BGH Beschluss v. - 1 StR 205/19

Beuteverteilung bei der Hehlerei durch eine Kontoüberweisung

Gesetze: § 259 Abs 1 StGB, § 260a StGB, § 90 BGB

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 374 Js 17865/17 jug KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten E.         wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei und wegen gewerbsmäßiger Hehlerei unter Teilfreisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten P.     hat es wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen und wegen Diebstahls mit Sachbeschädigung in sechs Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt. Den Angeklagten C.               hat das Landgericht wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen und wegen Diebstahls mit Sachbeschädigung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten E.         , mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel und sind die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten C.               und P.     unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I. Revision des Angeklagten E.

21. Die Verurteilung des Angeklagten E.         wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei im Fall C. 5. der Urteilsgründe und wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Fall C. 11. der Urteilsgründe hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu zutreffend ausgeführt:

"a) Hinsichtlich der Tat Ziff. 5 (UA S. 11 f.) vermögen die Feststellungen eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei (§ 259 Abs. 1, § 260a Abs. 1 StGB) nicht zu tragen.

aa) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte der zuvor getroffenen Bandenabrede entsprechend (UA S. 11) ʹbei der Verteilung der Beute aus dieser Tatʹ geholfen, indem er am an A.             , die Tochter des Angeklagten P.     , 400 € überwies (UA S. 12).

bb) Diesen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagte eine der in § 259 Abs. 1 StGB genannten Tatbestandsvarianten erfüllt hat.

(1) Insbesondere hat der Angeklagte die Tatbeute nicht einem Dritten verschafft, indem er 400 € an A.              überwiesen hat. Denn dadurch hat A.              nicht das entwendete Geld aus dem Tresor erlangt, sondern einen Auszahlungsanspruch gegenüber der das Eingangskonto führenden Bank. Hierbei handelt es sich schon nicht um einen körperlichen Gegenstand im Sinne des § 90 BGB und damit nicht um ein nach § 259 Abs. 1 StGB taugliches Tatobjekt (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 259 Rn. 2; MüKoStGB/ Maier, 3. Aufl., § 259 Rn. 15; BeckOK StGB/Ruhmannseder, § 259 Rn. 5). Auch ist der Auszahlungsanspruch nicht mit dem Geld aus dem Tresor identisch. Die sogenannte Ersatzhehlerei wird durch § 259 Abs. 1 StGB nicht erfasst (BGH [,Beschluss vom - 2 StR 281/18 Rn. 53, BGHSt 63, 228] NJW 2019, 1311; [Urteil vom - 4 StR 60/56,] BGHSt 9, 137 [,139]; BGH [,Urteil vom - 3 StR 51/69,] NJW 1969, 1260 [,1261]; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 259 Rn. 7; MüKoStGB/Maier, 3. Aufl., § 259 Rn. 51 f.; S/S-Hecker, StGB, 30. Aufl., § 259 Rn. 12 f.; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 8; BeckOK StGB/Ruhmannseder, § 259 Rn. 13). Dasselbe gilt für die Überweisung i.H.v. 500 € an die Mutter des Angeklagten (UA S. 22). Dass der Angeklagte sonst einem Dritten Tatbeute verschafft hätte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Insbesondere geben die Urteilsgründe nichts dafür her, dass der Angeklagte das entwendete Geld vor den Überweisungen bei seiner Bank einzahlen ließ (vgl. [Rn. 2]).

