BFH Urteil v. - I R 20/16 BStBl 2020 II S. 674

Ertrag aus Währungskurssicherungsgeschäft erhöht steuerfreien Veräußerungsgewinn aus Anteilsverkauf

Leitsatz

Bei der Bemessung des nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns aus einem in Fremdwährung abgewickelten Anteilsverkauf ist der Ertrag aus einem Devisentermingeschäft, das der Veräußerer vor der Veräußerung zum Zweck der Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf den Veräußerungserlös abgeschlossen hat, als Bestandteil des Veräußerungspreises i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen (Abgrenzung zum , BFH/NV 2008, 1658). [1]

Gesetze: KStG § 8b Abs. 2 Satz 1 und 2

Instanzenzug: ,

Tatbestand

1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, ist aufgrund Verschmelzung zum Rechtsnachfolgerin ihrer früheren Tochtergesellschaft, der X-AG. Die X-AG kaufte mit Vertrag vom auf US-Dollar-Basis Anteile an der Y-Inc., einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft. Das Eigentum an den an der New Yorker Börse gehandelten Anteilen ging am auf die X-AG über. Zwischen dem 18.06. und dem schloss die X-AG mit einer Bank mehrere Devisentermingeschäfte zur Kurssicherung ab. Nach Angabe der Klägerin beabsichtigte die X-AG bereits zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs, die erworbenen Anteile wieder zu veräußern. In ihrer Handels- sowie in ihrer Steuerbilanz behandelte die X-AG das Grundgeschäft (Aktienbestand) und das jeweilige Sicherungsgeschäft als Bewertungseinheit.

2 In den Jahren 2004 und 2005 (Streitjahre) veräußerte die X-AG die Y-Inc.-Anteile in mehreren Tranchen. Aus den Anteilsveräußerungen des Jahres 2004 erzielte die Klägerin einen Buchgewinn in Höhe von ... €, während sich aus jenen des Jahres 2005 ein Buchverlust in Höhe von ... € ergab. Die im Jahr 2002 abgeschlossenen und zwischenzeitlich mehrmals verlängerten (revolvierenden) Kurssicherungsgeschäfte ermöglichten es der X-AG, den in US-Dollar vereinnahmten Kaufpreis zu den in den Devisentermingeschäften vorab festgelegten Umtauschkursen in Euro zu tauschen. Hierbei realisierte die X-AG jeweils Kursgewinne, die sich in zusätzlichen Erträgen in Höhe von ... € (2004) und ... € (2005) niederschlugen.

3 In ihren handelsrechtlichen Jahresabschlüssen der Streitjahre wies die X-AG den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile unter Einbeziehung der Ergebnisse (Kursgewinne) aus den Devisentermingeschäften („brutto“) aus. In ihren Steuererklärungen behandelte sie diese Gesamtgewinne als nach § 8b Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) steuerfrei und setzte nach Maßgabe von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG einen Anteil von 5 % dieser Gesamtgewinne als nichtabziehbare Betriebsausgaben an.

4 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) kam nach einer Außenprüfung zu der Auffassung, dass die X-AG Veräußerungskosten im Betrag von ... € (2004) bzw. ... € (2005) zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Der Gewinn aus der Veräußerung der Y-Inc.-Anteile im Jahr 2004 mindere sich deshalb entsprechend auf ... €; der im Jahr 2005 erzielte Verlust erhöhe sich auf ... €. Diese Feststellung ist mittlerweile zwischen den Beteiligten nicht mehr im Streit. Ferner beanstandete das FA die Einbeziehung der Erträge aus den Sicherungsgeschäften in die Ermittlung der nach § 8b Abs. 2 KStG freigestellten Veräußerungsgewinne. Das Ergebnis von Kurssicherungsgeschäften, die der Absicherung des Kaufpreises im Zusammenhang mit der Veräußerung von in Fremdwährung notierten Aktien dienten, sei nach der zu § 17 des Einkommensteuergesetzes ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH— (Urteil vom IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658) bei der Bestimmung des Veräußerungsgewinns nicht zu berücksichtigen. Grund- und Sicherungsgeschäft seien deshalb im Streitfall als Einzelgeschäfte zu betrachten; die aus den Kurssicherungsgeschäften erzielten Erträge seien nicht nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG begünstigt. Das FA erließ für die Streitjahre entsprechend geänderte Bescheide über die Festsetzung der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbeträge.

