Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - beabsichtigte Entschädigungsklage wegen überlanger Verfahrensdauer - Beschwerde gegen eine die Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung - Anfall von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren
Gesetze: § 197a Abs 1 Halbs 1 Alt 2 SGG, § 183 S 6 SGG, § 73a SGG, § 202 S 2 SGG, § 198 GVG, § 1 Abs 2 Nr 3 GKG 2004, § 3 Abs 2 GKG 2004, Nr 7504 GKVerz
Instanzenzug: Az: B 10 ÜG 21/18 S Beschluss
Gründe
1I. Der 10. Senat des (B 10 ÜG 21/18 S) eine Beschwerde des Antragstellers und hiesigen Erinnerungsführers zum BSG, die gegen einen Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Entschädigungsklage versagenden EK SO) gerichtet war, als unzulässig - weil nicht statthaft - verworfen. Zudem hat der 10. Senat den Antrag auf Bewilligung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG wegen fehlender Erfolgsaussicht dieses nicht statthaften Verfahrens abgelehnt. Außerdem wurde in dem Beschluss vom entschieden, dass der Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG zu tragen hat.
2Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des BSG hat in der Schlusskostenrechnung vom die vom Antragsteller (Erinnerungsführer) zu tragenden Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG (B 10 ÜG 21/18 S) gemäß Nr 7504 des Kostenverzeichnisses (KV - Anlage 1 zu § 3 Abs 2 GKG) auf 60 Euro festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer in seinem Schreiben vom . Er macht geltend, die Kostenforderung sei rechtsfehlerhaft, weil im Falle der Verweigerung von PKH Gerichtskosten nicht erhoben werden dürften. Das gebiete schon die Einheitlichkeit der Rechtsprechung. In dem von ihm zeitgleich betriebenen Verfahren B 8 SO 63/18 B habe der 8. Senat des entschieden, dass die Bewilligung von PKH für ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren abgelehnt und die Beschwerde als unzulässig verworfen werde, aber Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten seien.
3Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Kostenprüfungsbeamte ist dieser Entscheidung am beigetreten.
4II. 1. Zur Entscheidung über die Erinnerung ist der 6. Senat des BSG als Kostensenat gemäß § 66 Abs 1 S 1 GKG iVm RdNr 6 Ziffer 2 des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2019 berufen. Er entscheidet durch den zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter (§ 66 Abs 6 S 1 iVm § 1 Abs 5 GKG).
52. Die Erinnerung ist formgerecht erhoben. Abweichend von dem für Verfahren vor dem BSG ansonsten geltenden Vertretungszwang (§ 73 Abs 4 SGG) bedarf es für eine Kostenerinnerung nach der Sondervorschrift in § 66 Abs 5 S 1 GKG keiner Vertretung durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (s auch § 1 Abs 5 GKG).
63. Die Erinnerung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG auf 60 Euro zulasten des Erinnerungsführers ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
7a) Rechtsgrundlage für die festgesetzte Verfahrensgebühr ist § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 1 Abs 2 Nr 3, § 3 Abs 2 GKG und Nr 7504 KV.
8aa) Gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 Alt 2 SGG werden auch in Verfahren vor den Sozialgerichten, die wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens betrieben werden, Gerichtskosten nach den Vorschriften des GKG erhoben. Die ansonsten für Versicherte und Leistungsempfänger in sozialgerichtlichen Verfahren geltende Kostenfreiheit ist bei einem solchen Streitgegenstand nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich ausgeschlossen (§ 183 S 6 SGG - s dazu BT-Drucks 17/3802 S 29 - zu Artikel 6: "Auch in den Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Rahmen des Rechtsschutzes wegen überlanger Gerichtsverfahren sollen in jedem Fall die üblichen Gebühren erhoben werden."). Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die soziale Schutzbedürftigkeit von Personen, die unmittelbar Sozialleistungen gerichtlich geltend machen, deutlich höher ist als von Personen, die Geldentschädigung wegen eines vermeintlich überlagen sozialgerichtlichen Verfahrens verlangen (vgl B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 19). Außerdem soll offenkundig eine weitere Belastung der Sozialgerichtsbarkeit - mit der Folge zusätzlicher Verzögerung bereits anhängiger Verfahren um Sozialleistungen - vermieden werden, die auf der Hand läge, wenn Streitigkeiten wegen überlanger Verfahrensdauer ohne jedes Kostenrisiko geführt werden könnten, aber - auf Kosten der Gemeinschaft der Steuerzahler - doch mit einer gewissen Chance, Gewinn zu machen.
