Nichtzulassungsbeschwerde: Beschwerdewertbemessung im Streit über das Bestehen eines privaten Kranken- und Pflegeversicherungsvertrages
Gesetze: § 3 ZPO, § 9 ZPO, § 26 Nr 8 S 1 ZPOEG
Instanzenzug: LG Kempten Az: 51 S 570/18vorgehend AG Kaufbeuren Az: 2 C 1039/17
Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, weil der Beschwerdewert die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO bestehende Wertgrenze von 20.000 € nicht übersteigt.
2Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Wert eines Streits über das Bestehen eines privaten Kranken- und Pflegeversicherungsvertrages gemäß § 3 und § 9 ZPO nach der 3,5-fachen Jahresprämie abzüglich des bei positiven Feststellungsklagen üblichen Abschlags von 20 % festzusetzen (Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 154/15, juris Rn. 2; vom - IV ZR 37/11, VersR 2012, 336 Rn. 3; vom - IV ZR 265/08, VersR 2011, 237 Rn. 2; vom - IV ZR 337/95, r+s 1996, 332 [juris Rn. 4]). Daraus ergibt sich hier ein Gegenstandswert von 2.736,72 € (Jahresprämien der Kläger und ihres Sohnes von zusammen 977,40 € x 3,5 x 0,8). Daneben sind geltend gemachte oder angekündigte, jedoch noch nicht rechtshängige Leistungsansprüche des Versicherungsnehmers mit Blick auf ihre noch ausstehende Klärung zu 50 % in die Wertfestsetzung einzustellen (Senatsbeschluss vom - IV ZR 37/11, VersR 2012, 336 Rn. 4). Derartige Ansprüche haben die Kläger hier nicht angekündigt. Soweit die Beklagte geltend macht, zwischen den Parteien sei nicht der Fortbestand des Versicherungsvertrages, sondern lediglich der Inhalt des Vertrages streitig, würde dies wegen der hier nur geringfügigen Erhöhungen der Versicherungsprämien eher zu einem geringeren Streitwert führen. Im Übrigen sind inhaltliche Änderungen vereinbarter Versicherungsbedingungen wirtschaftlich ohnehin nur schwer zu bewerten und deshalb nicht zu berücksichtigen.
3Für die Bemessung der Beschwer ist es hierbei unerheblich, ob der Versicherungsnehmer Feststellung des Fortbestandes seines Kranken- oder Pflegeversicherungsvertrages begehrt oder sich der Versicherer gegen ein solches Fortsetzungsbegehren wendet. Es geht in beiden Fällen um eine pauschalisierte Festsetzung des Streitwerts gemäß §§ 3, 9 ZPO, die sowohl für den Versicherungsnehmer als auch für den Versicherer unabhängig davon erfolgt, welche weiteren wirtschaftlichen Folgen sich aus dem Fortbestand oder der Beendigung des Krankenversicherungsvertrages ergeben. Infolgedessen kommt es nicht darauf an, ob - wie die Beklagte mit ihrer Beschwerde geltend macht - bei einer Fortsetzung der drei Vertragsverhältnisse zu den ursprünglichen Bedingungen Sonderverwaltungskosten von über 65.000 € anfallen könnten. Unabhängig davon ist die Beklagte mit diesem Vorbringen bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie die maßgeblichen Tatsachen erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vorgebracht hat (, BauR 2013, 1483 Rn. 5 f. m.w.N.).
4Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats zum Streitwert und zur Beschwer in Verfahren nach dem Unterlassungsklagegesetz zurückgegriffen werden. In derartigen Fällen setzt der Senat nach bisheriger Rechtsprechung den Wert jeder angegriffenen Teilklausel mit 2.500 € an (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom - IV ZR 45/15, VersR 2016, 140 Rn. 3). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, da die Beklagte nicht auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Versicherungsbedingungen nach dem Unterlassungsklagegesetz in Anspruch genommen wird, sondern auf Feststellung in einem Individualrechtsstreit, dass geschlossene Verträge zu den ursprünglich genannten Bedingungen fortbestehen. In einem solchen Fall finden die §§ 3, 9 ZPO Anwendung.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:040919BIVZR40.19.0
Fundstelle(n):
TAAAH-33470