Strafverfahren: Strafklageverbrauch bei Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft
Gesetze: § 153 Abs 1 StPO, § 153 Abs 2 StPO, § 153a Abs 1 S 5 StPO
Instanzenzug: LG Halle (Saale) Az: 13 KLs 9/18
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Geldwäsche zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es die Einziehung „des Wertes des Erlangten“ in Höhe von 447.548,49 Euro angeordnet. Ihre Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
21. Die Einziehungsentscheidung war aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift angegebenen Gründen abzuändern. Im Übrigen weisen der Schuld- und der Rechtsfolgenausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
32. Der Erörterung bedarf nur das Folgende:
4Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zunächst mit Verfügung vom (Bd. XIV. d. A., Bl. 1) nach § 153 Abs. 1 StPO ohne Zustimmung des Gerichts eingestellt hat, weil sie allenfalls eine „fahrlässige Geldwäsche“ für nachweisbar hielt, begründet kein Verfahrenshindernis und steht der Aburteilung der Tat deshalb nicht entgegen. Im Gegensatz zu einer gerichtlichen Verfahrenseinstellung gemäß § 153 Abs. 2 StPO, nach der eine Fortführung des Verfahrens nur unter den Voraussetzungen des § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO möglich ist (vgl. dazu ‒ 5 StR 145/03, NJW 2004, 375, 376 ff.; siehe auch RG, Urteil vom ‒ I 1367/30, RGSt 65, 291), kommt einer Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO allein durch die Staatsanwaltschaft kein auch nur begrenzter Strafklageverbrauch zu (vgl. RG, Urteil vom ‒ II 391/33, RGSt 67, 315, 316 [zur Einstellung mit Zustimmung des Gerichts]; Diemer in: Karlsruher Komm.z.StPO, 8. Aufl., § 153 Rn. 26; Schmitt in: Meyer-Großner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 153 Rn. 37; Schnabl in: SSW-StPO, 4. Aufl., § 153 Rn. 26; Peters in: Münch.Komm.z.StPO, 1. Aufl., § 153 Rn. 55; Weßlau in: SK-StPO, 5. Aufl., § 153 Rn. 43; Mavany in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 153 Rn. 59 mwN; a.A. Radtke, Die Systematik des Strafklageverbrauchs verfahrenserledigender Entscheidungen, 1993, S. 371 ff.; ders. in: Hohmann/Radtke, StPO § 153 Rn. 64). Denn anders als bei einem gerichtlichen Beschluss nach § 153 Abs. 2 StPO, der auf der Grundlage einer auch für ein Urteil ausreichenden Sachverhaltsaufklärung ergehen kann (vgl. ‒ 5 StR 145/03, NJW 2004, 375, 377; siehe auch RG, Urteil vom ‒ II 391/33, RGSt 67, 315, 316), handelt es sich bei der staatsanwaltschaftlichen Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO strukturell um eine Entscheidung, der unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensschutzes nicht die einem Urteilsverfahren ähnliche Verlässlichkeit zuzumessen ist. Auch die insoweit vergleichbaren staatsanwaltschaftlichen Verfahrenseinstellungen nach § 45 Abs. 1 JGG (vgl. ‒ 5 StR 390/56, BGHSt 10, 104; Höffler in: Münch.Komm.z.StPO, JGG § 45 Rn. 33; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 45 Rn. 31 mwN) und § 31a Abs. 1 BtMG (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 31a Rn. 145; Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 31a Rn. 134), bewirken nach allgemeiner Auffassung keinen Strafklageverbrauch. Da die Staatsanwaltschaft die von ihr am (Bd. XV., Bl. 127 f. d. A.) verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens auf neue Erkenntnisse und Tatsachen, die den Verdacht einer vorsätzlichen Tatbegehung begründeten, gestützt hat, liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:110320B4STR307.19.0
Fundstelle(n):
IAAAH-50410