BVerwG Beschluss v. - 1 WDS-VR 6/19

Vorläufiger Rechtsschutz; Versetzung; Eigenheim; Anhörung der Schwerbehindertenvertretung

Gesetze: § 178 SGB 9, § 17 Abs 6 WBO, § 45 Abs 1 VwVfG, § 3 SG

Tatbestand

1Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Versetzung.

2Der Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Fregattenkapitäns; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. September ... . Er ist wohnhaft in A., ledig und kinderlos. Seit dem ist er als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt.

3Der Antragsteller war auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt bei der ... am Dienstort A. eingesetzt. Mit Verfügung Nr. ... des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom wurde er zum auf einen Dienstposten als IT-Stabsoffizier beim ... am Dienstort B. versetzt. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom Beschwerde.

4Mit 1. Korrektur vom änderte das Bundesamt für das Personalmanagement die Verfügung Nr. ... dahingehend ab, dass Dienstort des Antragstellers nicht mehr B., sondern C. ist. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom ebenfalls Beschwerde. Das Verfahren über die Beschwerde vom wurde im Hinblick auf die 1. Korrektur eingestellt.

5Mit 2. Korrektur vom änderte das Bundesamt für das Personalmanagement die Verfügung Nr. ... ein weiteres Mal dahingehend, dass der Dienstantritt des Antragstellers vom 1. März auf den verschoben wurde. Auch hiergegen erhob der Antragsteller unter dem Beschwerde, über die noch nicht entschieden ist.

6Mit Bescheid vom wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde vom zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für die Versetzung des Antragstellers ein dienstliches Bedürfnis bestehe. Der Dienstposten beim ... sei frei und zu besetzen. Der Antragsteller sei für diesen Dienstposten geeignet und befähigt. Der Dienstposten könne auch nicht mit einem anderen Soldaten besetzt werden; teilstreitkraftübergreifend stünden einem Bedarf von 1 102 IT-Stabsoffizieren ein Ist von lediglich 944 IT-Stabsoffizieren gegenüber. Schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne des Zentralerlasses (ZE) B-1300/46 lägen nicht vor. Die Beratende Ärztin beim Bundesamt für das Personalmanagement habe eine entsprechende schwerwiegende Gesundheitsstörung beim Antragsteller verneint; seine Erkrankung könne nicht nur am Standort A. behandelt werden. Der Antragsteller habe auch nicht darauf vertrauen können, bis zu seinem Dienstzeitende am Standort A. verbleiben zu können; bereits in dem am geführten Personalentwicklungsgespräch sei ihm die Versetzungsabsicht mitgeteilt worden. Auch die Stellungnahmen der Beratenden Ärztin vom 23. März und hätten stets nur eine auf zwölf bzw. neun Monate befristete, in Abhängigkeit zum Gesundheitszustand des Antragstellers stehende Verwendung im Tagespendlerbereich zum Wohnort A. empfohlen. Für eine weitere Verwendung auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt bestehe nunmehr kein dienstliches Bedürfnis mehr. Der Personalrat bei der ... und die Bezirksschwerbehindertenvertretung der Streitkräftebasis seien ordnungsgemäß beteiligt worden.

7Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 15.19 beim Senat geführt.

8Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom hat der Antragsteller außerdem den hier gegenständlichen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Zu dessen Begründung führt er insbesondere aus:

Die angefochtene Versetzung sei rechtswidrig, weil das Ermessen im Hinblick auf die vorliegenden schwerwiegenden persönlichen Gründe fehlerhaft ausgeübt worden sei. Er sei als schwerbehinderter Mensch mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 anerkannt und leide unter mannigfachen gesundheitlichen Einschränkungen. Insbesondere bestünden mehrsegmentale degenerative Veränderungen der Brustwirbelsäule. Bei seiner derzeitigen Verwendung mache die Bürotätigkeit mit sitzender Körperhaltung maximal zehn Prozent der Diensttätigkeit aus; die aktuelle Verwendung ermögliche ihm dadurch einen krankheitsadäquaten, selbstgewählten Wechsel der Körperposition. Bei der geplanten Verwendung in C. müsse er hingegen zu mindestens 90 Prozent reine Schreibtischarbeit verrichten, was sich als nicht leidensgerecht darstelle. Zudem müsse er sich am wegen einer persistierenden psychischen Beeinträchtigung beim Bundeswehrzentralkrankenhaus ... und am 4. und wegen eines Herzleidens in der Spezialklinik in ... vorstellen. Gemäß Nr. 305 ZE B-1300/46 sollten Dienstpostenwechsel von schwerbehinderten Menschen auf das unumgängliche Maß beschränkt werden, was hier nicht beachtet worden sei. Er verfüge außerdem an seinem bisherigen Wohn- und Dienstort über ein Eigenheim. Ferner rüge er, dass die zuständige Schwerbehindertenvertretung nicht erneut angehört worden sei.

9Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Versetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom in Gestalt der Beschwerdeentscheidung vom anzuordnen.

10Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11Der Dienstposten in C. sei nach wie vor vakant und zu besetzen, der Antragsteller hierfür geeignet und befähigt. Dessen körperliche Einschränkungen führten nicht dazu, von der Versetzung abzusehen. Mit Stellungnahmen vom , , sowie letztmalig vom habe die Beratende Ärztin des Bundesamts für das Personalmanagement festgestellt, dass schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne des Zentralerlasses B-1300/46 beim Antragsteller nicht vorlägen und dessen gesundheitliche Einschränkungen eine Verwendung im Tagespendlerbereich nicht mehr erforderten. Dies sei durch die Beratende Ärztin des Bundesministeriums der Verteidigung mit Stellungnahme vom bestätigt worden. Soweit der Antragsteller darauf verweise, dass er in der vorgesehenen Verwendung in C. überwiegend mit Schreibtischarbeit beschäftigt sei, werde darauf hingewiesen, dass die Ausstattung mit leidensgerechten Büromöbeln auf Antrag möglich sei, sodass seiner Erkrankung Rechnung getragen werden könne. Eine weitere Verwendung auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt sei vor dem Hintergrund der medizinischen Stellungnahmen nicht mehr möglich. Aus diesem Grund verstoße die Versetzung auch nicht gegen Nr. 305 ZE B-1300/46, weil die Versetzung aus Gründen des Personalbedarfs sowie wegen des Fehlens einer haushalterischen Grundlage für eine weitere Verwendung am Standort A. unumgänglich sei. Die Schwerbehindertenvertretung sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Mit Schreiben vom 4. Juni und vom habe die Bezirksvertrauensperson der Streitkräftebasis zu der beabsichtigten Wegversetzung des Antragstellers Stellung genommen; diese Stellungnahme sei in die Abwägung des Bundesamts für das Personalmanagement einbezogen worden. Einer Anhörung vor Erlass der 1. Korrektur vom habe es nicht bedurft, weil die Schwerbehindertenvertretung lediglich vor dem Wechsel des Arbeitsplatzes anzuhören sei, eine erneute Anhörung also nur dann hätte erfolgen müssen, wenn der Antragsteller seinen Dienst in B. tatsächlich angetreten hätte oder die Verfügung Nr. ... zur Gänze aufgehoben und neu erlassen worden wäre. Gleichwohl sei die Bezirksschwerbehindertenvertretung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu der Versetzung an den Dienstort C. angehört worden. Sie habe mit Schreiben vom unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom Stellung genommen, sodass eine Anhörung, soweit erforderlich, als nachgeholt anzusehen sei.

12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat vorgelegen.

Gründe

13Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist bei sachgerechter Auslegung darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (BVerwG 1 WB 15.19) gegen die Versetzungsverfügung Nr. ... des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom anzuordnen. Dieser Antrag ist gemäß § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) zulässig, aber unbegründet.

14Der Gesetzgeber hat dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit truppendienstlicher Maßnahmen grundsätzlich den Vorrang vor den persönlichen Belangen des Soldaten eingeräumt (§ 17 Abs. 6 Satz 1 WBO). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme ergeben oder dem Soldaten durch deren sofortige Vollziehung unzumutbare, insbesondere nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden (stRspr, vgl. z.B. 1 WDS-VR 3.14 - juris Rn. 22 m.w.N.).

