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BGH Beschluss v. - VIII ZB 4/18

Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter

Gesetze: Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 568 S 2 Nr 2 ZPO, § 574 Abs 2 ZPO, § 574 Abs 3 S 2 ZPO, § 577 Abs 4 S 1 ZPO, § 75 GVG

Instanzenzug: LG Osnabrück Az: 1 T 16/18vorgehend AG Osnabrück Az: 15 C 764/17 (11)

Gründe

I.

1Die Beklagten waren Mieter eines Wohnhauses des Klägers. Der Kläger hat die Beklagten auf Räumung, Zahlung rückständiger Nebenkosten sowie Schadensersatz in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vom haben die Parteien einen Prozessvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagten verpflichtet haben, bis zum aus dem Haus auszuziehen. Mit am beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten beantragt, die Räumungsfrist bis zum zu verlängern, da ab dem anderweitig Wohnraum zur Verfügung stünde. Der Kläger hat der Verlängerung der Räumungsfrist widersprochen.

2Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht den Beklagten Räumungsschutz bis zum gewährt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

3Zur Begründung hat es ausgeführt, der für die Berechnung der Antragsfrist gemäß § 794a Abs. 1 Satz 2 ZPO maßgebliche Tag, an dem nach dem Vergleich zu räumen sei, sei vorliegend der gewesen. Da der Räumungstermin vom auf einen Sonntag gefallen sei, sei die Räumung gemäß § 222 Abs. 1, 2 ZPO, § 193 BGB erst am geschuldet gewesen. Damit sei der Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist am noch rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist bei Gericht eingegangen.

4Das Landgericht hat mit Beschluss der Einzelrichterin vom die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

5Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

6Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (Einzelrichterin).

71. Das Rechtsmittel ist statthaft. Die Entscheidung des Landgerichts, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ist für den Senat bindend (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Darauf, ob das Beschwerdegericht die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO zutreffend beurteilt hat, kommt es hierbei nicht an. Auch der Umstand, dass die Zulassungsentscheidung durch die Einzelrichterin unter Missachtung des Verfahrens nach § 568 Satz 2 ZPO (Übertragung auf die mit drei Mitgliedern besetzte Kammer) erfolgt ist, ändert an der Wirksamkeit der Zulassung nichts (vgl. BGH, Beschlüsse vom - VIII ZB 81/11, NJW-RR 2012, 125 Rn. 8; und - VIII ZB 91/11, WuM 2012, 332 Rn. 3; vom - VII ZB 33/11, NJW-RR 2012, 441 Rn. 5 ff.).

82. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der angefochtene Beschluss unterliegt der Aufhebung, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegt die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde - wie sich aus § 568 Satz 2 ZPO ergibt - nicht dem Einzelrichter, sondern dem Kollegium. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (BGH, Beschlüsse vom - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 202 f.; vom - VIII ZB 81/11, aaO Rn. 9; und - VIII ZB 91/11, aaO Rn. 4; vom - VII ZB 33/11, aaO Rn. 9 f.; vom - I ZB 110/14, NJW 2016, 645 Rn. 10).

93. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht - Einzelrichterin - zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

10Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Kosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:110619BVIIIZB4.18.0

Fundstelle(n):
JAAAH-28324