5 Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg; das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat sie mit Urteil vom  - 11 K 12212/13 (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2016, 1629) als unbegründet abgewiesen.

6 Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin.

7 Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide dahin zu ändern, dass das Einkommen bzw. der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 2004 um ... € und für 2005 um ... € gemindert werden.

8 Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9 Während des Revisionsverfahrens ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es unterstützt in der Sache die Auffassung des FA, stellt aber keinen förmlichen Antrag.

Gründe

10 II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Erträge der X-AG aus den Devisentermingeschäften sind bei der Berechnung des nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der Y-Inc.-Anteile zu berücksichtigen, wenn und soweit die Devisentermingeschäfte —gemäß dem Vorbringen der Klägerin— tatsächlich zur Abwendung des Währungskursrisikos in Bezug auf die zu erwartenden Verkaufserlöse abgeschlossen und deshalb hierdurch veranlasst gewesen sind. Ob diese Voraussetzung im anhängigen Fall gegeben ist, kann anhand der im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

11 1. Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens u.a. Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) gehören, außer Ansatz. Der Steuerbilanzgewinn ist daher im entsprechenden Umfang —außerbilanziell— zu kürzen. Veräußerungsgewinn i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG ist nach der Definition des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert). Nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG gelten jedoch 5 % des Veräußerungsgewinns als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil stehen, sind bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG). Für die Ermittlung des Gewerbeertrags sind die Regelungen des § 8b KStG ebenfalls anzuwenden (§ 7 Satz 4 Halbsatz 2 des Gewerbesteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung).

12 2. Auch wenn das FG keine ausdrücklichen Feststellungen hierzu getroffen hat, ist davon auszugehen, dass es sich bei der börsennotierten US-amerikanischen Y-Inc. um eine mit einer deutschen AG vergleichbare Kapitalgesellschaft gehandelt hat, deren Leistungen bei der X-AG zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG geführt haben. Sonach sind die von der X-AG erzielten Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf der Anteile an der Y-Inc. nach Maßgabe des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfrei und unterliegen zu einem Anteil von 5 % dem pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG.

13 Spiegelbildlich hierzu wären Gewinnminderungen im Zusammenhang mit den Anteilen an der Y-Inc. nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG steuerlich nicht zu berücksichtigen. Um steuerlich unbeachtliche Gewinnminderungen in diesem Sinne —und nicht um einen „negativen Veräußerungsgewinn“ i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG— handelt es sich, wenn sich bei der Berechnung des Veräußerungsergebnisses nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG ein Veräußerungsverlust ergibt (Senatsurteil vom  - I R 79/09, BFHE 231, 529, BStBl II 2014, 943, Rz 30).

14 3. Bei der Ermittlung des Veräußerungsergebnisses nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG sind im Falle von Fremdwährungsgeschäften zur Bestimmung der Anschaffungskosten und des Veräußerungspreises die erhaltenen und die gezahlten Fremdwährungsbeträge nach den zu den jeweiligen Realisierungszeitpunkten geltenden Umrechnungskurs in Euro umzurechnen (vgl. Senatsurteil vom  - I R 63/15, BFHE 256, 11, BStBl II 2017, 357). Wechselkursänderungen im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung erhöhen oder vermindern daher den nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn sowie die außer Ansatz bleibende Gewinnminderung nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

15 4. All dies hat die Vorinstanz zutreffend erkannt und steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Unterschiedliche Auffassungen bestehen jedoch darüber, ob bei der Bemessung des steuerfreien Veräußerungsergebnisses die von der X-AG erzielten Erträge aus den Devisentermingeschäften erhöhend zu berücksichtigen sind. FA und FG lehnen dies auch für den Fall ab, dass die Devisentermingeschäfte entsprechend dem Vorbringen der Klägerin ausschließlich den Zweck gehabt haben sollten —und hierzu auch geeignet waren—, das konkrete Währungskursrisiko in Bezug auf den von der Klägerin erwarteten Veräußerungserlös aus der beabsichtigten Wiederveräußerung der Anteile an der Y-Inc. auszuschließen oder zu vermindern. Dem ist nicht zu folgen.

