Online-Nachricht - Donnerstag, 27.02.2020

Einkommensteuer | Zum Buchwertprivileg nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG (FG)

Hat eine Kapitalgesellschaft Einzelwirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zum Buchwert gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer neugegründeten Kommanditgesellschaft übertragen, an der sie vermögensmäßig zu 100 % als Kommanditist beteiligt ist, so ist im Wege einer teleologischen Reduktion der Tatbestand des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG nicht als erfüllt anzusehen, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb von sieben Jahren ihre Kommanditbeteiligung (teilweise) zu einem fremdüblichen Preis an eine andere Kapitalgesellschaft veräußert (; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 20/19).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH. Mit Wirkung zum brachte die Klägerin einzelne Wirtschaftsgüter in das Gesamthandsvermögen der neu gegründete D-GmbH & Co. KG ein. Die Einbringung der Wirtschaftsgüter erfolgte gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an die Klägerin, die als alleinige Kommanditistin zu 100% am Gesellschaftsvermögen der D-GmbH & Co.KG beteiligt war. Komplementärin war die D-Verwaltungs GmbH, die weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der D-GmbH & Co.KG beteiligt war. Die Anteile an der D-Verwaltungs GmbH wurden zu 100% von der Klägerin gehalten.

Die Klägerin und die D-GmbH & Co. KG gingen im Hinblick auf die Übertragung der Wirtschaftsgüter von einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG aus. Die Umsetzung der Buchwertfortführung erfolgte durch Anwendung der sog. Bruttomethode. In der Gesamthandbilanz der D-GmbH & Co.KG wurde der Teilwert der übertragenen Wirtschaftsgüter ausgewiesen. Der Wertansatz wurde durch Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz zum für die Klägerin korrigiert.

Am veräußerte die Klägerin rückwirkend zum 30% ihrer Kommanditanteile an die schweizerische E-AG. Einen weiteren Kommanditanteil von 30 % an der D-GmbH & Co.KG veräußerte die Klägerin am an die E-AG.

Das FA vertrat die Auffassung, dass rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die D-GmbH & Co.KG der Teilwert anzusetzen sei, soweit die Klägerin in den Jahren 2011 und 2014 Kommanditanteile an der D-GmbH & Co.KG an die E-AG veräußert habe. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos und die Klägerin erhob Klage.

Das FG München gab der Klage statt:

  • Das FA ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass im Streitfall ein rückwirkender Teilwertansatz nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG vorzunehmen war.

  • Allerdings liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG nach dem Wortlaut der Regelung vor.

    • Denn im Streitfall hat sich der Anteil einer Körperschaft (E-AG) an den übertragenen Wirtschaftsgütern unmittelbar i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG begründet und erhöht. Dies erfolgte auch innerhalb von sieben Jahren nach Übertragung der Wirtschaftsgüter, durch die Anteilserwerbe der E-AG in den Jahren 2011 und 2014.

    • Der Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erfasst auch die im Streitfall vorliegende Begründung bzw. Erhöhung des Anteils einer Kapitalgesellschaft durch Erwerb eines Mitunternehmeranteils zu einem fremdüblichen Entgelt von einer anderen Kapitalgesellschaft.

    • Die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die stillen Reserven an den übertragenen Wirtschaftsgütern der übertragenden Gesellschafterin (Klägerin) durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz zugeordnet wurden. Anders als § 6 Abs. 4 Satz 4 EStG sehen die Sätze 5 und 6 diese Möglichkeit nicht vor.

  • Das FG vertritt jedoch die Auffassung, dass eine allein am Wortlaut orientierte Lösung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt und deshalb eine teleologische Reduktion der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG vorzunehmen ist.

    • Im Streitfall lässt die Gesetzesbegründung darauf schließen, dass der Wortlaut der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG von dem Sinn und Zweck des Gesetzes abweicht und der weit gefasste Wortlaut den Willen des Gesetzgebers planwidrig umsetzt.

    • Zielsetzung der Vorschrift ist insbesondere die Verhinderung von Gestaltungen bei denen stille Reserven einzelner Wirtschaftsgüter auf Anteile an Kapitalgesellschaften verlagert und nachfolgend die Anteile an der Kapitalgesellschaft unter Nutzung der Vorteile veräußert werden, die durch die Einführung des Teileinkünfteverfahrens entstanden sind.

    • Demnach ist der Wortlaut des Satz 6 einzuschränken, wenn keine stillen Reserven auf ein Körperschaftssteuersubjekt übergehen. Im Streitfall erfolgte der Erwerb der Anteile an der D-GmbH & Co.KG, unstreitig zu einem fremdüblichen Entgelt. Da somit ein Vorgang mit Realisation der stillen Reserven vorliegt, ist insoweit eine Verlagerung von stillen Reserven auf die Kapitalgesellschaft (E-AG) ausgeschlossen.

    • Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist folglich im Wege einer teleologischen Reduktion nicht heranzuziehen, wenn eine Verlagerung von stillen Reserven auf ein Körperschaftssteuersubjekt ausgeschlossen ist, weil es im Zuge der nachträglichen Begründung oder Erhöhung des Anteils einer Körperschaft an den vorher nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgütern zur Aufdeckung der stillen Reserven dieser Wirtschaftsgüter kommt.

    • Einer teleologischen Reduktion steht nicht entgegen, dass in der Folge die Besteuerung der Aufdeckung der stillen Reserven auf der Ebene der D-GmbH & Co.KG erfolgt und nicht unmittelbar bei der übertragenden Klägerin. Es ist nicht Zweck der Regelung des § 6 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG dies zu verhindern.

Hinweis:

Gegen das Urteil ist inzwischen Revision beim BFH anhängig (BFH-Az. XI R 20/19).

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
ZAAAH-43230