Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug bei steuerfreien Leistungen eines Dirigenten (BFH)
Die Leistungen eines Dirigenten,
dem die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass er die gleichen kulturellen
Aufgaben erfüllt wie z.B. ein Orchester oder Kammermusikensemble, sind nach
§ 4
Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG steuerfrei (Änderung der
Rechtsprechung,
). Der Dirigent, dessen Leistungen nach
§ 4
Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG steuerfrei sind, kann die
Vorsteuerbeträge auf im Inland erbrachte Vermittlungsleistungen ausländischer
Konzertagenturen auch dann nicht nach
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG abziehen, wenn
er sie für Leistungen bezieht, die er im Ausland erbringt und die dort
steuerbar und steuerpflichtig sind (,
veröffentlicht am ).
Hintergrund: Vorsteuerausschluss für Umsätze im Ausland
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG kann der Unternehmer die Steuer für Leistungen i.S. des § 13b Abs. 1 und 2 UStG, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Dem Leistungsempfänger wird damit der Vorsteuerabzug für die Steuer eröffnet, die er nach § 13b UStG schuldet. Der Vorsteuerabzug ist aber nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen für Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Unionsrechtliche Grundlage dafür ist Art. 169 S. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach berechtigen im Ausland ausgeführte Umsätze nur insoweit zum Vorsteuerabzug, als für diese Auslandsumsätze das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde, wenn sie im Inland bewirkt worden wären. Die Richtlinienregelung formuliert mithin in positiver Weise das, was die nationale Regelung als Ausschluss im Zusammenhang mit Auslandsumsätzen regelt.
Sachverhalt:
Der Kläger war in 2011 als Dirigent selbständig tätig. Er übt seine Tätigkeit in Konzert-, Opern- und Theaterhäusern im Inland und im Ausland aus. Die Landesdirektion Sachsen bescheinigte ihm ab dem unbefristet, die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG zu erfüllen. Für die Vermittlung von Engagements u.a. in Spanien und Italien stellten zwei im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Künstleragenturen dem Kläger in 2011 Provisionen in Rechnung, die auch in 2011 bezahlt wurden.
Das FA gelangte im Rahmen einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Agenturen als im Ausland ansässige Unternehmer Vermittlungsleistungen an den Kläger erbracht hätten, die nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerbar seien. Die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge schulde der Kläger als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 UStG. Die Beträge könnten aber nicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer abgezogen werden, weil sie zur Verwendung für Leistungen im Ausland bezogen worden seien, die im Inland steuerfrei wären (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG). Dementsprechend setzte das FA Umsatzsteuer für 2011 fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg ().
Der BFH weist die Revision als unbegründet zurück:
Zur Klärung der Frage, ob der Ausschluss vom Vorsteuerabzug für Leistungen, die im Ausland bezogen wurden, aber im Inland steuerfrei wären (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG) greift, wird die Rechtsprechung des EuGH herangezogen (Urteil Morgan Stanley & Co. International vom - C 165/17, Rz 32).
Demnach kommt es für den Vorsteuerabzug darauf an, dass die Umsätze auch steuerpflichtig wären, wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet oder entrichtet wird (hier BRD), bewirkt worden wären.
Die Vermittlungsleistungen wurden zur Ausführung der Dirigententätigkeit verwendet, so dass zu prüfen war, ob die Dirigententätigkeit im Inland steuerfrei ist.
Die Leistungen des Klägers als Dirigent wären nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG im Inland steuerfrei.
Denn laut der Bescheinigung der Landesdirektion Sachsen ist der Kläger als gleichartige Einrichtung anzuerkennen. Dabei schließt der Ausdruck der gleichartigen Einrichtung Einzelkünstler nicht aus.
Die Bescheinigung entscheidet nach § 182 AO verbindlich darüber, ob die Einrichtung die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG bezeichneten Einrichtungen erfüllt.
Der Kläger ist folglich mit seinen Dirigentenleistungen eine gleichartige Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG, dessen Umsätze wie die eines Orchesters steuerfrei sind. Dies entspricht im Ergebnis der bisherigen Rechtsprechung, in der Begründung hält der BFH jedoch nicht an seiner Entscheidung aus 2010 fest (), sondern nimmt eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts vor.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG vor. Dem steht auch die Steuerpflicht entsprechender Umsätze im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder der Grundsatz der Gleichbehandlung nicht entgegen.
Im Ergebnis ist der Vorsteuerabzug aus den Vermittlungsleistungen nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen, weil die vermittelten Dirigentenleistungen im Inland nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG steuerfrei wären.
Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter am BFH:
Dem Urteil liegt eine komplizierte Kombination aus dem Ort der sonstigen Leistung, einer Umkehr der Steuerlast und dem Ausschluss des sich hieraus ergebenden Vorsteuerabzugs aufgrund einer besonderen deutschen Steuerbefreiungsregelung, die es so in den anderen beteiligten Mitgliedstaaten nicht gibt, zugrunde. Im Kern geht es darum, ob die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 20 Satz 1 Buchst. a UStG im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass sie nicht zur Anwendung kommt, wenn die Umsätze im Ausland tatsächlich steuerpflichtig sind.
Diese Frage hat der BFH verneint und die sich für den Kläger daraus ergebenden Wettbewerbsnachteile auch unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung als nicht entscheidungserheblich angesehen.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
UAAAH-34994