Umsatzsteuer | Kein Direktanspruch bei fehlender Leistungserbringung (BFH)
Ein sich aus dem Unionsrecht
entsprechend dem
ergebender Direktanspruch setzt voraus, dass der Rechnungsaussteller eine
Leistung an den Rechnungsempfänger erbracht hat, für die er Umsatzsteuer in der
Rechnung zu Unrecht ausgewiesen hat (,
veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die nach ihrer entgeltlichen Umsatztätigkeit grds. zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin machte den Vorsteuerabzug aus Rechnungen geltend, die ihr das Einzelunternehmen HC (HC), Inhaberin GM, mit Steuerausweis erteilt hatte. Die Rechnungen standen im Zusammenhang mit Tätigkeiten, die ihr Ehemann JM (JM) für die Klägerin ausgeübt hatte.
Das FA erkannte den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen nicht an. Ein Billigkeitsbegehren lehnte es ebenfalls ab. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos.
Die GM wurde zivilrechtlich verurteilt, wegen ungerechtfertigter Bereicherung an die Klägerin 105.920,86 € nebst Zinsen zu zahlen. GM berichtigte daraufhin, als Inhaberin der HC, die der Klägerin erteilten Rechnungen. GM machte gegenüber FA B Berichtigungsansprüche nach § 14c Abs. 2 S. 3 des UStG geltend und trat diese zur Tilgung der Forderungen an die Klägerin ab. Das FA B zahlte daraufhin 97.944,07 € an die Klägerin.
Am beantragte die Klägerin beim FA erneut, die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen der HC im Billigkeitswege zum Vorsteuerabzug zuzulassen und die Erstattungsbeträge zu verzinsen. Den Antrag der Klägerin lehnte das FA ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg ().
Der BFH weist die Revision als unbegründet zurück:
Hat ein nach seiner Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigter Rechnungsempfänger eine gesetzlich nicht geschuldete, aber in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt, kann er im Rahmen eines sog. Direktanspruchs () eine "Rückzahlung" von der Finanzverwaltung verlangen, wenn eine Rückforderung vom Rechnungsaussteller insbesondere im Hinblick auf dessen Zahlungsunfähigkeit übermäßig erschwert ist. Hierüber ist im Billigkeitsverfahren nach § 163 AO zu entscheiden ( unter II.2.b bb).
Der Direktanspruch setzt voraus, dass der Rechnungsaussteller die in der Rechnung als steuerpflichtig abgerechnete Leistung auch erbracht hat. Der der bloße Steuerausweis in einer Rechnung genügt für die Entstehung des Direktanspruchs nicht.
Im Streitfall wurde die abgerechnete Leistung nicht erbracht, sondern nur eine Rechnung ausgestellt.
Die im dazu gewählte Begriffsbildung ist eindeutig, so dass kein erweiterter Anwendungsbereich des Neutralitätsgrundsatzes in Betracht kommt und auch die Einholung einer Vorabentscheidung vom EuGH entbehrlich ist.
Im Ergebnis kann die Klägerin demnach keinen Direktanspruch geltend machen.
Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter am BFH:
Das Urteil betrifft eine unionsrechtliche Besonderheit im Umsatzsteuerrecht, nämlich den vom , Reemtsma kreierten sog. Direktanspruch. Danach kann ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Rechnungsempfänger, der eine gesetzlich nicht geschuldete, aber gleichwohl in einer - ansonsten ordnungsgemäßen - Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt hat, im Rahmen eines sog. Direktanspruchs eine "Rückzahlung" von der Finanzverwaltung verlangen, wenn eine Rückforderung vom Rechnungsaussteller im Hinblick auf dessen Zahlungsunfähigkeit übermäßig erschwert ist.
Der BFH hat nun entschieden, dass der Direktanspruch voraussetzt, dass der Rechnungsaussteller die in der Rechnung als steuerpflichtig abgerechnete Leistung auch erbracht hat. Erforderlich ist also, dass der Rechnungsaussteller tatsächlich eine Leistung erbracht hat, für die mangels Steuerbarkeit oder aufgrund einer Steuerfreiheit oder Steuersatzermäßigung die in der Rechnung ausgewiesene Steuer nicht gesetzlich entstanden ist.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
KAAAH-36198