Merkblatt zum Antrag nach § 50d Einkommensteuergesetz (EStG) auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung und/oder Erstattung von deutscher Abzugsteuer aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder § 50g EStG bei Lizenzgebühren und ähnlichen Vergütungen
Ergänzend zum Merkblatt zur Entlastung von deutscher Abzugsteuer gemäß § 50a Abs. 4 EStG aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundesministeriums der Finanzen vom 7. Mai 2002, IV B 4 – S 2293 – 26/02, veröffentlicht im BStBl 2002 I S. 521 ff., gelten für die Entlastung (Freistellungsbescheid als Grundlage einer Erstattung oder Freistellungsbescheinigung) von deutscher Abzugsteuer nach § 50a Abs. 1 EStG die nachfolgenden Grundsätze.
1. Steuerpflicht nach dem EStG
1.1 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte im Sinne § 50a Abs. 1 EStG
Ausländische natürliche oder juristische Personen sind mit im Inland erzielten Einkünften im Sinne des § 50a Abs. 1 EStG beschränkt steuerpflichtig (§§ 1 Abs. 4 EStG und 2 KStG in Verbindung mit § 49 EStG). Die Steuer wird im Wege des Steuerabzugs erhoben.
Informationen sowie Formulare, Merkblätter etc. zum Steuerabzugsverfahren finden Sie hier.
1.2 Zuständigkeiten
Für die Entlastung von der Abzugsteuer im Sinne von § 50a Abs. 1 EStG aufgrund § 50g EStG oder aufgrund von DBA ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Finanzverwaltungsgesetz in Verbindung mit § 50d EStG) zuständig.
Für die Feststellung, ob eine beschränkte Steuerpflicht inländischer Einkünfte nach § 49 Abs. 1 EStG vorliegt und ob für diese Einkünfte Abzugsteuer gemäß § 50a Abs. 1 EStG einzubehalten und abzuführen ist, gelten folgende Zuständigkeiten:
Bei Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger bis zum zugeflossen sind, ist das Betriebsstättenfinanzamt des Vergütungsschuldners zuständig.
Bei Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger ab dem zufließen, ist das BZSt zuständig.
Bestehen begründete Zweifel hinsichtlich der beschränkten Einkommensteuerpflicht oder der Steuerabzugsverpflichtung, ist daher vor der Antragstellung eine entsprechende Klärung mit der für den Steuerabzug zuständigen Finanzbehörde herbeizuführen.
2. Einschränkungen des Besteuerungsrechts aufgrund DBA
2.1 Allgemeines
Für die Beurteilung der Frage, ob die dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte auch nach Maßgabe eines bestehenden DBA im Inland besteuert werden dürfen, sind dessen einschlägige Vorschriften zu beachten. Insbesondere wird hingewiesen auf die Einzelregelungen der DBA zu
nichtselbständiger Arbeit
selbständiger Arbeit
Lizenzgebühren und
Künstlern und Sportlern.
Im Rahmen dieses Merkblattes können nur allgemeine Grundsätze erläutert werden. Abweichende Regelungen in den einzelnen DBA sind möglich. Im Einzelfall ist der Text des jeweiligen DBA maßgebend.
Ist in einem DBA mit einem Staat, in dem der beschränkt Steuerpflichtige ansässig ist, festgelegt, dass die abzugspflichtigen Einkünfte nicht oder nur nach einem vom EStG abweichenden niedrigeren Steuersatz besteuert werden können, so darf der Schuldner der Vergütungen den Steuerabzug nur unterlassen oder nach dem niedrigeren Steuersatz vornehmen, wenn das BZSt eine entsprechende Bescheinigung erteilt hat (§ 50d Abs. 2 EStG). Einzelheiten hierzu vgl. Tz. 3.1 dieses Merkblattes.
Hinweis:
Beim BZSt ist ein besonderes Merkblatt über die Entlastung vom Steuerabzug bei Einkünften, die von Künstlern und Sportlern erzielt werden, erhältlich.
