BSG Beschluss v. - B 13 R 290/18 B

(Sozialgerichtliches Verfahren - Erforderlichkeit der Einreichung einer aktuellen Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO im Rahmen eines Antrags auf Prozesskostenhilfe bei jedem prozessual selbstständigen Antragsverfahren)

Gesetze: § 73a Abs 1 SGG, § 117 Abs 2 ZPO, § 117 Abs 4 ZPO, PKHFV, PKHVV

Instanzenzug: SG Konstanz Az: S 7 R 1695/17 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 2 R 1724/18 Urteil

Gründe

1I. Der Kläger hat mit Schreiben vom , welches am beim BSG eingegangen ist, gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am zugestellten Beschwerde eingelegt und zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von PKH beantragt. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger am unterzeichnet. Sie ist am beim BSG eingegangen.

2II. 1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen.

3Voraussetzung der PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem durch die PKH-Formularverordnung vom (BGBl I 34) eingeführten Formular bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1, 3 und 4; BGH VersR 1981, 884; BFH/NV 1989, 802; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6). Letzteres ist hier nicht geschehen. Bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die am endete (§ 160a Abs 1 S 2, § 64 Abs 2, § 63 Abs 2 SGG), hat der Kläger zwar den Antrag gestellt, die erforderliche Erklärung jedoch nicht vorgelegt. Die Erklärung ist erst am , also nach dem Ablauf der Beschwerdefrist, beim BSG eingegangen.

4Das LSG hat den Kläger mit zutreffenden Erläuterungen zur PKH ausdrücklich darüber belehrt, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Es ist weder ersichtlich noch von dem Kläger dargetan, dass er hieran ohne eigenes Verschulden verhindert war.

5Der Hinweis des Klägers in der Beschwerdeschrift vom auf einen am gestellten Antrag ersetzt nicht die formgerechte Antragstellung für das aktuelle Rechtsschutzgesuch. Zum einen findet sich ein derartiger Antrag schon nicht in den Gerichtsakten. Dem Senat wäre es aufgrund der Angaben des Klägers daher nicht möglich gewesen, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu überprüfen. Zudem folgt aus dem Erfordernis des § 117 Abs 2 ZPO, dass die Erklärung dem Antrag auf PKH beizufügen ist, dass sich der Inhalt dieser Erklärung auf den Zeitpunkt der Antragstellung beziehen muss. Um dies zu gewährleisten, muss sich der Antragsteller grundsätzlich bei jedem - prozessual selbständigen - Antragsverfahren bei der Abgabe der Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO des gemäß § 117 Abs 4 ZPO durch die PKHVV eingeführten Formulars erneut bedienen. Von der Vorlage der Erklärung kann allenfalls abgesehen werden, wenn der Antragsteller auf eine bereits im vorausgegangenen Rechtszug abgegebene Erklärung Bezug nimmt und glaubhaft dartut, dass in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber den früheren Angaben eine Veränderung nicht eingetreten ist (vgl - Juris; IVb ZB 73/82 = NJW 1983, 2145).

6Dies ist hier nicht geschehen. Offensichtlich handelt es sich bei dem vom Kläger angegebenen Antrag vom schon nicht um einen solchen aus dem vorinstanzlichen Verfahren. Er ist - ausgehend von dem benannten Datum - vor dem Beginn des Berufungsverfahrens, also noch im erstinstanzlichen Verfahren gestellt worden. Denn die Berufungsschrift des Klägers datiert vom . Auch hat der Kläger nicht glaubhaft dargelegt, dass sich in seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nichts geändert habe. Dazu genügt die bloße Behauptung dessen nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier Leistungen nach dem SGB II bezogen werden, die zum einen grundsätzlich bei der Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl , NJW-RR 2008, 595; s auch B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 73a RdNr 6a) und die zum zweiten bei einer regelmäßig einjährigen Laufzeit (nach § 41 Abs 3 S 1 SGB II) zwischen dem benannten Antragsdatum und dem der Beschwerdeschrift vom zuständigen Leistungsträger neu hätten bewilligt worden sein müssen. Als bedürftigkeitsabhängige Leistung sind insoweit Änderungen nicht nur nicht auszuschließen, sondern auch wahrscheinlich.

7Vor dem SG Konstanz hat er zudem nach einem ersten ablehnenden Beschluss vom mit einem am unterschriebenen und am beim SG eingegangenen Formantrag erneut PKH begehrt. Ihm musste daher klar vor Augen gestanden haben, dass ein erneuter Antrag auch eine erneute Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedurfte. Hierauf ist der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren nochmals hingewiesen worden. Im PKH- wird ausgeführt, dass er sich für das Berufungsverfahren nicht auf den positiven (auf seinen zweiten Antrag hin) beziehen könne. Denn PKH sei für jeden Rechtszweig gesondert zu bewilligen.

82. Die Beschwerde des Klägers ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG). Die von dem Kläger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Hierauf hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ebenfalls hingewiesen.

93. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2019:060819BB13R29018B0

Fundstelle(n):
ZAAAH-30247