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Gerichtskosten für Verfahren bei Finanzgerichten und beim BFH
Elektronische Arbeitshilfe für den Berater zur Abschätzung des Kostenrisikos
[i]Rätke, Finanzgerichtsverfahren für Steuerberater und Rechtsanwälte, 2. Aufl. 2017Das Einspruchsverfahren bei einer Finanzbehörde ist für den Steuerpflichtigen gebührenfrei. Ruft er anschließend aber das Finanzgericht und später auch noch den BFH an und unterliegt er bei Gericht letztendlich ganz oder teilweise, werden Gerichtskosten fällig. Der „Gerichtskostenrechner“ als elektronische Arbeitshilfe in der NWB Datenbank soll es Beratern und Steuerpflichtigen ermöglichen, vorab das Kostenrisiko im Falle eines vollständigen Unterliegens für das geplante gerichtliche Verfahren zu ermitteln. Er kann aber auch während des Verfahrens zur Einschätzung der Kostenfolgen eingesetzt werden, wenn z. B. eine Klagerücknahme erwogen wird oder eine Erledigung der Hauptsache im Raum steht. Gleiches gilt, wenn der Mandant nach Erhalt eines klageabweisenden Urteils und vor Erhalt der Gerichtskostenrechnung wissen will, in welcher Höhe er voraussichtlich Gerichtskosten zu erwarten hat.
Tremmel, Gerichtskostenrechner, Arbeitshilfe NWB MAAAH-20874
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Rechtsgrundlagen der Gerichtskosten
[i]KostenartenIn einem Finanzprozess können als Kosten für einen Kläger anfallen:
die Gerichtskosten, zu denen die Gerichtsgebühren und Auslagen (§ 139 Abs. 1 FGO) gehören, und
die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten für einen Bevollmächtigten, also z. B. für den Steuerberater oder für Rechtsanwälte.
Grundsätzlich [i]Der Unterlegene trägt die Kosten trägt der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens (§ 135 Abs. 1 FGO). Das „Unterliegen“ hängt davon ab, in welchem Umfang den im gerichtlichen Verfahren gestellten Sachanträgen letztendlich vom Gericht entsprochen worden ist. Das Gericht hat durch eine Kostenentscheidung festzulegen, welcher Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (vgl. §§ 135, 143 FGO):
Wird eine Klage vollständig abgewiesen, hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu 100 % zu tragen.
Hat er mit seinen Sachanträgen teilweise Erfolg, kommt auch eine teilweise Kostentragung in Betracht; die Kostenentscheidung ist dann etwa formuliert: „Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu 60 % zu tragen.“
Wird dem Sachantrag des Klägers voll stattgegeben, so obsiegt er und die unterliegende Finanzbehörde hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Bei [i]Kosten bei Obsiegen nur im Ausnahmefalleinem vollständigen Obsiegen fallen für den Kläger also grundsätzlich keine Gerichtskosten an, es sei denn, er hat nach § 137 FGO entscheidungserhebliche S. 298Tatsachen, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen, erst verspätet während des Verfahrens geltend gemacht.
Anfechtung von Schätzungsbescheiden und Abgabe der Steuererklärungen erst während des gerichtlichen Verfahrens.
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Anwendbarkeit des § 137 FGO zuungunsten des Mandanten nicht zwingend ist. Dies ist etwa der Fall, wenn die streitigen Belege dem Finanzamt bereits im Einspruchsverfahren vorgelegt worden sind, vom Finanzamt aber aufgrund seiner damaligen Rechtsauffassung als unbeachtlich zurückgewiesen worden sind.
In solchen Fällen sollte der Berater, sobald das Finanzamt darauf hinweist, dass die Unterlagen bereits im Einspruchsverfahren hätten vorgelegt werden sollen, der Anwendung des § 137 FGO umgehend widersprechen und begründen, weshalb die Unterlagen bereits vor Erhebung der Klage dem Finanzamt zur Verfügung standen.
Die [i]RechtsgrundlageErhebung der Gerichtskosten richtet sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG). Es gilt u. a. gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 GKG vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung, nach § 2 FGO also vor den Finanzgerichten und vor dem BFH.
