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BVerfG Urteil v. - 2 BvQ 74/19

Ablehnung des Erlasses einer eA bei Verfristung der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache - Unstatthaftigkeit der weiteren Beschwerde (§ 310 StPO) gegen die Ablehnung des Erlasses eines Vorführungsbefehls (§ 134 StPO)

Gesetze: § 32 Abs 1 BVerfGG, § 93 Abs 1 S 1 BVerfGG, § 134 StPO, § 310 Abs 1 Nr 1 StPO

Instanzenzug: AG Tiergarten Az: (348 GS) 243 Js 643/16 (1322/19) Beschlussvorgehend AG Tiergarten Az: (348 BL) 243 Js 643/16 Beschlussvorgehend Az: 526 Qs 18/19 Beschlussvorgehend Az: 4 Ws 64/19 Beschluss

Gründe

1Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass die erhobene, aber im Hinblick auf eine Anhörungsrüge auf Wunsch des Antragstellers noch zurückgestellte Verfassungsbeschwerde nicht von vornherein unzulässig ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvQ 28/15 -; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvQ 29/15 -).

2Der Antragsteller hat die Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt. Jedenfalls die von ihm unter dem erhobene weitere Beschwerde zum Kammergericht war nicht geeignet, die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde offen zu halten. Sie gehörte nicht zum Rechtsweg, denn sie war aus Sicht einer verständigen Prozesspartei (vgl. BVerfGK 11, 203 <206>) von vornherein aussichtslos (vgl. BVerfGE 5, 17 <19>; 48, 341 <344>; BVerfGK 7, 115 <116>; 11, 203 <205 ff.>; 20, 300 <302 ff.>). Angesichts der Auslegung von § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO in Literatur und Rechtsprechung konnte der Antragsteller nicht davon ausgehen, gegen den Nichterlass des von der Staatsanwaltschaft Berlin am beantragten, gegen ihn gerichteten Vorführungsbefehls zur Vernehmung gemäß § 134 StPO durch das Amtsgericht Tiergarten nach der auf seine Beschwerde hin ergangenen Entscheidung des Landgerichts Berlin zulässigerweise eine weitere Beschwerde zum Kammergericht einlegen zu können.

3Die von dem Antragsteller im fachgerichtlichen Verfahren in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Vorschrift des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO wegen der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht restriktiv dahingehend ausgelegt werden darf, dass über eine zulässig erhobene weitere Beschwerde nach Aufhebung eines Haftbefehls nicht mehr entschieden werden muss (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2601/17 -, Rn. 36) ist hier nicht einschlägig. Sie führt erkennbar nicht dazu, dass der in § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO genannte Begriff der Verhaftung entgegen der einhelligen Ansicht in Literatur und Rechtsprechung so ausgelegt werden muss, dass er sich auch auf einen Vorführungsbefehl bezieht und zudem eine weitere Beschwerde durch die nicht unmittelbar beschwerte Partei ermöglicht werden muss.

4Ob die Ablehnung des Erlasses eines Vorführungsbefehls durch das Amtsgericht gegen eine aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht verstößt, muss vor diesem Hintergrund offen bleiben.

5Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2019:qk20190904.2bvq007419

Fundstelle(n):
QAAAH-30250