Antragserfordernis für die Feststellung selbständigen Gebäudeeigentums
Leitsatz
1. Eine Feststellung nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB setzt einen Antrag des materiell Berechtigten voraus.
2. Ein durch einen vollmachtlosen Vertreter gestellter Antrag wird durch die Genehmigung des Berechtigten wirksam. Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück.
Gesetze: Art 231 BGBEG, Art 5 Abs 1 S 1 BGBEG, Art 5 Abs 3 S 1 BGBEG, Art 233 BGBEG, § 2b Abs 3 S 1 BGBEG, § 2b Abs 3 S 2 BGBEG, § 1 Abs 6 VZOG, § 27 S 1 LPGG, § 180 BGB, § 184 BGB
Instanzenzug: VG Magdeburg Az: 5 A 457/14 MD Urteil
Tatbestand
1Die Klage richtet sich gegen die Feststellung von Gebäudeeigentum an einem als Kälberstall bezeichneten Gebäude auf einem Grundstück des Klägers. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 hatte das Gebäude zwischen 1961 und 1963 errichtet. Die Beigeladene zu 1 beantragte bereits im August 1995 die Feststellung gesonderten Gebäudeeigentums an dem Kälberstall, nahm diesen Antrag 1997 aber wieder zurück, da sie irrtümlich der Auffassung war, der Rechtsvorgänger des Klägers sei Eigentümer des Gebäudes.
2Aufgrund eines Antrags vom nebst einer vom Vorstandsvorsitzenden und einem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Beigeladenen zu 1 unterzeichneten Erklärung zur "Übertragung der Antragsbefugnis" auf den Beigeladenen zu 2 stellte die Beklagte mit Bescheid vom fest, dass an dem Gebäude am selbständiges Gebäudeeigentum bestanden habe, und ordnete das Eigentum der Beigeladenen zu 1 zu.
3Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Der Eigentumserwerb der Beigeladenen zu 1 beruhe auf § 27 Satz 1 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGG). Der Kläger habe das Grundstück nicht gutgläubig lastenfrei erworben. Trotz der Rücknahme des Antrags im Jahr 1997 habe der Beigeladene zu 2 das Zuordnungsverfahren erneut in Gang setzen können, da er berechtigter Nutzer des Gebäudes gewesen sei und aus der Vermögensauseinandersetzung mit der Beigeladenen zu 1 eigene Rechte ableiten könne. Der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides stehe weder eine Verjährung noch eine Verwirkung von Rechtspositionen der Beigeladenen entgegen.
4Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, es fehle bereits an einem wirksam gestellten Antrag seitens der Beigeladenen zu 1. Etwaige Ansprüche der Beigeladenen zu 1 seien verjährt oder jedenfalls verwirkt. Ferner habe der Kläger das Eigentum an dem Grundstück nebst dem Gebäude gutgläubig erworben. Das Urteil leide zudem an Verfahrensmängeln.
5Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom zu ändern und den Bescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom aufzuheben.
6Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen jeweils,
die Revision zurückzuweisen.
7Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Gründe
8Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
9Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil steht mit Bundesrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Verfahrensrügen des Klägers haben keinen Erfolg.
101. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht das Fehlen eines Antrags entgegensteht. Zwar setzt eine Feststellung nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB einen Antrag des materiell Berechtigten voraus (a). Diesen hat die Beigeladene zu 1 hier indessen gestellt (b). Die Wirksamkeit des Antrags ist jedenfalls aufgrund seiner Genehmigung durch die Beigeladene zu 1 eingetreten (c). Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück (d).
11a) Die Feststellung, ob Gebäudeeigentum entstanden ist und wem es zusteht, erfolgt durch Bescheid der Beklagten, die hierbei das Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) anzuwenden hat (Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 und 2 EGBGB). Die Feststellung erfordert nach § 1 Abs. 6 VZOG den Antrag eines der möglichen Berechtigten. Dabei genügt der Zuordnungsantrag eines möglichen Berechtigten nicht auch für jeden anderen. Das Antragserfordernis ist Ausdruck der Dispositionsbefugnis des Berechtigten über seinen Zuordnungsanspruch; der Gesetzeswortlaut, der vom Antrag eines der möglichen Berechtigten spricht, zielt auf den Prätendentenstreit zwischen mehreren Berechtigten, stellt aber den Dispositionsgrundsatz nicht in Frage (vgl. 10 C 10.17 - BVerwGE 164, 53 Rn. 26 und 28). Auch wenn das Zuordnungsverfahren von jedem in Gang gesetzt werden kann, der ein Recht auf die ihn begünstigende Entscheidung zu haben glaubt ( 3 B 108.97 - Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 8), so darf gleichwohl wegen des Dispositionsgrundsatzes in diesem Verfahren eine feststellende Entscheidung nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 und 2 EGBGB nur zugunsten desjenigen Berechtigten ergehen, der sie beantragt hat.