9bb) Nach Nr 7504 KV ist für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Teil 7 des KV) über eine nicht besonders aufgeführte Beschwerde, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei ist, eine vom Streitwert des Verfahrens unabhängige Festgebühr von 60 Euro zu erheben, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Der Verwerfungsbeschluss des 10. Senats vom hatte eine solche Beschwerde im Rahmen eines Verfahrens wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens zum Gegenstand. Die Beschwerde zum BSG war nicht etwa deshalb "nach anderen Vorschriften gebührenfrei", weil der Antragsteller und Erinnerungsführer sie im Rahmen eines PKH-Bewilligungsverfahrens (dh gegen einen PKH versagenden Beschluss des LSG) erhob. Das PKH-Bewilligungsverfahren ist in Verfahren, für die - wie hier gemäß § 183 S 6 iVm § 197a Abs 1 S 1 SGG - Kosten nach dem GKG zu erheben sind, nur im ersten Rechtszug gerichtskostenfrei. Für einen weiteren, auf eine Beschwerde hin eingeleiteten Rechtszug fallen hingegen Gerichtsgebühren an (vgl Nr 1812, 5502, 6502, 7504 KV; s hierzu Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 3. Aufl 2014, KV GKG 7500-7504 RdNr 3; Geimer in Zöller, ZPO, 32. Aufl 2018, § 127 RdNr 53; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Aufl 2016, RdNr 236 f, 1092; ebenso ua - Juris RdNr 4; - RdNr 8).
10b) Im Verfahren der Erinnerung über den Kostenansatz ist die Kostengrundentscheidung in dem genannten Beschluss des 10. Senats, welche den Antragsteller (Erinnerungsführer) auf der Grundlage des § 197a Abs 1 S 1 SGG zum Kostenschuldner bestimmt hat (§ 29 Nr 1 GKG), grundsätzlich verbindlich und nicht nachzuprüfen (vgl - Juris RdNr 2 mwN). Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts (§ 21 Abs 1 S 1 GKG) sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich die von der Handhabung des 8. Senats (Beschluss B 8 SO 63/18 B vom ) abweichende Kostenentscheidung im Beschluss des 10. Senats vom (B 10 ÜG 21/18 S) allein daraus, dass das Gesetz die Rechtsgrundlagen für die Kostenentscheidung in den jeweiligen Verfahren unterschiedlich ausgestaltet hat (s oben unter a) aa)). Ebenso wenig ist eine unverschuldete Unkenntnis des Erinnerungsführers (Antragstellers) über die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (§ 21 Abs 1 S 3 GKG) erkennbar, zumal dieser bereits im Mai 2018 das vorangegangene Verfahren B 10 ÜG 12/18 S betrieben hatte.
114. Die Kostenentscheidung für das Verfahren der Erinnerung beruht auf § 66 Abs 8 GKG. Danach besteht für die vom Erinnerungsführer geforderte "Aufwandentschädigung für aufgezwungenen Schriftsatz" in Höhe von 10 Euro keine Rechtsgrundlage. Der Erinnerungsführer hat auch nicht einmal das Porto für sein Schreiben vom selbst bezahlt, sondern vielmehr das SG Berlin als Versender kostenfrei in Anspruch genommen.
125. Gegen diese Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel statthaft (§ 66 Abs 3 S 2 und 3 GKG - s hierzu - BFH/NV 2016, 1302 RdNr 10).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2019:180619BB6SF919S0
Fundstelle(n):
DAAAH-32327