Informationen im Zusammenhang mit der Entlastung von der Abzugsteuer für Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union können über die Homepage des BZSt in der Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 03. Juni 2003 (zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom (ABL. EU Nr. L 141 S. 30)) nachgelesen werden.
2.2 Zuweisung des Besteuerungsrechts nach DBA
Lizenzgebühren und ähnliche Vergütungen werden als Gegenleistung für die Gestattung der Ausübung oder der Verwertung von Rechten gezahlt.
In Anlehnung an Art. 12 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) definieren die meisten DBA den Begriff der Lizenzgebühren wie folgt:
Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Urheberrechten an literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, einschließlich kinematographischer Filme, von Patenten, Marken, Mustern oder Modellen, Plänen, geheimen Formeln oder Verfahren oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen gezahlt werden.
Die DBA weisen das Besteuerungsrecht hinsichtlich Lizenzgebühren grundsätzlich dem Staat zu, in dem der Lizenzgeber ansässig ist. Allerdings gibt es auch DBA, die der Bundesrepublik Deutschland ein der Höhe nach begrenztes Besteuerungsrecht einräumen, vgl. Übersicht über das deutsche Besteuerungsrecht an Lizenzgebühren nach DBA.
Die Texte der derzeit geltenden DBA finden Sie hier.
3. Entlastungsverfahren
Die Entlastung vom deutschen Steuerabzug erfolgt entweder durch Erstattung der bereits abgeführten Steuerbeträge (§ 50d Abs. 1 EStG) oder – vor Zahlung der Vergütung an den Vergütungsgläubiger– durch Erteilung einer Freistellungsbescheinigung (§ 50d Abs. 2 EStG).
Antragsvordrucke werden auf der Homepage des BZSt unter www.bzst.de bereitgestellt.
3.1 Freistellungsverfahren im Sinne von § 50d Abs. 2 EStG (Freistellungsbescheinigung)
Auf Antrag wird die volle oder teilweise Freistellung vom Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG bescheinigt. Das Verfahren zur Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ist in
§ 50d Abs. 2 EStG geregelt. Folgendes ist zu beachten:
Die Freistellungsbescheinigung wird nur auf schriftlichen Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erteilt.
Der Antrag ist vom Vergütungsgläubiger zu stellen. Er kann auch von einem Dritten (z.B. vom Vergütungsschuldner) gestellt werden, wenn der Gläubiger ihn hierzu schriftlich bevollmächtigt hat und die Vollmacht dem BZSt vorgelegt wird.
Die Geltungsdauer der Freistellungsbescheinigung beginnt frühestens an dem Tag, an dem der Antrag beim BZSt eingeht. Die Erteilung rückwirkender Freistellungsbescheinigungen ist nicht möglich.
Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist, dass dem Vergütungsschuldner die Freistellungsbescheinigung im Zeitpunkt der Zahlung vorliegt. Der Antrag sollte daher rechtzeitig vor Beginn des beantragten Freistellungszeitraums gestellt werden. Die Bearbeitungsdauer beträgt nach Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen ca. drei Monate. Die Reihenfolge der Bearbeitung richtet sich nach dem Antragseingang.
Der Vergütungsgläubiger hat durch eine Bestätigung der zuständigen Steuerbehörde seines Ansässigkeitsstaates nachzuweisen, dass er dort ansässig ist (§ 50d Abs. 4 EStG). Um sicher zu stellen, dass die Steuerbehörde des Vergütungsgläubigers von dem Antrag und den darin erklärten Einkünften aus der Bundesrepublik Deutschland Kenntnis erlangt, hat die Bestätigung auf der Rückseite zu erfolgen. Bestätigungen auf einem gesonderten Blatt oder solche einer Stadtbzw. Gemeindeverwaltung (Einwohnermeldeamt, Stadtbzw. Gemeindekasse) können nicht anerkannt werden.