16 a) Zu Recht hat das FG es allerdings abgelehnt, eine Einbeziehung des Ertrags aus den Devisentermingeschäften in das nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG zu ermittelnde (steuerfreie) Veräußerungsergebnis daraus abzuleiten, dass die X-AG in ihren Handels- und Steuerbilanzen den Aktienbestand und die Sicherungsgeschäfte als Bewertungseinheiten erfasst hat.

17 aa) Auf die mit dem Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom (BGBl I 2006, 1095, BStBl I 2006, 353) in das Gesetz eingefügte Bestimmung des § 5 Abs. 1a EStG (n.F.), der zufolge die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind, kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom  - I R 83/13, BFHE 253, 104, BStBl II 2016, 831) auf den Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten —mithin auch für die Streitjahre— nicht rückwirkend anzuwenden ist. Nach dem erwähnten Senatsurteil gilt Entsprechendes für die (erst) mit dem Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) vom (BGBl I 2009, 1102, BStBl I 2009, 650) kodifizierte Bestimmung des § 254 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zur Bildung von Bewertungseinheiten in der Handelsbilanz; § 254 HGB bewirkt auch nicht, dass die dort niedergelegten Regeln zur Bewertungseinheit rückwirkend für die Vergangenheit als handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) zu gelten hätten und somit über § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz beachtlich wären.

18 bb) Inwiefern auch schon in der Zeit vor dem Inkrafttreten der oben genannten Vorschriften Raum für die Anerkennung von Bewertungseinheiten in der handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlung bestand (dazu wiederum Senatsurteil in BFHE 253, 104, BStBl II 2016, 831; s.a. Christiansen, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2003, 264; Meinert, DStR 2017, 1401), kann für die Entscheidung des Streitfalls offen bleiben. Denn selbst wenn dies der Fall und die von der X-AG gebildete Bewertungseinheit danach steuerbilanziell anzuerkennen gewesen wäre, würde diese Bewertungseinheit nichts daran ändern, dass die Regelungen des § 8b Abs. 2 KStG jeweils isoliert auf die in die Bewertungseinheit einbezogenen Wirtschaftsgüter anzuwenden sind.

19 aaa) Welchen Einfluss eine steuerbilanziell anzuerkennende Bewertungseinheit bei Beendigung der Bewertungseinheit durch Erfüllung des Grund- und des Sicherungsgeschäfts (hier: durch Veräußerung der Aktien und Ausführung der Devisentermingeschäfte) auf die steuerliche Gewinn- bzw. Einkommensermittlung hat, wird unterschiedlich beurteilt. Nach Auffassung der Vorinstanz, des , EFG 2012, 1496), der Finanzverwaltung ( Der Betrieb 2010, 2024; , DStR 2012, 1389) und eines Teils der Literatur (Drüen in Großkomm HGB, 5. Aufl., § 254 Rz 13, 26; Blümich/Krumm, § 5 EStG Rz 239; Meinert, DStR 2017, 1447, 1451 f.; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 287; Herzig/Briesemeister, Die Unternehmensbesteuerung —Ubg— 2009, 157, 160, jeweils zu § 5 Abs. 1a EStG n.F.) hat die bilanzielle Bewertungseinheit Bedeutung lediglich für die Bewertung der Wirtschaftsgüter. Würden Verluste und Gewinne tatsächlich realisiert, seien diese Vorgänge nicht mehr unter Bewertungs-, sondern unter Realisationsgesichtspunkten zu beurteilen. Außerdem seien vom Regelungsbereich der Bewertungseinheiten die Gewinnermittlung, die Einkommensermittlung und die Verlustverrechnung, insbesondere auch § 8b KStG, strikt zu trennen, da diese Regelungen auf tatsächliche Betriebsvermögensmehrungen und -minderungen abstellten.

