BSG Beschluss v. - B 7 AL 29/11 BH

sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Zurückweisung der Berufung durch Beschluss - rechtliches Gehör - Erforderlichkeit einer erneuten Anhörung

Gesetze: § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: S 7 AL 3925/08 Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 3 AL 5887/10 Beschluss

Gründe

1Im Streit ist ein Anspruch auf Übergangsgeld (Übg) für den Zeitraum vom bis .

2Der Kläger besuchte ab eine zunächst bis dauernde Maßnahme zur beruflichen Integration, für deren Dauer ihm Übg bewilligt worden war. Nachdem er die die Maßnahme abschließende Sachkundeprüfung nicht bestanden hatte und am einen weiteren Prüfungsversuch unternehmen wollte, bewilligte die Beklagte Übg bis . Die Prüfung am , die der Kläger trotz Arbeitsunfähigkeit absolvierte, bestand er ebenfalls nicht. Seinen Antrag auf Anschluss-Übg lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).

3Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Ulm vom ; Beschluss des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, ein Anspruch auf Anschluss-Übg setze den erfolgreichen Abschluss einer Maßnahme voraus. Hieran fehle es. Eine Fortzahlung des Übg wegen einer gesundheitsbedingten Unterbrechung scheide ebenfalls aus. Die Maßnahme sei am beendet und nicht nur unterbrochen worden. Dementsprechend scheide auch originäres Übg aus, weil sich der Kläger ab dem nicht mehr in einer von der Beklagten bewilligten bzw geförderten Maßnahme der beruflichen Rehabilitation befunden habe. Ein Anspruch auf so genanntes Zwischen-ÜbG (zwischen verschiedenen Maßnahmen) scheide jedenfalls aus, weil weitere Teilhabeleistungen für einen späteren Zeitraum nicht bewilligt worden seien und die Beklagte sie nicht ins Auge gefasst habe.

4Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die vom Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

5Hinreichende Erfolgsaussicht böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Keiner dieser Zulassungsgründe ist hier ersichtlich.

6Der Rechtssache kommt ersichtlich keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Rechtssache wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. So hat das BSG insbesondere bereits mehrfach entschieden, dass Anschluss-Übg nach § 51 Abs 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX), der gemäß § 160 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung- (SGB III) anwendbar ist, einen erfolgreichen Abschluss der Maßnahme voraussetzt (; BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 18). Der Auffassung des Klägers, er habe die Maßnahme nur "unterbrochen", sodass ihm ein Anspruch nach § 51 Abs 3 SGB IX zustehe, eröffnet schon deshalb keine Frage grundsätzlicher Bedeutung, weil nach den Feststellungen des LSG die Maßnahme am beendet worden ist. Dies gilt auch für das Zwischen-Übg zwischen zwei Maßnahmen nach § 51 Abs 1 und 2 SGB IX, weil keine weitere Maßnahme beabsichtigt war. Originäres Übg scheidet ohnehin mangels Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation im streitbefangenen Zeitraum aus. Ob die Entscheidung des LSG, insbesondere die von ihm getroffenen Feststellungen richtig sind, kann offen bleiben, weil die Richtigkeit einer Entscheidung im Rahmen einer durchzuführenden Nichtzulassungsbeschwerde nicht Gegenstand der grundsätzlichen Bedeutung sein kann.

7Die Entscheidung des LSG weicht des Weiteren nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Schließlich kann nach Aktenlage auch kein Verfahrensmangel des LSG geltend gemacht werden, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Insbesondere durfte das LSG durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entscheiden, nachdem die Beteiligten vorher gehört wurden. Das LSG war nach der auf die Ankündigung einer Entscheidung durch Beschluss übersandten Stellungnahme des Klägers nicht gehalten, den Kläger erneut anzuhören. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nur dann erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert. Eine neue Anhörung ist dann erforderlich, wenn ein Beteiligter nach der Anhörungsmitteilung substantiiert neue Tatsachen vorträgt, die eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen erfordern, bzw wenn er einen Beweisantrag stellt oder die Erhebung weiterer Beweise anregt, sofern diese entscheidungserheblich sind (vgl zuletzt ). Die nach der Anhörungsmitteilung gemachten Ausführungen des Klägers beinhalten jedoch nur Rechtsausführungen zu § 51 Abs 3 SGB IX.

8Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG, § 121 ZPO nicht in Betracht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2011:121211BB7AL2911BH0

Fundstelle(n):
WAAAH-24653