BGH Beschluss v. - NotSt (Brfg) 4/18

Richterablehnung in einer Notarsache: Verfahrensgestaltung oder Rechtsauffassung des Richters als Befangenheitsgrund; Nichtladung von Zeugen

Gesetze: § 42 Abs 2 ZPO, § 96 Abs 1 S 1 BNotO, § 3 BDG, § 54 Abs 1 VwGO

Instanzenzug: Az: NotSt (Brfg) 4/18 Beschlussvorgehend Az: NotSt (Brfg) 4/18 Beschlussvorgehend Az: 1 Not 2/17 Urteilnachgehend Az: NotSt (Brfg) 4/18 Urteil

Gründe

I.

1Der Beklagte wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart - Notarsenat - vom aus dem Amt des Notars entfernt. Dagegen hat er Berufung eingelegt. Nachdem ein erstes Ablehnungsgesuch gegen Mitglieder des Notarsenats des Bundesgerichtshofs erfolglos geblieben ist, ist Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung des Beklagten anberaumt worden. Zeugen sind zu diesem Termin nicht geladen worden. Der Beklagte hat aus diesem Grund erneut einen Befangenheitsantrag gegen die im Tenor genannten Mitglieder des Notarsenats gestellt. Es bestehe die Besorgnis der fehlenden Unparteilichkeit, weil der Senat der mehrfachen Bitte, die Zeugen zu vernehmen, deren Aussagen eine andere Sicht auf den Sachverhalt ermöglichen könnten, nicht nachgekommen sei. Es entstehe daher der Eindruck, dass der Notarsenat nicht neutral entscheiden werde.

II.

2Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Ein Ablehnungsgrund liegt nicht vor.

31. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 3 BDG, § 54 Abs. 1 VwGO, § 42 Abs. 2 ZPO ist ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn aus Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - III ZR 140/15, juris Rn. 3 und vom - VII ZR 36/14, NJW 2016, 1022 Rn. 9; jeweils mwN). Es kommen insoweit nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit parteiisch gegenüber (vgl. aaO mwN).

42. Dies zugrunde gelegt, besteht eine Besorgnis der Befangenheit in Bezug auf die Mitwirkung der von dem Beklagten abgelehnten Richter nicht.

5Ein Ablehnungsgrund kann regelmäßig nicht auf die Rechtsauffassung oder die Verfahrensweise des Richters gestützt werden. Im Ablehnungsverfahren geht es nur um die (Un-)Parteilichkeit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen (, juris Rn. 5). Ausnahmen sind nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidung des Richters sich so weit von den anerkannten - insbesondere verfassungsrechtlichen - Grundsätzen entfernt, dass die Auslegung des Rechts im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist (vgl. , NJW-RR 2012, 61 Rn. 9 ff.; KG aaO). Dafür besteht allein aufgrund des Umstands, dass Zeugen, deren Vernehmung eine Partei aus Rechtsgründen für geboten hält, nicht geladen worden sind, von vornherein keinerlei Anlass. Der Termin zur mündlichen Verhandlung dient vielmehr gerade dazu, die wechselseitigen Rechtsstandpunkte zu erörtern.

63. Der Senat kann über das Ablehnungsgesuch ohne dienstliche Stellungnahmen der abgelehnten Richter entscheiden, weil sich der geltend gemachte Ablehnungsgrund auf aktenkundige Vorgänge bezieht. Unter solchen Umständen könnte eine dienstliche Erklärung zur Sachaufklärung nichts beitragen und ist daher entbehrlich (vgl. BGH, Senat für Anwaltssachen, Beschluss vom - AnwZ (B) 13/10, juris Rn. 19 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:141119BNOTST.BRFG.4.18.0

Fundstelle(n):
KAAAH-40831