Anforderung jedes einzelnen von einer Apotheke über eine Rezeptabrechnungsstelle abgerechneten Rezepts: Androhung eines Auskunftsersuchens
unmittelbar bei der Rezeptabrechnungsstelle
vorbeugende Unterlassungsklage als zulässige Klage gegen die Androhung
Verhältnismäßigkeit der Androhung bei Verletzung der Mitwirkungspflichten der Apotheke
Leitsatz
1. Hat eine Außenprüfung bei einer Apotheke aufgrund einer Verprobung der Rohgewinnsätze für bestimmte Artikel nach Auffassung
des Prüfers zu erheblichen Differenzen zu den in den Steuererklärung angegebenen Einnahmen geführt, hat der Prüfer darauf
die Apotheke erfolglos aufgefordert, die Einzeldaten einer Rezeptabrechnungsstelle, über die die Apotheke den Großteil ihrer
Erlöse abrechnet, für jedes einzelne Rezept in digitaler Form vorzulegen und hat darauf der Prüfer angekündigt, die Daten
bei weiterer Weigerung durch die Apotheke unmittelbar bei der Rezeptabrechnungsstelle anzufordern, so ist nach Abweisung des
hiergegen von der Apotheke erhobenen Einspruchs die Erhebung einer sog. vorbeugenden Unterlassungsklage gegen die Androhung
eines Auskunftsersuchens zulässig; der fragliche Unterlassungsanspruch ergibt sich ggf. aus § 1004 BGB analog in Verbindung
mit § 30 AO.
2. Durch die Ausgestaltung des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO als Sollvorschrift kommt zum Ausdruck, dass die Behörde in der Regel
nach ihr verfahren muss. Dieses Subsidiaritätsprinzip ist eine spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die
Ankündigung der Außenprüfung, für den Fall der Nichtvorlage der angeforderten Einzeldaten der Rezeptabrechnungsstelle für
jedes einzelne Rezept in digitaler Form jene Daten unmittelbar bei der Rezeptabrechnungsstelle abzufragen, ist nicht ermessensfehlerhaft
und verstößt insbesondere nicht gegen das Subsidiaritätsprinzip, wenn die Vollständigkeit der Einnahmen streitig ist, der
Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 93 AO verletzt und die Finanzbehörde keine anderweitigen Möglichkeiten
zur Sachverhaltsaufklärung hat (vgl. BFH. Urteil v. , X R 4/14).
3. Da der Gesetzgeber solche Auskunftsersuchen der Finanzbehörde ermöglicht hat, muss der Steuerpflichtige diese Beeinträchtigungen
seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen.
4. Die bloße Androhung der Durchführung eines Auskunftsersuchens nach § 93 AO gegenüber dem Steuerpflichtigen beinhaltet keinen
Steuerverwaltungsakt im Sinne von § 118 Abs. 1 Satz 1 AO; erst das schriftliche Auskunftsersuchen an einen Dritten stellt
einen anfechtbaren Verwaltungsakt dar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): AO-StB 2020 S. 184 Nr. 6 BBK-Kurznachricht Nr. 22/2019 S. 1057 EFG 2019 S. 1430 Nr. 17 BAAAH-28289
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Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.03.2019 - 9 K 9069/18
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