Zollrecht | Vorschriftswidriges Verbringen eines Kraftfahrzeugs aus der Schweiz in das Zollgebiet der Union (FG)
Dient das Verbringen eines Fahrzeugs allein dem Zweck der Fahrzeugübergabe zur Erfüllung des Kaufvertrags eines Autohändlers mit Sitz im Drittland (hier: Schweiz), liegt keine vorübergehende Verwendung als Beförderungsmittel vor. Auch eine nur geringfügige Verwendung der Ware führt nicht zum Erlöschen der Zollschuld (; nicht rechtskräftig; BFH-Az: VII R 1/20).
Hintergrund: Eine Zollschuld erlischt, wenn den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht wurden, und wenn kein Täuschungsversuch vorliegt. Bereits die kurzzeitige oder geringfügige „Verwendung” schließt das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK aus.
Sachverhalt: Käufer des Fahrzeugs war ein finnischer Staatsbürger, der das Luxusfahrzeug aus der Schweiz nach Finnland transportieren lassen wollte. Er hatte für die Vertragsabwicklung eine finnische Firma beauftragt, die ihrerseits ein estnisches Speditionsunternehmen eingeschaltet hatte. Das Fahrzeug wurde vereinbarungsgemäß zunächst vom Kläger auf eigener Achse von der Schweiz nach Deutschland gefahren, wo es am verabredeten Treffpunkt (einen 2 km von der schweizerisch-deutschen Grenze entfernten Parkplatz) auf einen LKW mit estnischer Zulassung verladen wurde. Der Verladevorgang wurde von Zollbeamten beobachtet und das Luxusauto zu Sicherung der Einfuhrabgaben sichergestellt. Der Kläger hatte sich beim Grenzübertritt mit dem Fahrzeug nicht beim Zoll gemeldet.
Das Hauptzollamt (HZA) nahm den Kläger neben dem finnischen Käufer sowie der beauftragten finnischen Firma gesamtschuldnerisch für Einfuhrabgaben in Höhe von 61.800 € (20.000 € Zoll und 41.800 € Einfuhrumsatzsteuer) in Anspruch. Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Einfuhrabgaben für das Kraftfahrzeug.
Das FG wies die Klage aus folgenden Gründen ab:
Die Zollschuld ist wegen Verstoßes gegen die Gestellungspflicht und die Verpflichtung zur Abgabe einer (ausdrücklichen) Zollanmeldung entstanden. Als Fahrer des Fahrzeugs ist der Kläger auch Zollschuldner.
Die Gestellung der Ware und die Abgabe einer Zollanmeldung waren vorliegend auch nicht entbehrlich, weil in Bezug auf das eingeführte Fahrzeug nicht die Voraussetzungen des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung erfüllt gewesen sind.
Die Fahrzeugübergabe in Erfüllung eines Kaufvertrages ist keine vorübergehende Verwendung als Beförderungsmittel. Denn es ist nicht vorgesehen gewesen, dass der Kläger das Fahrzeug im Zollgebiet der Union vorübergehend als Beförderungsmittel verwenden und anschließend wieder in die Schweiz ausführen sollte.
Der Kläger, der als Fahrer das Fahrzeug unmittelbar in das Zollgebiet Union verbracht hatte und dabei die Verpflichtungen in Bezug auf die Beförderung und die Gestellung der Ware selbst zu erfüllen gehabt hat, ist auch Zollschuldner.
Die Zollschuld ist auch nicht erloschen. Nach dem insoweit allein in Betracht kommenden Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erlischt eine nach Art. 79 UZK entstandene Zollschuld, wenn den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht wurden, und wenn kein Täuschungsversuch vorliegt.
Der Begriff der „Verwendung“ ist insbesondere unter Berücksichtigung des Wirtschaftszollgedankens auszulegen. Eine Verwendung ist anzunehmen, wenn die Ware im Zollgebiet der Union genutzt, ohne dass sie ihrer Substanz nach verbraucht wird. Der Kläger hat das Fahrzeug vom Grenzübergang bis zum Treffpunkt auf eigener Achse gefahren und damit – wenn auch nur kurzzeitig (2 km Fahrt) – im Zollgebiet der Union genutzt. Anders als etwa bei einem Transport eines Fahrzeugs (ausschließlich) auf einem Anhänger hat die Ware durch ihre Verwendung --wenn auch nur in geringem Umfang-- Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Union gefunden.
Der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid ist auch rechtmäßig, soweit das beklagte Hauptzollamt mit diesem Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 41.800 € festgesetzt hat. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG unterliegt die Einfuhr von Gegenständen im Inland der (Einfuhr-)Umsatzsteuer. Die Einfuhr setzt voraus, dass der Gegenstand in den Wirtschaftskreislauf der Union eingeht und einem mit Mehrwertsteuer belasteten Vorgang zugeführt werden kann. Das ist vorliegend der Fall.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter v. , NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
AAAAH-48396