BFH Beschluss v. - XI B 15/18

Nichtzulassungsbeschwerde; Betriebsausgabenabzug bei Veranstaltungen auf einem Schiff; Grundsätzliche Bedeutung; Divergenz

Leitsatz

1. NV: Der Begriff des „Geschenks“ i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist geklärt (vgl. z.B. , BFHE 171, 521, BStBl II 1993, 806; vom – I R 79/08, BFH/NV 2010, 1307).

2. NV: Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn die Verwendung eines Schiffes zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, weil das Schiff als „schwimmender Besprechungsraum“ oder reines Transportmittel genutzt wird (vgl. z.B. , BFHE 170, 537, BStBl II 1993, 367; vom – IV R 25/09, BFHE 238, 132, BStBl II 2012, 824).

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2, Abs. 2 Nr. 3; EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 4;

Instanzenzug: ,

Tatbestand

I.

1 Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ist ein eingetragener Verein, der einen Zusammenschluss von . Unternehmen aus der Z-Wirtschaft bildet und im Streitjahr alleiniger Gesellschafter der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) war. Diese (.) erbringt insbesondere für Mitglieder des Klägers Dienstleistungen aller Art zur Sicherung und Erhaltung positiver wirtschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen für Reisebüros und verwandte Unternehmen.

2 Einmal im Jahr findet die Jahrestagung des Klägers einschließlich der Mitgliederversammlung statt. Vom . bis . (Freitag bis Sonntag) führten die Kläger gemeinsam die Jahrestagung durch, anlässlich derer ein Firmenjubiläum gefeiert wurde und an der . Vereinsmitglieder, . externe Geschäftspartner und . eigene Arbeitnehmer teilnahmen. Die Veranstaltung fand in einem Hotel in X statt und umfasste am Samstag zwischen 16:00 Uhr und 22:30 Uhr auch eine Fahrt auf dem Rhein. Der Kläger buchte diesbezügliche Aufwendungen für eine Mitgliederversammlung in Höhe von . €, die Klägerin Aufwendungen für eine Jahrestagung in Höhe von . €.

3 Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) veranlagte die Kläger zunächst jeweils erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Körperschaftsteuer. Aufgrund von Außenprüfungen bei den Klägern ließ das FA jeweils 30 % von Bewirtungsanteilen, aufgrund angenommenen Eventcharakters sog. Eventanteile der Veranstaltung und auf die jeweiligen Beträge entfallende Vorsteuern nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zu (Kläger . €, Klägerin . €). Es erließ für das Streitjahr gegen den Kläger am und gegen die Klägerin am entsprechende Änderungsbescheide über Körperschaftsteuer. Die Einsprüche der Kläger wies das FA mit jeweiliger Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.

4 Das Finanzgericht (FG) Münster gab den Klagen durch Urteil vom 13 K 3518/15 im Wesentlichen statt, da die Jubiläumsveranstaltung ganz überwiegend beruflichen Zwecken und der beruflichen Kontaktpflege gedient habe. Soweit die sog. Eventanteile Bewirtungen betrafen, unterwarf es die Aufwendungen den Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes, im Übrigen ließ es den Betriebsausgabenabzug uneingeschränkt zu.

5 Hiergegen richtet sich die Beschwerde des FA wegen Nichtzulassung der Revision, mit der es die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—), Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) sowie den „Verstoß gegen Denkgrundsätze“ geltend macht.

Gründe

II.

6 Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügend dargetan wurden, liegen solche nicht vor.

7 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.

8 a) Das FA sieht es als klärungsbedürftig an, „ob allein in der Anwesenheit und dem fachlichen Austausch und der Kontaktpflege von branchenangehörigen Eingeladenen auf einer Jubiläumsveranstaltung eine hinreichend konkrete Gegenleistung gesehen werden kann, die die Annahme eines Geschenkes ausschließt“. Soweit diese Rechtsfrage angesichts der vorhandenen Rechtsprechung noch der Klärung bedarf, wäre sie in einem anschließenden Revisionsverfahren nicht klärbar.

9 aa) Nach den vom FA in Bezug genommenen Urteilen des (BFHE 135, 206, BStBl II 1982, 394) und vom I R 79/08 (BFH/NV 2010, 1307) ist der Begriff des „Geschenks“ i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG geklärt (vgl. auch , BFHE 171, 521, BStBl II 1993, 806).

