Diebstahl: Natürliche Handlungseinheit bei der Wegnahme mehrerer Sachen
Gesetze: § 52 StGB, § 242 StGB
Instanzenzug: LG Gera Az: 312 Js 30430/14 - 2 KLs jug (16)
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in drei Fällen sowie wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
2Die dagegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
I.
3Die Verfahrensrüge ist nicht näher ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
II.
4Die Sachrüge führt zur Abänderung des Schuldspruchs im Fall 37 der Anklageschrift und zum Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafe.
51. Das Urteil hat keinen Bestand, soweit der Angeklagte im Fall 37 der Anklageschrift wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung verurteilt wurde.
6Die Wertung des Landgerichts, es handele sich hierbei um eine selbständige, mit dem anschließenden Fall 38 realkonkurrierende Tat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das den Fällen 37 und 38 zugrundeliegende Tatgeschehen bildet vielmehr eine natürliche Handlungseinheit. Eine solche liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer Willensentschließung beruhen (, NStZ-RR 2010, 375).
7So liegt es hier. Der versuchte Diebstahl des Ackerschleppers (Fall 37) und der vollendete Diebstahl des Radladers (Fall 38) stellen sich insgesamt als zeitlich wie örtlich eng zusammenhängendes und von einem einheitlichen Diebstahlsvorsatz getragenes Geschehen dar. Die Fahrzeuge hatten zwar unterschiedliche Eigentümer, befanden sich jedoch auf demselben Gelände. Zur Wegnahme der Fahrzeugschlüssel brachen der Angeklagte und der Mitangeklagte H. jeweils in dasselbe, von den Fahrzeugeigentümern gemeinsam genutzte Gebäude – wenn auch in unterschiedliche Räume – ein. Vor allem aber war das Tatgeschehen nach den Feststellungen von vornherein darauf ausgerichtet, sich ein für den anschließenden Diebstahl des Geldautomaten (Fall 39) benötigtes Fahrzeug zu beschaffen. Der Wegnahmevorsatz, der zunächst auf den Ackerschlepper gerichtet war, verlagerte sich, nachdem der Angeklagte die fehlende Betankung erkannt hatte, sodann auf den Radlader. In Anbetracht dessen ist auch nicht von Tateinheit zwischen versuchtem und vollendetem Diebstahl auszugehen. Wenn sich der Diebstahlsvorsatz im Rahmen einer einheitlichen Tat hinsichtlich des Tatobjekts verengt, erweitert oder sonst ändert, ist der Tatbestand insgesamt nur einmal erfüllt (Senat, Beschluss vom – 2 StR 64/69, BGHSt 22, 350, 351). So liegt bei der Wegnahme mehrerer Sachen eines oder verschiedener Eigentümer während der Tatausführung regelmäßig ein einheitlicher Diebstahl vor; dasselbe gilt, wenn – wie hier – nur eine Sache weggenommen und die Wegnahme weiterer Sachen versucht wird (, NStZ-RR 2009, 278, 279; , NStZ-RR 2009, 279).
8Die erforderliche Änderung des Schuldspruchs kann der Senat selbst vornehmen, da der Angeklagte sich nach einem Hinweis gemäß § 265 StPO nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
92. Soweit der Angeklagte in den Fällen 36, 38 und 39 der Anklageschrift wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung verurteilt wurde, hält der Schuldspruch sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
10Bei vollendetem Diebstahl (in besonders schwerem Fall) wegen Verwirklichung des Regelbeispiels nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB oder § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB steht eine zugleich begangene Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) stets im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) und tritt nicht im Wege der Konsumtion zurück (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 481/17, juris Rn. 16).
113. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Trotz des Wegfalls der im Fall 37 verhängten Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten kann der Ausspruch über die Gesamtstrafe bestehen bleiben. Angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von einmal zwei Jahren und zweimal einem Jahr Freiheitsstrafe sowie mit Blick auf den insgesamt unveränderten Unrechts- und Schuldgehalt des Gesamtgeschehens kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht unter diesen Umständen eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
124. Der geringe Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:111218B2STR48.17.0
Fundstelle(n):
EAAAH-45888