Erbschaftsteuer | Pflegekosten für die Grabstätte Dritter als Nachlassverbindlichkeiten (BFH)
Aufwendungen für die Pflege einer Wahlgrabstätte, in der nicht der Erblasser, sondern dritte Personen bestattet sind, sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sich bereits der Erblasser für die Dauer des Nutzungsrechts zur Pflege verpflichtet hatte und diese Pflicht auf den Erben übergegangen ist. Abzugsfähig sind die am Bestattungsort üblichen Grabpflegekosten für die Laufzeit des Grabnutzungsrechts. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Erblassers (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen u. a. der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB). Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über (§ 1922 Abs. 1 BGB).
Sachverhalt: Der Kläger ist Alleinerbe seines im November 2013 verstorbenen Cousins, des Erblassers (E). E hatte ein Nutzungsrecht an einer Wahlgrabstätte für die Dauer vom bis zum erworben, in der die verstorbene Mutter des E beigesetzt wurde. Gemäß der Friedhofssatzung ergibt sich aus dem Erwerb des Nutzungsrechts die Pflicht zur Anlage und Pflege der Grabstätte. Nach der Friedhofssatzung soll schon bei der Verleihung des Nutzungsrechts der Erwerber für den Fall seines Ablebens seinen Nachfolger im Nutzungsrecht bestimmen und ihm das Nutzungsrecht durch schriftlichen Vertrag übertragen. Am wurde dem Kläger eine Urkunde über das Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte für den Zeitraum vom bis ausgestellt.
Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer berücksichtige das FA als Nachlassgegenstände das durch den Kläger erklärte Grundvermögen und Bankguthaben. Als Nachlassverbindlichkeiten in Abzug gebracht wurden der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG und Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte i. H. von 4.650 €. Mit seinem Einspruch begehrte der Kläger den Abzug von Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte i. H. von 49.200 €. Das FA setzte die Erbschaftsteuer neu fest. Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte berücksichtigte es nicht mehr.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg ().
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen:
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Wert des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte und die Aufwendungen für dessen Anlage und Pflege sich der Höhe nach ausgleichen würden, sodass ein für den Kläger günstiger Abzug der Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten nicht erreicht werden könne.
Die öffentlich-rechtliche Nutzungsbefugnis an einer Wahlgrabstätte kann auf den Erben übergehen und Teil des Nachlasses i.S. des § 1922 BGB sein, wenn der Friedhofsträger in seiner Friedhofssatzung einen solchen Übergang vorsieht und der Erbe dem Übergang des Nutzungsrechts auf ihn zustimmt.
Der Übergang der mit dem Nutzungsrecht verbundenen Pflichten ist nur möglich, wenn der Erbe dem Erwerb zustimmt und sich damit den einschlägigen Bestimmungen der Friedhofssatzung unterwirft (z. B. 4 ZB 17.2082).
Die Zustimmung zum Übergang des Grabnutzungsrechts kann z. B. in der Entgegennahme der darüber ausgestellten Urkunde gesehen werden.
Steuerrechtlich liegt bei einem Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB) ein Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative ErbStG vor.
Als Bereicherung gilt in den Fällen des § 3 ErbStG der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG; ).
Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG setzt ebenso wie die Erbenhaftung nach § 1967 Abs. 2 BGB voraus, dass Schulden vom Erblasser herrühren. Aus dem Begriff "herrühren" ergibt sich, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen.
Aufwendungen für die Pflege einer Wahlgrabstätte, für die der Erbe vom Erblasser durch Erbfall ein Recht zur Nutzung erworben und der Übertragung des Nutzungsrechts auf ihn gegenüber dem Friedhofsträger zugestimmt hat, sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sich bereits der Erblasser z. B. aufgrund von Bestimmungen in der Friedhofssatzung für die gesamte Dauer der Laufzeit des Nutzungsrechts zur Pflege verpflichtet hatte und der Erbe diese Verpflichtung z. B. dadurch, dass er der Beachtung der Friedhofssatzung zugestimmt hat übernommen hat.
Die Wertermittlung sowohl für den Ansatz des Grabnutzungsrechts im Rahmen des Erwerbs von Todes wegen als auch für die Höhe der Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Der Zeitpunkt der Zustimmung des Erben zu dem Übergang des Nutzungsrechts auf ihn ist nicht maßgebend. Die nach dem Tod des Erblassers erteilte und daher nachträgliche Zustimmung zu der Übertragung wirkt auf den Zeitpunkt des Todes zurück (vgl. § 184 Abs. 1 BGB).
Ein schwebendes Geschäft, dessen Hauptpflichten im Todeszeitpunkt des Erblassers noch nicht erfüllt waren und das bei der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer nicht zu berücksichtigen ist, liegt bei dem durch den Erben genehmigten Übergang eines Grabnutzungsrechts und den aus dem Übergang herrührenden Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte nicht vor.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
HAAAH-48560