Ausnahme:
In den USA ansässige Antragsteller geben ihre "social security number" (natürliche Personen) oder ihre "employer identification number" (Unternehmen, sonstige Rechtsgebilde) sowie die US-Steuerbehörde an, bei der die letzte amerikanische Einkommensteuer-Erklärung eingereicht wurde. Die US-Steuerbehörde IRS erstellt Ansässigkeitsbescheinigungen, die dem Freistellungsantrag im Original beizufügen sind. Hinweise über die Ausstellung der Ansässigkeitsbescheinigung hat die USSteuerbehörde in der Informationsschrift Instructions for Form 8802 veröffentlicht.
Bei erstmaliger Antragstellung ist dem Antrag eine Kopie des Lizenzvertrags beizufügen. Sofern der Antragsteller die dem Vergütungsschuldner überlassenen Rechte nicht selbst geschaffen hat, ist außerdem eine Kopie des Vertrages über den Erwerb der Rechte durch den Antragsteller zu übersenden (sogenannter Oberlizenzvertrag).
3.2 Freistellungsverfahren im Sinne von § 50d Abs. 1 EStG (Erstattung)
Sieht § 50g EStG oder ein DBA vor, dass Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden, kann nach § 50d Abs. 1 EStG die volle oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer beantragt werden. Folgendes ist zu beachten:
Die Erstattung wird nur auf schriftlichen Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erteilt. Der Erstattungsantrag kann mit dem Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung für künftige Zahlungen verbunden werden. Der amtliche Vordruck für die Beantragung einer Freistellungsbescheinigung ist in diesem Falle um den zu erstattenden Steuerbetrag und um die Angabe der Bankverbindung zu ergänzen.
Der Antrag ist vom Vergütungsgläubiger zu stellen. Er kann auch von einem Dritten (z.B. Vergütungsschuldner) gestellt werden, wenn der Gläubiger ihn hierzu schriftlich bevollmächtigt hat und die Vollmacht dem BZSt vorgelegt wird.
Für Zeiträume vor der Gültigkeit einer bereits erteilten Freistellungsbescheinigung kann die Erstattung in einem formlosen Schreiben innerhalb von zwölf Monaten nach Bekanntgabe der Freistellungsbescheinigung beantragt werden. Nach den zwölf Monaten ist ein Erstattungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu stellen.
Dem Erstattungsantrag ist die Steuerbescheinigung des Vergütungschuldners im Original beizufügen. Nach § 50a Abs. 5 Satz 6 EStG ist der Vergütungsschuldner verpflichtet, dem beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubiger auf dessen Verlangen die geforderten Angaben zu bescheinigen.
Die Abführung ist unabdingbare Voraussetzung für eine Erstattung der Steuerabzugsbeträge.
Der Erstattungsbetrag steht steuerrechtlich dem Vergütungsgläubiger als Steuerschuldner zu. Eine Auszahlung an Dritte ist nur möglich, wenn eine entsprechende Inkassovollmacht oder eine Abtretungserklärung im Original eingereicht wird.
Dem Erstattungsantrag ist eine Kopie des Lizenzvertrags und ggf. des Oberlizenzvertrages (s. Tz. 3.1) beizufügen.
Frist zur Antragstellung
Die Frist für den Antrag auf Erstattung beträgt vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Vergütungen bezogen worden sind. Die Frist endet nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer (§ 50d Abs. 1 Sätze 9 und 10 EStG).
4. Zuständigkeiten für Erstattungen in besonderen Fällen
In Fällen, bei denen Steuerabzugsbeträge zu Unrecht festgesetzt und abgeführt worden sind, kann der Vergütungsschuldner die Anmeldung über den Steuerabzug nach § 164 Abs. 2 AO berichtigen. Hierbei gelten folgende Zuständigkeiten:
Bei Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger bis zum zugeflossen sind, ist das Betriebsstättenfinanzamt des Vergütungsschuldners zuständig.
