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Online-Nachricht - Donnerstag, 09.01.2020

Einkommensteuer | Privates Veräußerungsgeschäft: Unentgeltlicher Erwerb bei Übertragung ohne Übernahme der Darlehen des Rechtsvorgängers (BFH)

Ein unentgeltlicher Erwerb i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG liegt vor, wenn im Rahmen der Übertragung eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Übergeber ein (dingliches) Wohnrecht eingeräumt wird und die durch Grundschulden auf dem Grundstück abgesicherten Darlehen des Rechtsvorgängers nicht übernommen werden. Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen nicht, wenn der Erwerber eines Grundstücks zwecks Löschung eines Grundpfandrechts Schulden tilgt, die er zunächst nicht vom Übergeber übernommen hat. Die bloße Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung privater Verbindlichkeiten nach der Veräußerung führt nicht zur Entstehung von Veräußerungskosten (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft bei einem Grundstück (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Ein unentgeltlicher Erwerb i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG liegt vor, wenn im Rahmen der Übertragung eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Übergeber ein (dingliches) Wohnrecht eingeräumt wird und die durch Grundschulden auf dem Grundstück abgesicherte Darlehen des Rechtsvorgängers nicht übernommen werden.

  • Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen nicht, wenn der Erwerber eines Grundstücks zwecks Löschung eines Grundpfandrechts Schulden tilgt, die er zunächst nicht vom Übergeber übernommen hat.

  • Die bloße Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung privater Verbindlichkeiten nach der Veräußerung führt nicht zur Entstehung von Veräußerungskosten.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter am BFH:

Die Entscheidung bestätigt zunächst die bisherige (ständige) Rechtsprechung des BFH und Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die schenkweise Übertragung eines Grundstücks unter Zurückbehaltung eines dinglichen Wohnrechts eine unentgeltliche Übertragung darstellt und damit nicht zu Anschaffungskosten des Übernehmers führt (vgl. u.a. , BStBl. II 2008, 296; BStBl. I 2013, 1184, Rz 40). Denn der Übernehmer erwirbt nur das um den Wert der Belastungen geminderte Grundstück. Der Übernehmer tritt hinsichtlich der Anschaffungskosten in die Rechtsposition des Übertragenden ein.

Das gleiche gilt, wenn das Grundstück übereignet, die damit in Zusammenhang stehenden und auf dem Grundstück grundbuchrechtlich abgesicherten Schulden des Übertragenden (oder eines Dritten) mangels Freistellungsvereinbarung nicht übernommen werden. Das bloße Bestehen grundbuchrechtlicher Belastungen (Wohnrechte, Grundschulden, Hypotheken, Reallasten) bei der Übertragung führt daher nicht zu Anschaffungskosten des Grundstücks.

Ablösezahlungen für eine dingliche Belastung führen nur dann zu Anschaffungskosten, wenn durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers beschränkt waren und der Übernehmer durch die Ablösezahlung die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitigt. Daher sind Aufwendungen zur Befreiung von einem Nießbrauch oder einem Wohnrecht als (nachträgliche) Anschaffungskosten einzuordnen.

Dies ist hingegen anders zu beurteilen, wenn Zahlungen erfolgen, um die Belastung mit Grundschulden zu beseitigen. Die Tilgung von privaten Verbindlichkeiten des Übertragenden führt dann nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn die Tilgung der Löschung einer auf dem Grundstück eingetragenen Belastung dient. Denn hierbei handelt es sich um einen reinen privaten Vorgang, der nicht mit der Einkünfteerzielung durch das Grundstück in Zusammenhang steht und dem Eigentümer auch keine weiteren Eigentümer- und Nutzungsbefugnisse verschafft. Zivilrechtlich liegt auch in diesem Fall eine Schenkung (in Gestalt der Befreiung von einer Verbindlichkeit) vor, die bei Überschreiten der Freibeträge schenkungssteuerliche Folgen haben kann.

Eine andere Sichtweise führte insbesondere bei Belastungen mit Grundschulden zu einer gesetzeswidrigen Verdoppelung der Anschaffungskosten. Hatte der Übertragende das Grundstück vollständig fremdfinanziert erworben und lässt er nach Tilgung der mit dem Erwerb in Zusammenhang stehenden Anschaffungsdarlehen die Grundschuldbelastung mangels Löschung im Grundbuch in voller Höhe stehen, entstünden mit der Übernahme des belasteten Grundstücks erneut Anschaffungskosten beim Erwerber, obwohl diesen keine wirtschaftliche Belastung trifft. Denn aus dem bloßen Bestehen der Grundschuld folgt für den Übernehmer keine Beeinträchtigung seiner Nutzungs- und Eigentümerbefugnisse. Zwar muss er u.U. die Zwangsvollstreckung hinnehmen. Diese Verpflichtung ist aber durch die Sicherungsvereinbarung beschränkt. Zudem führt die Ablösung der der Grundschuld ggf. (noch) zugrundeliegenden Verbindlichkeit zu keiner Übertragung eines Vermögenswerts auf den Übernehmer.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
GAAAH-39406