BAG Beschluss v. - 2 AZN 1389/19

Nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts

Leitsatz

Liegt zwischen zwei Amtszeiten eines ehrenamtlichen Richters eine zeitliche Lücke, muss er nach § 45 Abs. 2 DRiG vor seiner ersten Dienstleistung in der sich anschließenden Amtszeit erneut vereidigt werden.

Gesetze: § 547 Nr 1 ZPO, § 45 Abs 2 S 2 DRiG, § 72 Abs 2 Nr 3 Alt 1 ArbGG, § 72a Abs 7 ArbGG

Instanzenzug: Az: 4 Ca 144/18 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 2 Sa 9/19 Urteilnachgehend Az: 2 AZR 125/21 Urteil: Zurückweisungnachgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 2 Sa 15/20 Urteil

Gründe

1Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Beklagte hat die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes aus § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO dargelegt. Das Landesarbeitsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt.

2I. Es liegt der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO vor.

31. Wirkt ein ehrenamtlicher Richter an der mündlichen Verhandlung oder einer Beratung des Gerichts mit, ohne dass er zuvor vereidigt worden ist, so folgt daraus eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung in diesem Termin nach § 547 Nr. 1 ZPO (vgl.  - zu 2 der Gründe, BAGE 17, 114;  2 B 70.13 - Rn. 5; - 10 B 6.04 -;  - zu 2 der Gründe, BGHSt 48, 290). Zwar wird der Status als ehrenamtlicher Richter bereits mit der das Berufungsverfahren abschließenden Zustellung des Berufungsschreibens erlangt. Ohne Vereidigung fehlt es aber an einer für die Mitwirkung des ehrenamtlichen Richters wesentlichen Voraussetzung, sodass in der mündlichen Verhandlung keine „vorschriftsmäßige“ Besetzung gegeben ist ( - Rn. 6 f.).

42. Die Vereidigung gilt für die Dauer des Amtes, bei erneuter Bestellung auch für die sich unmittelbar anschließende Amtszeit (§ 45 Abs. 2 Satz 2 DRiG). Eine erneute Vereidigung an demselben Gericht ist erforderlich, sobald zwischen zwei Amtszeiten eine zeitliche Lücke liegt, selbst wenn deren Dauer nicht erheblich ist (Düwell/Lipke/Wolmerath 5. Aufl. § 20 Rn. 15; Natter in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 20 Rn. 12; Gäntgen RdA 2015, 201, 202). Das folgt aus dem klaren Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 2 DRiG.

53. Die Beklagte hat dargelegt, dass an der Sitzung des Berufungsgerichts vom der ehrenamtliche Richter O teilgenommen hat, dessen Amtszeit am Landesarbeitsgericht zuvor unterbrochen war, ohne dass er erneut vereidigt wurde. Dieser Umstand ist vom Präsidenten des Landesarbeitsgerichts in einer dienstlichen Stellungnahme bestätigt worden.

6II. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit analog § 72a Abs. 7 ArbGG (vgl.  - Rn. 35 ff., BAGE 148, 206) an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:270220.B.2AZN1389.19.0

Fundstelle(n):
AO-StB 2021 S. 120 Nr. 4
NJW 2020 S. 2206 Nr. 30
FAAAH-44320