Bei Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger ab dem zufließen, ist das BZSt zuständig.
4.1 Abführung der Abzugsteuer nach Erteilung der Freistellungsbescheinigung
Bei Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger bis zum zugeflossen sind, gilt Folgendes:
Für die Erstattung aufgrund von § 50g EStG oder aufgrund von DBA ist das BZSt zuständig (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 FVG). Dessen Zuständigkeit ist jedoch dann nicht gegeben, wenn es auf entsprechenden Antrag hin die Freistellungsbescheinigung erteilt hat und die Abzugsteuer erst nach diesem Zeitpunkt angemeldet und abgeführt worden ist. Sofern der Steuerabzug trotz fehlender Verpflichtung vorgenommen wurde, sind die Steueranmeldungen durch den Vergütungsschuldner zu berichtigen (§ 164 Abs. 2 AO) und die zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Beträge durch das Finanzamt zu erstatten (§ 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO)).
Bei Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger ab dem zufließen, ist das BZSt Empfänger der geänderten Steueranmeldung.
4.2 Abführung der Abzugsteuer im Zeitraum zwischen Antragstellung und der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung
Der Vergütungsschuldner hat den Steuerabzug nach § 50a EStG vorzunehmen, sofern Vergütungen geleistet werden, für die (noch) keine Freistellungsbescheinigung nach
§ 50d Abs. 2 EStG erteilt worden ist. In Fällen, in denen im Zeitraum zwischen Einreichung des Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung und der tatsächlichen Erteilung einer Freistellungsbescheinigung Vergütungen geflossen sind, für die der Steuerabzug vorgenommen worden ist, besteht im Hinblick auf die Erstattung der Steuerabzugsbeträge ein Wahlrecht:
Der Vergütungsschuldner kann die Anmeldung über den Steuerabzug berichtigen (§ 164 Abs. 2 AO)
oder
der Vergütungsgläubiger kann einen Antrag nach § 50d Abs. 1 EStG stellen. Hierfür ist die Vorlage der Originalsteuerbescheinigung des Vergütungsschuldners erforderlich.
4.3 Abführung der Abzugsteuer aufgrund eines trotz Festsetzungsverjährung erlassenen Haftungsbescheides
Der Vergütungsschuldner haftet für die Einbehaltung und Abführung der Steuer (§ 50a Abs. 5 EStG). Die Steuerfestsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist bzw. mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steueranmeldung abgegeben wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AO). Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütungen dem Gläubiger zufließen. Gleichzeitig mit dem Ablauf der Steuerfestsetzungsfrist tritt auch der Fristablauf für den Erlass des Haftungsbescheides ein (siehe veröffentlicht im BStBl. 2000 II Seite 13).
Einwände gegen einen Haftungsbescheid sind bei der Behörde anzubringen, die den Verwaltungsakt erlassen hat (§ 357 Abs. 2 AO).
Die §§ 169 ff AO gelten nur für den Erlass von Haftungsbescheiden, nicht jedoch für ihre Aufhebung oder Änderung (vgl. § 191 Abs. 3 AO). Daher können Haftungsbescheide auch nach Bestandskraft oder auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist aufgehoben werden ( BStBl. 1998 II Seite 131).
Soweit Haftungsbescheide aufgehoben werden, hat nach § 37 Abs. 2 AO derjenige einen Anspruch auf Erstattung, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Der Anspruch ist an die für den Haftungsbescheid zuständige Finanzbehörde zu richten.
5. Kontrollmeldeverfahren
Abweichend von § 50d Abs. 2 EStG kann das BZSt in den Fällen des § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG den Vergütungsschuldner auf Antrag allgemein ermächtigen, den Steuerabzug zu unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vorzunehmen.
Hinweis:
Beim BZSt ist ein besonderes Merkblatt zum Kontrollmeldeverfahren erhältlich.
BZSt v. - St - S
1300/07/00011
Fundstelle(n):
RAAAH-28463