BSG Beschluss v. - B 14 AS 225/12 B

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur Beantragung einer vorgezogenen Altersrente bzw der Rentenbeantragung durch den Grundsicherungsträger

Gesetze: § 160a Abs 3 S 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 12a S 1 SGB 2, § 5 Abs 3 S 1 SGB 2, § 7 Abs 4 S 1 Alt 2 SGB 2

Instanzenzug: Az: S 23 AS 5171/11 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 2 AS 573/12 Urteil

Gründe

1I. Der 1948 geborene Kläger bezog von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) und anschließend seit dem vom beklagten Jobcenter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II); daneben erzielte er in wechselnden Beschäftigungen monatliche Einkünfte in Höhe von bis zu 400 Euro. Eine Erklärung nach § 428 SGB III iVm § 65 Abs 4 SGB II gab er nicht ab. Einer Aufforderung des Beklagten zur Rentenantragstellung vom kam er nicht nach. Der Beklagte stellte mit Schreiben vom den Antrag auf Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg für den Kläger. Widerspruch, Klage und Berufung gegen die Aufforderung blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom ; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts <SG> Stuttgart vom ; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG ausgeführt, die zulässige Klage gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung, die einen Verwaltungsakt darstelle, sei unbegründet, weil der Kläger nach § 12a SGB II verpflichtet sei, eine vorgezogene Altersrente als vorrangige Leistung in Anspruch zu nehmen. Ein Ausnahmefall nach §§ 4, 5 der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung <UnbilligkeitsV> vom , BGBl I 734) liege nicht vor, weil der Kläger keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübe. Die Übergangsregelung des § 65 Abs 4 SGB II komme nicht zur Anwendung, weil der Anspruch auf Arbeitslosengeld II erst nach dem entstanden sei und der Kläger keine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben habe. Nach Abschluss des Berufungsverfahrens hat der Rentenversicherungsträger die Rente rückwirkend ab bewilligt; seit August 2012 zahlt der Beklagte keine Leistungen nach dem SGB II mehr.

3II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG entscheiden.

4Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Hierzu muss anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung an-gegeben werden, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, dass eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Einheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm erstrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen.

5Vorliegend hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt, weshalb eine Klärung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren maßgeblich gewesen sein mögen, in einem durchzuführenden Revisionsverfahren noch erreicht werden kann. Er hat selbst vorgetragen, dass der Rentenversicherungsträger nach Abschluss des Berufungsverfahrens rückwirkend zum eine Altersrente bewilligt hat. Nach bestandskräftiger Bewilligung einer Rente kann das mit der Klage und der Berufung verfolgte Ziel, der in § 12a Satz 1 SGB II normierten Verpflichtung zur Rentenantragstellung nicht nachkommen zu müssen, wegen des in § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II bestimmten Leistungsausschlusses bei Bezug einer Rente wegen Alters aber nicht mehr erreicht werden. Die Frage, ob eine vorangegangene Aufforderung rechtswidrig war, ist dann nicht mehr von Belang (zur Tatbestandswirkung einer Zuerkennung der Rente im Anwendungsbereich der Ruhensregelung im Recht der Arbeitslosenhilfe bereits BSGE 89, 13 = SozR 3-4300 § 142 Nr 1 und zur Übertragbarkeit dieser Überlegungen auf das Recht des SGB II - SozR 4-4200 § 7 Nr 30 RdNr 26). Es hätte vom Kläger deshalb vorgetragen werden müssen, dass er (oder der Beklagte) den Rentenantrag noch zurücknehmen kann oder woraus sich sonst vorliegend die Möglichkeit einer für ihn günstigen Entscheidung im Revisionsverfahren ergeben soll.

6Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG; eine Überprüfung der vom LSG getroffenen Entscheidung, dem Kläger Kosten wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 225 Euro aufzuerlegen, ist dem Senat dabei im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verwehrt (vgl BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 1).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2013:120613BB14AS22512B0

Fundstelle(n):
LAAAH-26884