20 Andere halten es für sachgerecht und geboten, § 8b Abs. 2 KStG nicht auf die einzelnen Elemente der Bewertungseinheit, sondern auf deren Ergebnis im Ganzen anzuwenden (z.B. Hahne, Steuern und Bilanzen 2008, 181, 184 ff.; Glaser/Kahle, Ubg 2015, 113, 117; Hick in Hermann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1738; Teiche, DStR 2014, 1737, 1739, wiederum jeweils zu § 5 Abs. 1a EStG n.F.).

21 bbb) Der Senat hält —jedenfalls für die Zeit vor Geltung des § 5 Abs. 1a EStG n.F.— die erstgenannte Auffassung für zutreffend. Die über § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblichen handelsrechtlichen GoB haben vor Geltung des § 254 HGB die Bildung von Bewertungseinheiten nur erlaubt, wenn die strikte Befolgung des Einzelbewertungsgrundsatzes (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) i.V.m. dem Imparitätsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB dazu führen würde, dass ein den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens widersprechendes Bild entsteht (Senatsurteil in BFHE 253, 104, BStBl II 2016, 831). Insofern erschöpfen sich Bedeutung und Wirkung der Bewertungseinheit darin, dass für Zwecke des Betriebsvermögensvergleichs während des fortdauernden Risikoausschlusses zwischen noch nicht realisiertem Grundgeschäft und ebenfalls noch schwebendem Sicherungsgeschäft die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze (insbesondere der Einzelbewertungsgrundsatz sowie das Realisations- und Imparitätsprinzip) suspendiert werden (vgl. Drüen in Großkomm HGB, 5. Aufl., § 254 Rz 12). Ist jedoch der Sicherungsverbund aufgrund der Realisierung des Grund- und/oder des Sicherungsgeschäfts beendet, entfällt damit zugleich der Grund für den Verzicht auf die imparitätische Bewertung (vgl. Drüen in Großkomm HGB, 5. Aufl., § 254 Rz 13; Meinert, DStR 2017, 1447, 1452; Blümich/ Krumm, § 5 EStG Rz 239). Dafür, dass die Bewertungseinheit über die zeitweilige Suspendierung des bilanzrechtlichen Imparitätsgrundsatzes hinaus auch auf die Ermittlung des steuerlichen Veräußerungsgewinns im Rahmen des § 8b Abs. 2 KStG —mithin auf die Ebene der außerbilanziellen Korrektur des Steuerbilanzgewinns— einwirken könnte, bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.V.m. den handelsrechtlichen GoB) nicht gesehen werden kann.

22 b) Die Erträge aus den Währungskurssicherungsgeschäften wären jedoch dann, wenn sie durch die Anteilsverkäufe veranlasst worden wären und diesen konkret zugeordnet werden könnten, bei der Ermittlung des Veräußerungsergebnisses i.S. von § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG als Teil des Veräußerungspreises zu berücksichtigen.

23 aa) Allerdings sind Devisengeschäfte, mit denen der Veräußerer den Anteilskaufpreis absichert, nach dem Urteil des IX. Senats des BFH in BFH/NV 2008, 1658, auf das sich die Vorinstanz bezogen hat, im Rahmen der Bemessung des Veräußerungspreises nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG „irrelevant“. Der erkennende Senat hat Zweifel, ob er dieser Aussage im Anwendungsbereich des § 17 EStG folgen würde. Denn ein auf die Absicherung des Fremdwährungskaufpreises eines bestimmten Veräußerungsgeschäfts gerichtetes Währungssicherungsgeschäft dient aus Sicht des Veräußerers letztlich dazu, den inländischen Gegenwert des Veräußerungspreises durch Herausnahme des Währungskursrisikos zu fixieren. Der Umstand, dass das Sicherungsgeschäft nicht mit dem Vertragspartner des Veräußerungsgeschäfts, sondern mit einem unabhängigen Dritten abgeschlossen worden ist, würde eine Berücksichtigung eines Ertrags aus dem Sicherungsgeschäft als Bestandteil des Veräußerungspreises nicht hindern, da nach der Rechtsprechung auch die Zahlung eines Dritten Bestandteil des Veräußerungspreises sein kann, und zwar selbst dann, wenn sie nicht auf Veranlassung des Erwerbers geschieht (s. , BFH/NV 2009, 9).

