Online-Nachricht - Donnerstag, 09.01.2020

Umsatzsteuer | Rechnungsangaben beim Vorsteuerabzug - handelsübliche Bezeichnung der Ware (BFH)

Zur Frage, welchen Anforderungen Rechnungsangaben zur Bezeichnung der Menge und der Art der gelieferten Gegenstände i.S. des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL genügen müssen, kann sich ein Unternehmer darauf berufen, dass die von ihm verwendeten Bezeichnungen "handelsüblich" i.S. des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG sind. Welche Angabe der Art der gelieferten Gegenstände unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und dem Wert der einzelnen Waren als handelsüblich anzusehen ist, hat die Tatsacheninstanz, ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen zu ermitteln (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger betrieb im Streitjahr 2010 einen Handel mit Textilien im Niedrigpreissegment. In seinen Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite bis vierte Kalendervierteljahr 2010 machte er u.a. Vorsteuern aus insgesamt 27 Rechnungen eines Lieferanten über eine Vielzahl abgerechneter Textillieferungen geltend. Die Rechnungen enthalten die Angaben "T-Shirt", "Bluse", "Tops", "Kleid", "Hosen" und ähnliche Bezeichnungen, (hohe) Stückzahlen sowie den Ausweis von Einzelpreisen. Teilweise ist mehrfach dieselbe Bezeichnung der gelieferten Gegenstände enthalten, die nur durch die Angabe einer unterschiedlichen Anzahl und eines unterschiedlichen Preises pro Stück ergänzt wird. Sonstige Belege - wie Bestellunterlagen, Lieferscheine, Korrespondenz mit den Lieferanten - liegen nicht vor.

Das FA versagte den Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen, da es davon ausging, dass den Rechnungen kein tatsächlicher Leistungsaustausch zugrunde liege. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 12.4.2019 sowie Rukaber, ).

Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • Aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen kann nicht sicher darauf geschlossen werden, dass die in den streitgegenständlichen Rechnungen verwendete Angabe der Art der gelieferten Gegenstände unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und dem Wert der einzelnen Waren nicht handelsüblich ist und damit den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG genügt.

  • Das FG wird im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Ermittlungen zur handelsüblichen Bezeichnung der gelieferten Gegenstände --möglicherweise unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen-- vorzunehmen haben.

  • Zudem hat es festzustellen, ob den streitgegenständlichen Rechnungen tatsächlich ein Leistungsaustausch zugrunde lag (vgl. bspw. ).

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter am BFH:

Die Entscheidung ist für die Praxis von besonderer Bedeutung. Sie erleichtert m.E. die Unternehmer bei der Leistungsbeschreibung, die in der Rechnung über eine Lieferung enthalten sein muss. Wie der Leitsatz zum Ausdruck bringt, kann sich der Unternehmer darauf berufen, dass die von ihm verwendeten Bezeichnungen „handelsüblich“ sind. Der Senat hat sich hier an die umsatzsteuerliche Regelung in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG gehalten, wonach "die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung)" in der Rechnung enthalten sein muss. Dieses Rekurrieren auf die handelsübliche Bezeichnung ist nach Auffassung des BFH mit EU-Recht vereinbar. Es stellt - so der BFH - aber keine zusätzliche Voraussetzung dar.

Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, da das FG nicht aufgrund von bestimmten Ermittlungen und Erwägungen festgestellt hat, ob die in den Rechnungen enthaltenen Bezeichnungen handelsüblich sind. Unter Bezugnahme auf österreichische Rechtsprechung weist der BFH darauf hin, dass die Handelsüblichkeit einer Bezeichnung immer von den Umständen des Einzelfalls, wie etwa der jeweiligen Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und insbesondere dem Wert der einzelnen Waren, abhängig ist. Was letztlich handelsüblich ist, ist ggf. durch ein Sachverständigengutachten festzustellen.

Hier bleibt als Rat an die Praxis bestehen, dass ein solches Sachverständigengutachten - sollte es erforderlich sein - erst im Klageverfahren vor dem FG zu erstellen ist. Ein vorher in Auftrag gegebenes Gutachten dürfte als "Parteigutachten" nicht akzeptiert werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
IAAAH-39401