(2) Den Urteilsgründen kann zudem nicht - auch nicht im Gesamtzusammenhang - entnommen werden, dass der Angeklagte sich das entwendete Geld aus dem Tresor oder einen Teil davon verschafft hat. Denn dazu wäre erforderlich, dass er im Einverständnis mit den Vortätern tatsächlich eigene Sachherrschaft über das entwendete Geld erlangt hat in dem Sinn, dass er über die Sache als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen konnte und dies auch wollte (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 259 Rn. 15). Dem Umstand, dass der Angeklagte geholfen hat, die Beute zu verteilen, lässt sich das nicht entnehmen. Das Landgericht erblickt die Beuteverteilung in der vorgenommenen Überweisung an A.              (UA S. 11), weshalb schon unklar bleibt, ob der Angeklagte überhaupt (Mit-)Besitz an dem entwendeten Geld hatte. Dass dem Angeklagten aus der Tat in irgendeiner Form Vermögen zugewachsen ist, das es ihm erst ermöglicht hat, die Überweisungen über insgesamt 900 € vorzunehmen (UA S. 22), genügt nicht. Dem Umstand, dass er sich und einem Dritten, wie in der rechtlichen Würdigung ausgeführt wird (UA S. 43), Gelder verschafft hat, welche aus der Tat stammen, lässt sich auch nicht eindeutig entnehmen, dass es sich hierbei um mit dem entwendeten Geld identisches Geld handelt.

(3) Auch die übrigen Tatbestandsvarianten des § 259 Abs. 1 StGB kommen nicht in Betracht.

cc) Die Feststellungen reichen auch nicht aus, um eine Beteiligung des Angeklagten an der Vortat, dem Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung ([§ 242 Abs. 1,] § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 und 3, § 303 Abs. 1 StGB) in der Bäckerei B.     (UA S. 11), zu belegen.

(1) Zwar sollte sich der Angeklagte nach der jedenfalls vor der Tat Ziff. 5 der Urteilsgründe getroffenen Bandenabrede jeweils [sowohl] um die Tatvorbereitung und den Transport der tatbeteiligten Personen zum und vom Tatort als auch um die Beuteverteilung kümmern (UA S. 11).

(2) Die Bandenabrede hat aber nicht zwingend zur Folge, dass der Angeklagte Beteiligter hinsichtlich einer zu ihrer Ausführung begangenen Tat ist. ..."

3Insoweit fehlt es bereits an Feststellungen, welche Beiträge der Angeklagte E.         zum Diebstahl im Fall C. 5. der Urteilsgründe leistete und wie er selbst die Bandenabrede in diesem Einzelfall umsetzte. Weder eine Fahrt zum oder vom Tatort noch das Stellen von Einbruchswerkzeug ist festgestellt. Auch eine Beteiligung durch psychische Beihilfe, etwa durch die Zusage, die Diebesbeute zu verteilen, ist für diese Einzeltat nicht belegt: Ob dies den Angeklagten P.     und den unbekannt gebliebenen Mittäter in ihrem Vorhaben bestärkte (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 432/10 Rn. 12 und vom - 2 StR 423/03 Rn. 9), ist nicht ausgeführt. Zum Zeitpunkt der Überweisungen war die Vortat bereits beendet.

4b) Seinen Aufhebungsantrag bezüglich der Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei hat der Generalbundesanwalt zutreffend wie folgt begründet:

"Auch die Feststellungen hinsichtlich der Tat Ziff. 11 (UA S. 14) vermögen eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zu tragen.

aa) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte ʹnach der Tat in Kenntnis des zuvor erfolgen Einbruchs die Beute teilweise an die Tatbeteiligtenʹ verteilt und ʹTeile davon durch Dritte nach Rumänien schaffenʹ lassen (UA S. 14).

bb) Auch diesen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagte eine der in § 259 Abs. 1 StGB genannten Tatbestandsvarianten erfüllt hat.

(1) Einem Dritten wird das Tatobjekt der Hehlerei verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht auf den Täter übergeht, sondern durch das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird oder der Täter das Hehlgut, ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt (BGH, [Urteil vom - 4 StR 629/11 Rn. 9, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 12,] NStZ-RR 2012, 247).

(1.1) Soweit der Angeklagte die Beute an Tatbeteiligte verteilt hat, handelt es sich hierbei möglicherweise um Vortäter. § 259 Abs. 1 StGB unterschiedet im objektiven Tatbestand den Vortäter als ʹanderenʹ von dem ʹDrittenʹ, dem die Sache verschafft werden kann (BGH [,Urteil vom - 4 StR 41/95 Rn. 8-10, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 6,] NStZ 1995, 595), weshalb ein Verschaffen an den Vortäter nicht unter den Tatbestand des § 259 Abs. 1 StGB fällt.

