Online-Nachricht - Mittwoch, 27.05.2020

Einkommensteuer | Kindergeld für ein erwachsenes behindertes Kind (FG)

Das FG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass das Gericht die Erwerbsfähigkeit des Kindes anhand der vom Kläger vorgelegten Berichte und Stellungnahmen der behandelnden Ärzte beurteilen kann, wenn diese Gutachten im Gegensatz zu denen der Familienkasse bzw. der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit schlüssig bzw. nachvollziehbar sind. (; nicht rechtskräftig).

Sachverhalt: Der Sohn des Klägers wurde 1964 geboren und leidet seit seiner Kindheit an einer chronischen depressiven Störung mit schweren Episoden. Aufgrund ärztlicher Gutachten stellte das Amt für soziale Angelegenheiten wiederholt seine Schwerbehinderung fest und der Kläger erhielt fortlaufend Kindergeld. Im Jahr 2016 fand auch eine Begutachtung durch den ärztlichen/psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit statt. Als Ergebnis stellte die Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit zwar fest, dass der Sohn des Klägers nicht in der Lage sei, eine arbeitslosenversicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Die Erwerbsfähigkeit sollte jedoch in etwa einem Jahr erneut überprüft werden. Aus diesem Grund wurde die Kindergeldfestsetzung bis Juli 2017 befristet.

Im Juni 2017 legte der Kläger einen aktuellen Befundbericht des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie vor, der zu dem Ergebnis kam, dass der Sohn des Klägers nach wie vor zu 80 % schwerbehindert und nicht ausreichend erwerbsfähig sei. Die Familienkasse lehnte die Bewilligung von Kindergeld dennoch ab, weil die eingeschaltete Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit mitgeteilt hatte, dass ihr ein Gutachten vom vorliege, wonach der Sohn des Klägers in ausreichendem Maß erwerbsfähig sei. Der dagegen eingelegte Einspruch des Klägers wurde als unbegründet zurückgewiesen, weil sich die Familienkasse an die Stellungnahme der Reha/SB-Stelle gebunden sah.

Das FG Rheinland-Pfalz hat der Klage stattgegeben und zugunsten des Klägers entschieden:

  • Das Gutachten vom ist als Parteigutachten (= von einer Prozesspartei – hier der Familienkasse - beigebrachtes Gutachten) zu bewerten, das mit gravierenden Mängeln behaftet und daher nicht überzeugend ist.

  • Bei den Befundberichten und Stellungnahmen des behandelnden Arztes handelt es sich zwar ebenfalls um Parteigutachten (weil vom Kläger vorgelegt).

  • Die Aussagen dieses Gutachters sind hingegen schlüssig und nachvollziehbar und stehen im Einklang mit früheren Befundberichten.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v. (RD)

Fundstelle(n):
PAAAH-49496