10 bb) Das FG ist „unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles“ (§ 118 Abs. 2 FGO) zu dem Ergebnis gelangt, „dass der fachliche Austausch der Teilnehmer, die Kontaktpflege und der berufliche Charakter der Veranstaltung deutlich im Vordergrund standen.…Das 'Rahmenprogramm' hatte demgegenüber lediglich eine untergeordnete Bedeutung, dem kein eigener -unentgeltlicher- Erlebniswert zukam. Das 'Rahmenprogramm' ging nicht über die Bewirtung und die Schaffung des dazugehörigen Ambientes hinaus“.

11 b) Die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage, „ob Veranstaltungen von Branchenangehörigen auf einem Wasserfahrzeug bereits ein derartiger Eventcharakter zukommt, dass sie unter den Begriff der 'ähnlichen Zwecke' i.S.d. § 4 Abs. 5 [Satz] 1 Nr. 4 EStG fallen und damit zu einem typisierenden Abzugsverbot führen“, bedarf nicht der Klärung.

12 aa) Der BFH hat bereits mit Urteilen vom I R 18/92 (BFHE 170, 537, BStBl II 1993, 367) und vom IV R 25/09 (BFHE 238, 132, BStBl II 2012, 824) entschieden, dass sich das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht auf die betreffenden Aufwendungen erstreckt, wenn die Verwendung eines Schiffes zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, weil das Schiff als „schwimmender Besprechungsraum“ oder reines Transportmittel genutzt wird.

13 bb) Nach der Beweisaufnahme und der tatsächlichen Würdigung des FG haben touristische Aspekte oder ein eventueller unentgeltlicher Erlebniswert auch am Nachmittag bzw. Abend während der Schiffsfahrt keine Rolle gespielt.

14 2. Eine Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) hat das FA nicht hinreichend dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

15 a) Es hat zwar als vom FG aufgestellten Rechtssatz bezeichnet, dass „in der Anwesenheit und dem fachlichen Austausch und der Kontaktpflege von branchenangehörigen Eingeladenen auf einer Jubiläumsveranstaltung…eine konkrete Gegenleistung gesehen werden [könne], die die Annahme eines Geschenkes ausschließe“.

16 Dass das FG damit von einem Rechtssatz des (BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30) abgewichen sei, hat das FA indes nicht aufgezeigt. Der BFH führt in seiner Entscheidung in BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30 (unter II.2.b, Rz 35) aus, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ebenso wie bei den Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben auch für den Arbeitslohn das Veranlassungsprinzip maßgeblich ist; ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass sich die Reise nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liege insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies übertragen auf die Frage der Abziehbarkeit von Betriebsausgaben im Streitfall hat das FG erkannt, dass der fachliche Austausch der Teilnehmer, die Kontaktpflege und der berufliche Charakter der Veranstaltung deutlich im Vordergrund standen und das „Rahmenprogramm“ demgegenüber lediglich eine untergeordnete Bedeutung hatte, dem kein eigener unentgeltlicher Erlebniswert zukam.

17 b) Soweit das FA den Beschluss des Großen Senats des (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) sowie das (BFHE 241, 360, BStBl II 2013, 808) als weitere Divergenzentscheidungen zitiert, hat es eine zur Zulassung der Revision führende Abweichung nicht herausgearbeitet. Vielmehr bemängelt das FA, dass das FG in der angefochtenen Vorentscheidung „die Rechtsprechung dazu umfangreich aufgeführt, im Anschluss jedoch nicht angewendet“ habe. Es geht ferner entgegen der tatsächlichen Würdigung des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitfall von einer Veranstaltung aus, die gemischte Ziele verfolgt habe.

18 Eine Abweichung des FG im Rechtsgrundsätzlichen ist damit nicht dargetan, sondern vielmehr aufgezeigt, dass das FA die Vorentscheidung für materiell-rechtlich unzutreffend hält. Dies stellt jedoch grundsätzlich keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dar und vermag die Zulassung der Revision nicht zu begründen (z.B. Senatsbeschluss vom XI B 13/17, BFH/NV 2017, 1198, Rz 14).

19 c) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zur Sicherung der Rechtseinheit zwar auch dann zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung des FG in einem Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2018, 338, Rz 14, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt bei einem offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, der die Entscheidung der Vorinstanz als willkürlich oder greifbar gesetzwidrig erscheinen lässt. Solches ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich.

20 3. Mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO regelmäßig nicht begründet werden; die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom XI B 117/17, BFH/NV 2018, 953, Rz 45; vom I B 114/17, BFH/NV 2018, 1092, Rz 11). Daher könnten auch die behaupteten Verstöße des FG gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. z.B. , BFH/NV 2014, 352).

21 4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

22 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:B.200219.XIB15.18.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2020 S. 207 Nr. 3
HFR 2020 S. 224 Nr. 3
VAAAH-39333