(1.2) Soweit der Angeklagte Teile durch Dritte nach Rumänien verschaffen ließ, hat er ihnen die Beute nicht verschafft, weil sie keine wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Beutestücke erhalten, sondern diese nur nach Rumänien verbringen sollten.

(1.3) Dass der Angeklagte die Beutestücke dritten Personen in Rumänien verschafft hat, wird durch die Feststellungen nicht belegt und ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Der Beweiswürdigung (UA S. 41) ist nur zu entnehmen, dass er sich über SMS-Nachrichten und Telefonate mit einem oder zwei verschiedenen anderen Tatbeteiligten über die Verteilung der Beute stritt, wobei auch eine rumänische Telefonnummer verwendet wurde.

(2) Die Feststellungen belegen auch nicht, dass er sich selbst einen Teil der Beute verschafft hat. Denn zwar hatte er Zugang zu der Diebesbeute, die sich in der von ihm und seinem Bruder, dem Mitangeklagten C.              , bewohnten Wohnung befand (UA S. 14, 40). Den Urteilgründen ist aber nicht zu entnehmen, dass er unabhängig von den Vortätern, insbesondere unabhängig [von] seinem Bruder C.              , allein über die jeweiligen Beutestücke verfügen konnte ( [Rn. 7, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 11]; Beschluss vom - 4 StR 167/98 [Rn. 3 f.]). Vielmehr war er nach den im Rahmen der Beweiswürdigung aufgeführten Telefonaten und Kurznachrichten hierzu gerade nicht ermächtigt (UA S. 41).

(3) Die weiteren Tatbestandsvarianten des § 259 Abs. 1 StGB kommen nach den getroffenen Feststellungen nicht in Betracht.

cc) Eine Beteiligung an der Vortat, dem Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung ([§ 242 Abs. 1,] § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, § 303 Abs. 1 StGB) in dem Juweliergeschäft E.    (UA S. 14), wird von den Feststellungen nicht getragen. Insbesondere konnte sich die Strafkammer nicht die Überzeugung verschaffen, dass der Angeklagte den bei der Tat verwendeten Vorschlaghammer beschafft hat (UA S. 40)."

52. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen C. 5. und C. 11. der Urteilsgründe bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der zughörigen Einziehungsentscheidungen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB). Auch die wegen des schweren Bandendiebstahls im Fall C. 9. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe hat keinen Bestand. Denn das Landgericht hat auch in diesem Einzelfall straferschwerend die Gesamtbeute und den gesamten Sachschaden aus allen drei Taten berücksichtigt.

II. Revisionen der Angeklagten C.               und P.

6Die Revisionen der beiden Mitangeklagten C.               und P.     sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat sieht bei den Einziehungsentscheidungen keine zum Eingriff nötigende Beschwer darin, dass eine gesamtschuldnerische Haftung mit unbekannt gebliebenen Mittätern nicht tenoriert worden ist. Die Einwendung der Erfüllungswirkung (§ 422 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Falle der erfolgreichen Inanspruchnahme solcher Mittäter durch den Staat wird den Angeklagten durch die unterlassene Tenorierung nicht genommen.

III.

7Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Sollte das neue Tatgericht in den Fällen C. 5. und C. 11. der Urteilsgründe konkrete Beiträge des Angeklagten E.         zu den Vortaten des Diebstahls - was vorrangig aufzuklären ist - nicht feststellen, wird es zu prüfen haben, ob dieser Beschwerdeführer durch die Überweisungen etwa den Straftatbestand der Begünstigung (§ 257 StGB) oder der Geldwäsche (§ 261 StGB) erfüllte; für diesen Fall wird zu beachten sein, ob solche Anschlusstaten von der Anklageschrift (§ 264 StPO) umfasst sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:220819B1STR205.19.0

Fundstelle(n):
IAAAH-36835