Online-Nachricht - Montag, 15.07.2019

Umsatzsteuer | Zuordnung von Vorsteuererstattungsansprüchen in der Insolvenz (FG)

Im Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung unter Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters begründete Vorsteuererstattungsansprüche sind dem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil und nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen. Dies hat zur Folge, dass keine Erstattung an den Insolvenzverwalter erfolgt (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens war er bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter) bestellt worden. Für den Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung machte der Kläger Vorsteuerüberhänge geltend und beantragte eine entsprechende Festsetzung zugunsten der Insolvenzmasse. Dies lehnte das FG ab, da die Vorsteuern dem vorinsolvenzrechtlichen Vermögensteil zuzuordnen seien.

Der 5. Senat des FG Münster wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Nach ständiger Rechtsprechung des BFH besteht das Unternehmen – bedingt durch die Erfordernisse des Insolvenzrechts – nach Verfahrenseröffnung aus mehreren Unternehmensteilen (vorinsolvenzrechtlicher Unternehmensteil, Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermögen), zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden können (u.a. , BStBl. II 2011, 996, Rn. 28.

  • Maßgeblich für die Aufteilung ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nicht die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt. In diesem Zeitpunkt unterliegt die Insolvenzmasse nämlich noch nicht der Beschlagnahme.

  • Dieser Beurteilung steht auch die Vorschrift des § 55 Abs. 4 InsO nicht entgegen, wonach Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten gelten.

  • Diese Regelung erfasst nach ihrem Wortlaut nur Verbindlichkeiten, nicht aber Forderungen der Masse. Forderungen und Verbindlichkeiten sind auch nach dem Gesetzeszweck nicht gleichzustellen.

  • Die Regelung ist vielmehr eingeführt worden, um den Nachteil auszugleichen, den der Fiskus als Gläubiger hinzunehmen hat, denn er kann - anders als andere Insolvenzgläubiger - keine Vorkehrungen gegen drohende Verluste von vom schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten treffen.

  • Vor diesem Hintergrund liegt auch keine verfassungswidrige Privilegierung des Fiskus vor.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2019 (il)

Fundstelle(n):
BAAAH-22745