Steuerliche Behandlung der Bezüge der Bediensteten des Europäischen Patentamtes
Gemäß Art. 16 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation vom 5. Oktober 1973 - Immunitätenprotokoll - (BGBl II 1976 S. 985) sind Bezüge aus aktivem Dienst beim Europäischen Patentamt (EPA) von der nationalen Besteuerung befreit (Hinweis auf EStG-Kartei Berlin, Internationale Organisationen Fach 1 Nr. 1001). Diese Einkünfte unterliegen aber nach Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls i.V.m. § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG dem Progressionsvorbehalt. Die Höhe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ist nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Eine steuerliche Auswirkung ergibt sich nur dann, wenn neben den Gehältern und Bezügen weitere steuerpflichtige Einkünfte vorliegen.
Ruhegehälter/Pensionen der Bediensteten sind nach Art. 16 Abs. 2 des Protokolls nicht von der Einkommensteuer befreit (Hinweis auf EStG-Kartei Berlin, Internationale Organisationen Fach 2 Nr. 1003).
Bei der Auswertung der jährlich vom EPA übersandten Kontrollmitteilungen ist Folgendes zu beachten:
Bei aktiven Bediensteten erhebt das EPA zugunsten der Organisation eine interne Steuer, die den dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfenden Betrag nicht mindern darf. Diese interne Steuer ist weder auf die ESt-?Schuld im Sinne des § 36 Abs. 2 EStG noch im Rahmen des § 34c Abs. 1 und 2 EStG anzurechnen bzw. abzuziehen.
In den Jahresgehaltmitteilungen der EPA bis einschließlich 2008 ist diese interne Steuer weder im Grundgehalt noch im Gesamtbrutto enthalten, sondern der Betrag ist lediglich im Anschluss an die Aufzählung der Versorgungs- und Versicherungsbeiträge der EPA ausgewiesen. In diesen Fällen ist die interne Steuer dem Grundgehalt hinzuzurechnen da für die Anwendung des Progressionsvorbehalts das gesamte Brutto einschließlich der internen Steuer maßgeblich ist. In den Jahresgehaltsmitteilungen ab 2009 wird die interne Steuer bei den Abzügen aufgeführt, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass sie im Bruttogehalt enthalten ist. Für die Ermittlung der Progressionseinkünfte ist sie daher dem Auszahlungsbetrag wieder hinzuzurechnen.
Die sog. Unterhaltsberechtigtenzulage (”dependants allowance” bzw. ”alloc. Personne a´charge”) ist als vergleichbare Leistung gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 EStG anzusehen und deshalb in die Günstigerprüfung gem. § 31 Satz 1 und Satz 4 EStG einzubeziehen. Soweit die Zulage das inländische Kindergeld übersteigt, beschränkt sich die Einbeziehung nach § 31 Satz 6 EStG auf die Höhe des inländischen Kindergeldes. Gleiches gilt für Fälle der Hinzurechnung nach § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG i.V.m. R 2 Abs. 2 Nr. 18 EStR.
Aufgrund eine Beschlusses der Abteilungsleiter (Steuer) der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind vergleichbare Leistungen i. S. d. § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG, wozu auch die vom EPA gezahlte Unterhaltsberechtigtenzulage gehört, als insgesamt nicht steuerpflichtig (bei Pensionären) bzw. nicht dem Progressionsvorbehalt (bei aktiv Beschäftigten) unterliegend zu behandeln. Die zwischenzeitliche Auffassung, dass der das inländische Kindergeld übersteigende Betrag im Rahmen der Steuerpflicht (bei Pensionären) oder des Progressionsvorbehalts (bei aktiv Beschäftigten) berücksichtigt werden kann, ist damit überholt.
Bei den in den Jahresmitteilungen ausgewiesenen Beiträgen zum Versorgungssystem, zu dem die Bediensteten 8% des monatlichen Grundgehalts entrichten, handelt es sich um echte Gehaltskürzungen, die die Progressionseinkünfte mindern ( BStBl 1979 I S. 139).
Dagegen handelt es sich bei den Beiträgen zur sozialen Sicherung bei Krankheit, Tod oder Invalidität in Höhe von insgesamt 3% des Grundgehalts um Pflichtbeiträge, die (ab dem VZ 1996) die bei der Ermittlung der Progressionseinkünfte nicht abzugsfähig sind. Auch ein Abzug als Sonderausgaben ist ausgeschlossen. Die Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Bechtel (Urteil vom , C-20/16) und das finden bei EPA-Bediensteten keine Anwendung. Eine Anwendung des EUGH-Urteils scheidet bereits aus, weil im Gegensatz zum Urteilssachverhalt bei den EPA-Bediensteten kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Darüber hinaus ist eine Voraussetzung für die Anwendung des genannten BMF-Schreibens, dass die Steuerfreistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Deutschland aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens erfolgt sein muss. Grundlage für die Steuerfreistellung der Bezüge der EPA-Bediensteten ist jedoch das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation und kein Doppelbesteuerungsabkommen.
Zahlungen aus der internen Pflegeversicherung sind als steuerfreie Leistungen im Sinne von § 3 Nr. 1a EStG einzustufen, die nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen (zu weiteren Zahlungen siehe EStG-Kartei § 32b Fach 2 Nr. 1001).
Angesichts dessen ergibt sich das folgende Berechnungsschema:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Auszahlungsbetrag/Gesamtbetrag | |
- | Unterhaltsberechtigtenzulage |
+ | Interne Steuer (sofern noch
nicht im Auszahlungsbetrag enthalten) |
+ | Arbeitnehmeranteile des
Bediensteten zur Krankenversicherung, Invaliditätsversicherung,
Pflegeversicherung und Todesfallversicherung |
= | Einnahmen
für Zwecke des Progressionsvorbehalts (Kz. 47:139) |
Werbungskosten, die den Progressionsvorbehalt mindern, sind in der Kz. 87:57 einzutragen.
SenFin Berlin v. - III A-S 1311-6/1997
Fundstelle(n):
EStG-Kartei BE
Internationale Organisationen und zwischenstaatliche Vereinbarungen
Fach 2 Karte Nr.
1002
UAAAH-28355