24 bb) Eine abschließende Entscheidung dieser Problematik für den Anwendungsbereich des § 17 EStG —bzw. eine Divergenzanfrage an den IX. Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO— ist jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht veranlasst. Denn unabhängig davon ist jedenfalls § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dahin auszulegen, dass der Ertrag aus einem Währungskurssicherungsgeschäft bei der Berechnung des steuerfreien Veräußerungsgewinns als Bestandteil des Veräußerungspreises zu berücksichtigen sein kann. Das folgt daraus, dass Verluste aus Währungskurssicherungsgeschäften als Bestandteil der Veräußerungskosten den Veräußerungsgewinn mindern könnten (unten aaa); dann müssen im Rahmen des § 8b Abs. 2 KStG aber auch Gewinne aus diesen Geschäften gewinnerhöhend berücksichtigt werden können (unten bbb).

25 aaa) Verluste aus Devisentermingeschäften, die ausschließlich zum Ausschluss bzw. zur Minderung des Währungskursrisikos einer konkret geplanten, in Fremdwährung abzuwickelnden Anteilsveräußerung abgeschlossen worden sind, mindern als Bestandteil der Veräußerungskosten i.S. von § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG den Veräußerungsgewinn.

26 (1) Als Veräußerungskosten i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG sind nach der Senatsrechtsprechung Aufwendungen anzusehen, die in einem Veranlassungszusammenhang mit der Veräußerung stehen. Abzustellen ist auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn (Senatsurteil vom  - I R 52/12, BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861). Dies entspricht der zwischenzeitlich ständigen Rechtsprechung zum Begriff der Veräußerungskosten in § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG (Senatsurteil vom  - I R 14/12, BFH/NV 2013, 1768; , BFHE 227, 481, BStBl II 2010, 736; vom  - VIII R 55/97, BFHE 191, 111, BStBl II 2000, 458) und zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG (, BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265; Senatsurteil in BFH/NV 2013, 1768; s.a. BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 1658; vom  - IX R 15/10, BFHE 233, 100, BStBl II 2011, 684).

27 (2) Unter Zugrundelegung dieser Kriterien handelt es sich —entgegen der Auffassung des FG— bei Verlusten eines Anteilsverkäufers aus gegenläufigen Devisentermingeschäften, die dieser vor dem Verkauf mit dem ausschließlichen Zweck abgeschlossen hat, den erwarteten Verkaufserlös gegen Währungskursrisiken abzusichern, um Veräußerungskosten. Das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Verluste ist in der geplanten Veräußerung zu sehen, deren Erlös der Steuerpflichtige unbeeinflusst von Währungskursschwankungen zu vereinnahmen trachtet. Die Verluste weisen daher eine größere Nähe zur Veräußerung auf als zum laufenden Gewinn. Entsprechendes hat der Senat bereits zu Verlusten aus Sicherungsgeschäften mit Aktienzertifikaten entschieden (Senatsurteil in BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861). Soweit er dort zur Abgrenzung von dem Urteil des IX. Senats des BFH in BFH/NV 2008, 1658 ausgeführt hat, die Zertifikategeschäfte seien mit Kurssicherungsgeschäften in Form von Devisentermingeschäften nicht vergleichbar, wird daran nicht festgehalten. Auch in anderen Zusammenhängen hat der BFH Veräußerungen und Währungskurssicherungsgeschäfte als wirtschaftliche Einheiten gewertet (s. Senatsurteil vom  - I R 103/10, BFHE 234, 174, BStBl II 2012, 115, zur Berücksichtigung eines Währungstermingeschäfts im Rahmen der Ermittlung der ausländischen Einkünfte nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG; , juris, zum Gewinn aus dem Rückkauf einer Fremdwährungsanlage zu einem im Anlagezeitpunkt festgelegten, von der tatsächlichen Kursentwicklung unabhängigen Kurs).