[i]Kostenverzeichnis im GKGGerichtskosten werden gem. § 3 Abs. 2 GKG nach dem Kostenverzeichnis in Anlage 1 zum GKG erhoben. Die Gerichtsgebühren richten sich grundsätzlich nach dem Streitwert (§ 3 Abs. 1 GKG). Alle im finanzgerichtlichen Verfahren relevanten Gebührentatbestände finden sich in Teil 6 „Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit“ des Kostenverzeichnisses zum GKG, alle Auslagentatbestände finden sich in Teil 9 „Auslagen“ des Kostenverzeichnisses.
Die tatsächlichen Kosten einer Gebühr steigen abhängig vom Streitwert in bestimmten Tabellensprüngen an. Vereinfacht gesagt, kosten eine Gebühr oder je nach Verfahrensart mehrere abzurechnende Gebühren umso mehr, je höher der Streitwert ist.
In [i]Gebühr für Streitwerte bis 500.000 €Anlage 2 zum GKG ist aufgelistet, wie viel eine Gebühr bei Streitwerten zwischen 0 € und 500.000 € jeweils kostet. Die Finanzgerichte dürfen nur die in Teil 6 und Teil 9 des Kostenverzeichnisses aufgelisteten Gebühren- und Auslagentatbestände abrechnen. Was dort nicht aufgeführt ist, löst keine Gerichtskosten aus.
[i]VerfahrensgebührFür ein Klageverfahren beim Finanzgericht sowie für ein Revisionsverfahren beim BFH wird unmittelbar nach Einlegung der Klage oder Revision die jeweilige Verfahrensgebühr fällig. Die Gerichte erheben diese Verfahrensgebühr wie einen Vorschuss und häufig nicht auf Basis des tatsächlichen Streitwerts, sondern auf der Basis des Mindeststreitwerts von 1.500 € (vgl. Abschnitt II.2).
Abgesehen von Klage- und Revisionsverfahren werden die Gerichtskosten in allen anderen Verfahren bei Finanzgericht und BFH regelmäßig erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens angefordert.
Nach [i]Abschluss nach Ende des Verfahrens Abschluss des Klage- oder Revisionsverfahrens erstellen die Gerichte eine abschließende Kostenrechnung auf Basis des tatsächlich richtigen Streitwerts. Der zu Beginn des Verfahrens gezahlte „Vorschuss“ wird dann angerechnet. S. 299
[i]Erstattung oder Anrechnung eines VorschussesUnter Umständen wird der „Vorschuss“ dann ganz oder teilweise wieder erstattet, z. B. wenn der Kläger obsiegt hat oder wenn sich die Gerichtskosten infolge einer Zurücknahme oder einer Erledigung der Hauptsache nachträglich ermäßigt haben (vgl. Abschnitt II.3).
Es ist daher nicht so, dass sich aufgrund einer Klagerücknahme immer eine Erstattung ergibt. Zwar ermäßigen sich die Gerichtsgebühren infolge der Klagerücknahme um die Hälfte; durch den Ansatz des richtigen Streitwertes, der in der Regel höher ist als die bei Klageerhebung angesetzten 1.500 €, kann es aber zu höheren Gerichtsgebühren und damit trotz Klagerücknahme zu einer Nachzahlung kommen.
Der Berater sollte dem Mandanten daher nicht ohne weitere Prüfung des Streitwerts zusagen, dass er im Fall einer Klagerücknahme den Gerichtskostenvorschuss zur Hälfte zurückerhält.
II. Gebührenberechnung
1. Anwendungsbereich
[i]Tremmel, Gerichtskostenrechner, Arbeitshilfe NWB MAAAH-20874 Der Gerichtskostenrechner ist für ab dem anhängig gemachte Verfahren anwendbar. Er berücksichtigt dabei nicht alle, sondern die wichtigsten finanzgerichtlichen Verfahren, nämlich
Klage,
Revision,
Nichtzulassungsbeschwerde,
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) oder einstweilige Anordnung,
Anhörungsrüge.
Für jedes [i]Regelgebühren und vorhersehbare KostenVerfahren fallen gewisse Regelgebühren und Aufwendungen an, die vorhersehbar sind. Daneben können jedoch auch Kosten entstehen, die spezifisch für den einzelnen Fall sind.