Suchen
BVerwG Beschluss v. - 6 B 57/19

Ehrenamt und Vergütung als nichtrevisible Begriffe in einer Stiftungssatzung

Gesetze: § 80 BGB, § 5 StiftG SH 2000, § 137 Abs 1 VwGO, § 173 S 1 VwGO, § 545 Abs 1 ZPO, § 560 ZPO

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein Az: 3 LB 1/17 Urteilvorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Az: 6 A 88/14

Gründe

I

1Die Klägerin, eine Stiftung privaten Rechts, begehrt die Genehmigung für eine Satzungsänderung.

2Stiftungszweck der 1986 gegründeten Klägerin ist die Förderung der Ziele des Natur- und Umweltschutzes, insbesondere zum Schutz von Wald und Gewässerflächen, sowie die Förderung der schleswig-holsteinischen Landeskunde und Landesgeschichte. Die ursprüngliche Stiftungssatzung vom enthielt in § 5 Abs. 5 folgende Regelung: "Die Mitglieder des Vorstandes sind ehrenamtlich für die Stiftung tätig. Ihnen können ihre notwendigen Auslagen, die durch ihre Tätigkeit für die Stiftung entstanden sind, ersetzt werden."

3Der Beklagte lehnte die Erteilung einer Genehmigung für die im März 2002 beschlossene Satzungsänderung ab, mit der § 5 Abs. 6 der Stiftungssatzung folgendermaßen gefasst worden war: "Die Mitglieder des Vorstandes sind ehrenamtlich tätig. Die Stiftung erstattet ihnen ihre notwendigen Auslagen und gewährt eine angemessene Aufwandsentschädigung." Die gegen die Ablehnung der Genehmigung gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

4Mit Beschluss vom fasste der Vorstand der Klägerin § 5 Abs. 6 der Stiftungssatzung wie folgt: "Die Mitglieder des Vorstands verstehen ihr Amt als Ehrenamt. Den Mitgliedern des Vorstands kann, soweit der Umfang der Geschäftstätigkeit es erfordert, eine angemessene Vergütung gezahlt werden."

5Den Antrag auf Genehmigung der Satzungsänderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ab. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Kern darauf gestützt, dass die Satzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei, da sich ihr Inhalt - auch durch Auslegung - nicht eindeutig ermitteln lasse. Die neu gefasste Satzungsvorschrift regele nicht zweifelsfrei, ob die Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig seien, denn die Ausübung eines Ehrenamtes und die Zahlung einer Vergütung schlössen sich aus.

6Die Neufassung des § 5 Abs. 6 Satz 1 der Stiftungssatzung in der Fassung des Beschlusses vom lasse offen, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstandes weiterhin vorgesehen sei. Die Formulierung, die Vorstandsmitglieder verstünden ihr Amt als Ehrenamt lasse die Möglichkeit zu, dass auch eine haupt- oder nebenamtliche Tätigkeit vorliegen könnte, die lediglich als Ehrenamt verstanden werden solle, obwohl es keine sei. Daher könne die mit § 5 Abs. 6 Satz 1 getroffene unklare Regelung der Stiftungssatzung aus Gründen der Rechtsklarheit nicht genehmigt werden.

7Ausgehend von den Angaben der Klägerin und derjenigen der Vorstandsmitglieder, dass weiterhin eine ehrenamtliche Tätigkeit der Mitglieder des Vorstandes gewollt sei, sei die Satzungsänderung nicht genehmigungsfähig, weil Ehrenamt und Zahlung einer "angemessenen Vergütung" sich ausschlössen. Der Vergütungsbegriff ergebe sich aus § 611 Abs. 1 BGB. Danach handelt es sich um die aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsvertrages vereinbarte Gegenleistung für geleistete Dienste. Demgegenüber existiere keine einheitliche gesetzliche Definition des Ehrenamts; die Bedeutung sei vielmehr kontextabhängig zu bestimmen.

8Maßgeblich zur Auslegung des Begriffes der ehrenamtlichen Tätigkeit sei hier das Stiftungsrecht. Danach komme bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit lediglich eine Aufwandsentschädigung bzw. ein Auslagenersatz in Betracht. Diese Begriffe seien keine Synonyma für den Begriff "Vergütung", weil es sich bei ihnen nicht um den Gegenwert einer Dienst- bzw. Arbeitsleistung handele. Das Stiftungsrecht ermögliche nicht die Zahlung einer Vergütung bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit.

9Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde.

II

10Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

11Eine Zulassung der Revision wegen der von der Beschwerde allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht. Das setzt voraus, dass die Beschwerde eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die sich in dem erstrebten Revisionsverfahren als entscheidungserheblich erweist ( 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; stRspr). Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren auf die Prüfung derjenigen Gesichtspunkte beschränkt, auf die sich die Beschwerde stützt.

12Die Beschwerde erachtet folgende Fragen als grundsätzlich bedeutsam:

"Schließt die Ermächtigung in einer Stiftungssatzung, wonach den Mitgliedern des Vorstands eine 'angemessene Vergütung' gezahlt werden darf, es aus, dass diese Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig sind?"

"Regelt eine Satzungsbestimmung einer Stiftung oder eines Vereins, wonach die Vorstandsmitglieder ihr Amt 'als Ehrenamt verstehen', hinreichend bestimmt, dass die Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig sind?"

13Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen schon deshalb nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie keine Rechtsfragen des revisiblen Rechts im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO betreffen. Nach § 137 Abs. 1 VwGO sind nur Bundesrecht oder Vorschriften eines Landesverwaltungsverfahrensgesetzes revisibel, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen. Schließlich kann auch Landesrecht nach Art. 99 GG revisibel gestellt werden. Grundsatzfragen zu solchen Normen wirft die Beschwerde jedoch nicht auf, sondern formuliert Fragen zur Auslegung, Widerspruchsfreiheit und Bestimmtheit der von der Klägerin zur Genehmigung gestellten Regelungen ihrer Stiftungssatzung. Damit spricht sie Rechtsfragen an, die das landesrechtliche Prüfungsobjekt einer Genehmigung nach § 5 StiftG SH betreffen und nicht die Auslegung bundesrechtlicher Rechtssätze, die auch zum Prüfungsmaßstab einer stiftungsrechtlichen Genehmigung gehören können. Das Berufungsgericht hat sich auch nicht durch Bundesrecht zu einer bestimmten Auslegung der Stiftungssatzung gezwungen gesehen (vgl. hierzu 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317>), sondern sein Verständnis des Begriffs des Ehrenamts in § 5 Abs. 6 der Neufassung der Stiftungssatzung aus dem (Landes-)Stiftungsrecht gewonnen. Die Heranziehung bundesrechtlicher Bestimmungen durch das Berufungsgericht stellt sich mithin lediglich als eine - zulässige - Interpretationshilfe dar, die jedoch nichts daran ändert, dass das ausgelegte Merkmal der Ehrenamtlichkeit hier dem Landesrecht angehört und damit nicht revisibel ist (vgl. dazu 1 C 9.93 - NJW 1997, 814 <815>). An die Auslegung der Begriffe der Stiftungssatzung durch das Berufungsgericht wäre das Bundesverwaltungsgericht in dem erstrebten Revisionsverfahren gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden.

14Der Verweis der Beschwerde auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der Stiftungssatzungen revisibel sind ( - JZ 1976, 715 <716> und vom - III ZR 26/85 - NJW 1987, 2364 <2366>; jeweils m.w.N.), verhilft ihr nicht zum Erfolg. Denn die Revisibilität von Rechtssätzen bestimmt sich im Zivilprozessrecht für die Revision zum Bundesgerichtshof nach § 545 Abs. 1 ZPO und damit inhaltlich abweichend von der in § 137 VwGO getroffenen Regelung.

15Ob die von der Beschwerde beiläufig angesprochene "Widerspruchsfreiheit der Satzung als solche" als allgemeiner, das Stiftungsrecht ergänzender Rechtsgrundsatz zum revisiblen Bundesrecht (§§ 85 ff. BGB) oder zum irrevisiblen Landesrecht (§ 5 StiftG SH) zählt, kann hier dahinstehen. Denn die Beschwerde hat unmittelbar zu dem Verständnis dieses Rechtsgrundsatzes als Prüfungsmaßstab für die Erteilung einer stiftungsrechtlichen Genehmigung keine Grundsatzfrage formuliert.

16Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:041119B6B57.19.0

Fundstelle(n):
NAAAH-35977