28 Der beschriebene Veranlassungszusammenhang lässt sich auch aus der Bestimmung des § 15 Abs. 4 Satz 2 ff. EStG ableiten. § 15 Abs. 4 Satz 2 EStG bestimmt, dass Verluste aus Termingeschäften —zu denen auch Devisentermingeschäfte gehören (s. Senatsurteil vom  - I R 25/14, BFHE 254, 326, BStBl II 2018, 124)—, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden dürfen. Dieses Verlustausgleichs- und -abzugsverbot gilt aber gemäß § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG u.a. dann nicht, wenn die Termingeschäfte der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen. Erst der Sicherungszweck des Termingeschäfts und der Zusammenhang mit dem abgesicherten Grundgeschäft führen demnach dazu, dass der Verlust aus dem Termingeschäft überhaupt steuerlich voll berücksichtigungsfähig ist.

29 Soweit die Devisentermingeschäfte nach Auffassung des FG —im Unterschied zu den Sicherungsgeschäften mit Aktienzertifikaten— auch unabhängig vom Aktiengeschäft „einen Sinn“ ergeben, blendet es aus, dass auf Differenzausgleich gerichtete Devisentermingeschäfte, die nicht der Sicherung eines gegenläufigen Grundgeschäfts dienen, wirtschaftlich nichts anderes als Wettgeschäfte sind (s. z.B. den Fall des Senatsurteils in BFHE 254, 326, BStBl II 2018, 124) und aus diesem Grund vom Gesetz (§ 15 Abs. 4 Satz 3 EStG) mit den zuvor beschriebenen steuerlichen Verlustausgleichs- und Verlustabzugsbeschränkungen sanktioniert werden.

30 bbb) Können sonach im Rahmen des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG Verluste aus Kurssicherungsgeschäften auf die Höhe des steuerfreien Veräußerungsgewinns einwirken, muss Entsprechendes auch für Erträge aus Sicherungsgeschäften gelten.

31 (1) Dafür spricht zunächst, dass § 8b Abs. 2 KStG ersichtlich auf eine „symmetrische“ Freistellung von Veräußerungsgewinnen (Abs. 2 Satz 1) einerseits und Wertminderungen im Zusammenhang mit dem Anteil (Abs. 3 Satz 3) andererseits ausgerichtet ist. Dieser gesetzgeberischen Intention würde eine unterschiedliche Behandlung von Verlusten und Gewinnen aus Währungskurssicherungsgeschäften zuwiderlaufen.

32 (2) Darüber hinaus ist dieses Normverständnis auch aus unionsrechtlichen Gründen geboten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union —früher: Europäischer Gerichtshof— (EuGH) steht die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit (Art. 43 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte —EG—, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002, Nr. C 325,1, jetzt Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —AEUV—, Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach der bei der Festsetzung der nationalen Besteuerungsgrundlage die Berücksichtigung eines Wechselkursverlusts eines in diesem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens aus der Rückführung des Dotationskapitals, das es seiner in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte gewährt hatte, ausgeschlossen ist (EuGH-Urteil Deutsche Shell vom  - C-293/06, EU:C:2008:129, BStBl II 2009, 976). Mit dem Urteil X vom  - C-686/13 (EU:C:2015:375, Internationales Steuerrecht 2015, 557) hat der EuGH diese Rechtsprechung dahin eingeschränkt, dass ein Mitgliedstaat, der nach seinem Steuerrecht sowohl die Gewinne aus Beteiligungen an einer Tochtergesellschaft von der Körperschaftsteuer befreit als auch den Abzug der hiermit zusammenhängenden Verluste generell ausschließt, zur Gewährungsleistung der Grundfreiheiten des Unionsrechts nicht verpflichtet ist, Wechselkursverluste aus der Veräußerung von solchen Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften bei der inländischen Körperschaftsteuer zum Abzug zuzulassen.

