steuerfreie Bezüge gemäß § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG i. V. mit § 8b Abs. 1 und 5 KStG sowie § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgelehnt. Die Annahme steuerfreier Bezüge i.S. des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG hängt davon ab, wem die Vorzugsdividenden steuerrechtlich zuzurechnen sind. Der BFH verweist hierfür auf § 39 AO. Geht es - wie im Streitfall - um den Verkauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, nimmt der BFH in ständiger Rechtsprechung (, ) wirtschaftliches Eigentum des Käufers der Anteile an, wenn dieser aufgrund eines Rechtsgeschäfts eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und darüber hinaus die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.
Quelle: , NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
VAAAH-50744