12b) Die Beigeladene zu 1 hat mit dem Schreiben vom einen Antrag auf Feststellung des Gebäudeeigentums zu ihren Gunsten gestellt. Das von dem amtierenden sowie einem früheren Vorstandsvorsitzenden der Beigeladenen zu 1 unterzeichnete Schreiben hat die Wiederaufnahme des 1995 gestellten und 1997 zurückgenommenen Antrags der Beigeladenen zu 1 auf Feststellung von Gebäudeeigentum und die daran anknüpfende "Übertragung der Antragsbefugnis" zum Gegenstand. Es ist auf Fortführung des früheren, von der Beigeladenen zu 1 eingeleiteten Verfahrens gerichtet und daher jedenfalls auch als Antrag auf Feststellung zugunsten der Beigeladenen zu 1 zu verstehen, die eigene Rechte an dem Gebäude geltend macht. Hiervon ging auch die Beklagte aus, die in dem angefochtenen Bescheid die Beigeladene zu 1 als Antragstellerin bezeichnet.
13c) Die vom Verwaltungsgericht offen gelassene Frage, ob der Antrag und die Erklärung vom die Beigeladene zu 1 mangels hinreichender Vertretungsmacht der Unterzeichnenden nicht binden, bedarf im Revisionsverfahren ebenfalls keiner abschließenden Klärung, da die Wirksamkeit des Antrags jedenfalls infolge seiner Genehmigung durch die Beigeladene zu 1 eingetreten ist.
14aa) Der mögliche Berechtigte muss den Antrag nach § 1 Abs. 6 VZOG nicht selbst stellen, sondern kann sich hierbei vertreten lassen. Der Antrag kann auch durch einen vollmachtlosen Vertreter gestellt werden, sofern der Berechtigte dies genehmigt (vgl. 10 C 10.17 - BVerwGE 164, 53 Rn. 29). Eine solche Genehmigung, auf die § 184 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung findet (vgl. 7 C 20.98 - BVerwGE 109, 169 <171>), muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Letzteres setzt regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (vgl. - NJW 2004, 2745 <2747>). Das ist in der Regel anzunehmen, wenn der Berechtigte die Maßnahme als gültig behandelt ( - NJW-RR 1990, 1251 <1252>).
15bb) Gemessen daran hat die Beigeladene zu 1 den durch ihren amtierenden und ihren früheren Vorstandsvorsitzenden sowie den Beigeladenen zu 2 als möglicherweise vollmachtlose Vertreter gestellten Antrag durch ihren Prozessbevollmächtigten genehmigt. Die Beigeladene zu 1 wurde bereits im Verwaltungsverfahren als Antragstellerin behandelt und in dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich als solche bezeichnet. Sie ist dem im Gerichtsverfahren, in dem sie den angefochtenen Bescheid stets verteidigt hat, nicht entgegengetreten. Nachdem der Kläger durch Schriftsatz vom die Wirksamkeit der Erklärung vom im Hinblick auf die Vertretungsbefugnis der unterzeichnenden Personen in Zweifel gezogen hatte, beantragte die Beigeladene zu 1 die Abweisung der Klage gegen den angefochtenen Bescheid sowie im Folgenden die Zurückweisung der Revision. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat sie unter anderem ausdrücklich eine Genehmigung der Erklärung vom geltend gemacht. In diesem Verhalten liegt die Genehmigung einer möglicherweise zunächst nicht wirksamen Antragstellung, da die Beigeladene zu 1 damit zum Ausdruck gebracht hat, dass sie mit der Entscheidung zu ihren Gunsten in dem angefochtenen Bescheid ungeachtet etwaiger Mängel der vorangegangenen Erklärungen einverstanden ist und die darauf gerichtete Antragstellung als gültig ansieht.
16d) Die Genehmigung wirkt nach den entsprechend anzuwendenden § 180 Satz 2 und § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Erklärung zurück (vgl. 7 C 20.98 - BVerwGE 109, 169 <171> und vom - 7 C 30.00 - Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 25 S. 41). Eine derartige Rückwirkung kann zwar ausnahmsweise durch den Zweck entgegenstehender gesetzlicher und rechtsgeschäftlicher Ausschlussfristen eingeschränkt sein (vgl. 7 C 20.98 - BVerwGE 109, 169 <171>); eine solche Einschränkung ist der Rechtsordnung im Hinblick auf die hier in Rede stehende Erklärung indessen nicht zu entnehmen. Die in § 7 Abs. 3 Satz 1 VZOG geregelte Antragsfrist findet auf Anträge nach § 1 Abs. 6 VZOG keine Anwendung; dies ergibt sich nicht nur aus dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 VZOG, sondern auch daraus, dass die Frist nach dem Willen des Gesetzgebers allein die Möglichkeit von Kommunen, Anträge zu stellen, zeitlich beschränken sollte (vgl. BT-Drs. 12/2480 S. 93 und BT-Drs. 12/5553 S. 166).
172. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht geht das verwaltungsgerichtliche Urteil davon aus, dass die Beklagte auf den Antrag der Beigeladenen zu 1 als materiell Berechtigte zu deren Gunsten eine Feststellung nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB i.V.m. § 27 Satz 1 LPGG zu treffen hatte. Die Beigeladene zu 1 ist nach § 27 Satz 1 LPGG Eigentümerin des Gebäudes geworden, da ihre Rechtsvorgängerin den Kälberstall auf dem von ihr genutzten Grundstück errichtet hat. Das ergibt sich aus den mangels durchgreifender Verfahrensrügen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des angegriffenen Urteils.
183. Das Gebäudeeigentum der Beigeladenen zu 1 ist nicht dadurch erloschen, dass der Kläger oder sein Rechtsvorgänger das Eigentum an dem Grundstück gutgläubig erworben hätte. Das gemäß § 27 Satz 1 LPGG entstandene Eigentum an dem Gebäude, das zu den Sachen im Sinne des Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB gehört (vgl. Rauscher, in: Staudinger, BGB, Stand Januar 2019, Art. 231 § 5 EGBGB Rn. 34 m.w.N.), erlischt nach Art. 231 § 5 Abs. 3 Satz 1 EGBGB nur, wenn das Eigentum an dem Grundstück nach dem übertragen wird, ohne dass das selbständige Gebäudeeigentum im Grundbuch eingetragen ist oder dem Erwerber das nicht eingetragene Recht bekannt war. Diese Voraussetzungen waren bei den Verfügungen über das Eigentum an dem Grundstück, auf dem sich der Kälberstall befindet, nicht erfüllt. Der Erwerb des Grundstücks durch den Rechtsvorgänger des Klägers im Jahre 1990 fand vor dem in Art. 231 § 5 Abs. 3 Satz 1 EGBGB genannten Zeitpunkt statt, ab dem ein Erlöschen des selbständigen Gebäudeeigentums durch gutgläubigen Erwerb rechtlich möglich war. Als der Kläger selbst im Jahr 2011 das Eigentum an dem Grundstück erwarb, war ihm nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts das Gebäudeeigentum der Beigeladenen zu 1 bekannt, welches daher durch diesen Erwerbsvorgang ebenfalls nicht erloschen ist.
194. a) Die Beigeladene zu 1 hat auf ihr Antragsrecht nicht dadurch verzichtet, dass sie den ersten von ihr gestellten Antrag auf Feststellung und Zuordnung des Gebäudeeigentums im Jahr 1997 zurückgenommen hat. Nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts stellte diese Antragsrücknahme allein eine Reaktion der Beigeladenen zu 1 auf die unzutreffende Beurteilung der Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude, nicht aber einen endgültigen Verzicht auf die Geltendmachung ihrer Rechtsposition dar.
20b) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht weiter angenommen, dass der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht das Rechtsinstitut der Verjährung entgegensteht. Eine gesetzliche Regelung, die die Verjährung der Befugnis, eine Feststellung nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB zu treffen, oder des entsprechenden Antragsrechts der möglichen Berechtigten anordnet, existiert nicht. Vielmehr sieht die Rechtsordnung - abgesehen von der Möglichkeit der Verwirkung - für Anträge nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 2 EGBGB i.V.m. § 1 Abs. 6 VZOG gerade keine Frist oder sonstige zeitliche Beschränkung vor. Ohne eine solche ausdrückliche Normierung findet das Rechtsinstitut der Verjährung zudem nur auf vermögensrechtliche Ansprüche des Staates Anwendung (vgl. 6 C 98.65 - BVerwGE 28, 336 <338>; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 53 Rn. 10 ff. m.w.N.), zu denen das verfahrensgegenständliche Recht nicht gehört.
21c) Der Anspruch der Beigeladenen zu 1 oder die Befugnis der Beklagten, die angefochtene Feststellung zu treffen, sind schließlich nicht verwirkt. Die Verwirkung ist ein Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens, wonach ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (stRspr, vgl. nur 10 C 2.19 - jurion Rn. 17). Nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, da die Eigentumsverhältnisse an dem Kälberstall unter den Beteiligten seit geraumer Zeit im Streit stehen und der erneute Antrag im Jahre 2014 keine verspätete Geltendmachung von Rechten darstellt. Eine frühere Antragstellung war nicht möglich, da die Beigeladenen zuvor seit 1997 irrtümlich der Auffassung waren, der Kälberstall stehe im Eigentum des Klägers.
225. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
23a) Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Zu Unrecht rügt der Kläger, das verwaltungsgerichtliche Urteil gehe überraschend davon aus, das Grundstück, auf dem sich der Kälberstall befinde, sei von Frau E. G. im Jahr 1957 in die LPG eingebracht worden.
24Eine gerichtliche Entscheidung stellt sich nach ständiger Rechtsprechung als eine das Recht auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten. Das ist hier nicht der Fall. Die Einbringung des Grundstücks in die LPG durch Frau E. G. wird bereits in dem angefochtenen Bescheid (S. 4) ausdrücklich zur Begründung herangezogen. Der Kläger musste daher damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht diesen Aspekt bei der Entscheidungsfindung ebenfalls berücksichtigen würde. Dass das Gericht der Würdigung des genannten Umstands durch den Kläger nicht gefolgt ist, begründet keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör.
25b) Eine Verletzung dieses grundrechtsgleichen Rechts folgt auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung Akten zugrunde gelegt hätte, zu deren Inhalt sich der Kläger nicht äußern konnte. Der Schriftsatz der Beklagten vom , mit dem sie dem Verwaltungsgericht drei Ordner ihrer Akten - bestehend aus dem sogenannten "Verwaltungsvorgang" und zwei Bänden der "Grundakte" - übermittelte, wurde dem Kläger übersandt. Da der Kläger nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren nur Einsicht in den "Verwaltungsvorgang" genommen hatte, hätte er diesen Schriftsatz zum Anlass nehmen können, die weiteren Akten einzusehen und sich dazu zu äußern. Die Beklagte war von Rechts wegen nicht gehindert, diese weiteren Akten an das Gericht zu übermitteln; der Kläger durfte namentlich im Hinblick auf den erwähnten Schriftsatz nicht darauf vertrauen, nur der "Verwaltungsvorgang" werde Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sein. Zudem hatte der Kläger selbst mit einem an die Beklagte gerichteten Schriftsatz vom auf die dem Verwaltungsgericht übermittelten weiteren Akten und ihre aus seiner Sicht bestehende Erheblichkeit für das Verfahren hingewiesen, so dass er mit ihrer Einbeziehung in das gerichtliche Verfahren rechnen musste.
26c) Die Aufklärungsrüge des Klägers hat ebenfalls keinen Erfolg. Wird die Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO geltend gemacht, muss der Rechtsmittelführer substantiiert darlegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss er aufzeigen, dass er im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben er nunmehr beanstandet, hingewirkt hat oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. 4 CN 8.18 - ZfBR 2020, 170 Rn. 29). Diesen Anforderungen entspricht die Revisionsbegründung nicht. Der Kläger beschränkt sich insoweit auf eine Kritik an der ausführlich begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Baugenehmigung vom beziehe sich auf den Kälberstall. Welche Ergebnisse die von ihm vermisste Beiziehung weiterer Bauakten hätte erbringen können, legt der Kläger indessen nicht mit Substanz dar. Ebenso trägt er nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise vor, dass er bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf diese Aktenbeiziehung hingewirkt hätte oder dass sie sich dem Verwaltungsgericht hätte aufdrängen müssen.
27d) Die in der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Rüge der Aktenwidrigkeit des angefochtenen Urteils greift schon deswegen nicht durch, weil der Kläger sie - anders als die Gehörs- und die Aufklärungsrüge - nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise unmissverständlich zum Gegenstand der Revisionsbegründung gemacht hat (vgl. 9 C 41.84 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 65). Unabhängig davon liegt eine aktenwidrige Feststellung des Sachverhalts nur dann vor, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein offensichtlicher, keiner weiteren Beweiserhebung bedürftiger, zweifelsfreier Widerspruch gegeben ist. Das ist hier nicht substantiiert dargelegt. Mit den im angefochtenen Bescheid erwähnten Urkunden, namentlich dem Vertrag vom , setzt sich der Kläger nicht substantiiert auseinander. Er zeigt auch nicht auf, dass diese in einem offensichtlichen Widerspruch zu der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene zu 1 sei Rechtsnachfolgerin der LPG "Harzland", stünden. Vielmehr beruft er sich auf Tatsachen, die das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat und die gegebenenfalls beweisbedürftig wären.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2020:270220U8C13.19.0
Fundstelle(n):
CAAAH-45585