33 Die Nichtberücksichtigung umrechnungsbedingter Wechselkursverluste bei der Veräußerung von Anteilen hält der EuGH unter dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit demnach (nur dann) für gerechtfertigt, wenn spiegelbildlich auch Wechselkursgewinne steuerfrei sind. Unionsrechtlich geboten ist mithin eine „symmetrische“ Handhabung von Wechselkurverlusten und -gewinnen (s. hierzu , BFHE 253, 5, BStBl II 2016, 927; in BFHE 256, 11, BStBl II 2017, 357).

34 Diese zur Niederlassungsfreiheit ergangene EuGH-Rechtsprechung kann auf die nach Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) auch im Kapitalverkehr mit Drittstaaten (wie hier die USA) gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit übertragen werden. Der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ist eröffnet, weil § 8b Abs. 2 KStG unabhängig von der Beteiligungsquote Anwendung findet und währungsbedingte Wertunterschiede typischerweise im unmittelbaren oder mittelbaren grenzüberschreitenden Zusammenhang (hier: Veräußerung von an einer ausländischen Börse gehandelten Aktien über eine ausländische Bank) auftreten, nicht dagegen im reinen Inlandsfall. Eine „asymmetrische“ Einbeziehung nur von Verlusten aus zur Währungskurssicherung abgeschlossenen Geschäften, nicht aber von spiegelbildlichen Gewinnen in die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG würde die Kapitalverkehrsfreiheit beschränken, weil sie einen potentiellen Anleger davon abhalten könnte, in ausländische Beteiligungen zu investieren.

35 5. Das angefochtene Urteil beruht auf einer abweichenden Rechtsauffassung. Es ist daher aufzuheben. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat die von Beginn an bestehende Absicht der X-AG zur Wiederveräußerung der Y-Inc.-Anteile und den auf den Ausschluss des Währungskursrisikos hinsichtlich der erwarteten Verkaufserlöse abgestimmten Sicherungszweck der Devisentermingeschäfte als Vortrag der Klägerin wiedergegeben, hat hierzu jedoch —von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent— keine hinreichenden eigenen Feststellungen getroffen. Dies ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Das FG wird dabei zu beachten haben, dass der erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft in der hier vorliegenden Konstellation eines „antizipativen“ Sicherungsgeschäfts (s. Teiche, DStR 2014, 1737, 1740) nur gegeben wäre, wenn der Zweck der Devisentermingeschäfte aus Sicht der X-AG ausschließlich auf Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf die konkret erwarteten Veräußerungserlöse ausgerichtet war („Micro Hedges“); unspezifische globale Absicherungen für Währungskursrisiken einer Vielzahl von Grundgeschäften („Macro"- oder „Portfolio Hedges“) sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen.

36 6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:U.100419.IR20.16.0

Fundstelle(n):
BStBl 2020 II Seite 674
AG 2020 S. 99 Nr. 3
BB 2019 S. 2862 Nr. 48
BFH/NV 2019 S. 1436 Nr. 12
BFH/PR 2020 S. 16 Nr. 1
BStBl II 2020 S. 674 Nr. 16
DB 2019 S. 2445 Nr. 44
DStRE 2019 S. 1362 Nr. 21
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IStR 2019 S. 971 Nr. 24
IWB-Kurznachricht Nr. 20/2019 S. 794
KÖSDI 2019 S. 21463 Nr. 11
KÖSDI 2020 S. 22023 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2019 S. 3193
RIW 2019 S. 852 Nr. 12
StB 2019 S. 363 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2019 S. 835
OAAAH-32692