151. Bei summarischer Prüfung bestehen gegen die angefochtene Versetzungsverfügung keine rechtlichen Bedenken.

16Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. 1 WB 30.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. z.B. 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>), wie sie sich hier insbesondere aus dem Zentralerlass (ZE) B-1300/46 "Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung" ergeben.

17Nach diesen Maßstäben ist die Versetzung des Antragstellers rechtlich nicht zu beanstanden.

18a) Das gemäß Nr. 201 Punkt 1 ZE B-1300/46 erforderliche dienstliche Bedürfnis für die Versetzung ist gegeben. Der Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers beim ... am Dienstort C. ist frei und zu besetzen (Nr. 202 Buchst. a ZE B-1300/46). Der Antragsteller ist geeignet für den Dienstposten; er war bereits vom bis auf einem entsprechenden Dienstposten als IT-Stabsoffizier beim ... in C. bzw. ... eingesetzt. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers stehen seine gesundheitlichen Einschränkungen seiner Eignung nicht entgegen. Denn ihre Einwirkungen auf seine Leistungsfähigkeit sind durch die Gestaltung von Arbeitsabläufen und die ihm in Aussicht gestellte Bereitstellung einer leidensgerechten Büroausstattung auszugleichen.

19b) Es sind auch keine Ermessensfehler bei der Entscheidung über die Versetzung ersichtlich.

20aa) Schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne von Nr. 203 bis 206 ZE B-1300/46 liegen nicht vor. Eine - durch ein militärärztliches Gutachten festzustellende - Notwendigkeit des Verbleibs am bisherigen Standort aus gesundheitlichen Gründen (Nr. 204 Buchst. a ZE B-1300/46) ist im Falle des Antragstellers nach den Stellungnahmen der Beratenden Ärztin des Bundesamts für das Personalmanagement vom , , und nicht (mehr) gegeben. Dies wurde aktuell durch die Beratende Ärztin des Bundesministeriums der Verteidigung mit Stellungnahme vom bestätigt. Der vom Antragsteller vorgelegte Untersuchungsbericht eines Facharztes für diagnostische Radiologie vom deckt sich mit den Befunden, die von den Beratenden Ärztinnen berücksichtigt wurden. Die abschließende Empfehlung, dass von Arbeiten in Zwangshaltungen oder länger andauernden statischen Positionen abzusehen sei, ist nicht geeignet, die Richtigkeit der militärärztlichen Stellungnahmen zum Vorliegen schwerwiegender persönlicher Gründe in Zweifel zu ziehen; es handelt sich insoweit um ein Erfordernis, dem durch Maßnahmen am konkreten Arbeitsplatz Rechnung getragen werden kann, sodass es nicht zu beanstanden ist, wenn das Bundesministerium der Verteidigung den Antragsteller auf die Möglichkeit verwiesen hat, gegebenenfalls eine Ausstattung mit leidensgerechten Büromöbeln zu beantragen.

21bb) Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass er an seinem bisherigen Dienstort A. ein Eigenheim besitzt, begründet dies nach ständiger Rechtsprechung des Senats - auch unter Blickwinkel der Nr. 207 ZE B-1300/46 - keinen Rechtsanspruch darauf, an einem bestimmten Standort oder in dessen Nähe zu verbleiben (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 2.99 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 34 S. 2, vom - 1 WB 30.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 25 und vom - 1 WB 28.15 - juris Rn. 41 m.w.N.). Da der Antragsteller im Übrigen auch keinen etatisierten, seiner Befähigung entsprechenden Dienstposten für seine Weiterverwendung am bisherigen Dienstort aufgezeigt hat, ist nicht erkennbar, wie dieser private Lebensumstand mit den dienstlichen Belangen, die der Versetzung zugrunde liegen, in Einklang zu bringen wäre.

22cc) Die Versetzung des Antragstellers verletzt auch nicht die Schutzvorschrift der Nr. 305 ZE B-1300/46. Nach Nr. 305 Satz 2 und 3 ZE B-1300/46 sind Versetzungen schwerbehinderter Menschen gegen ihren Willen auf das unumgängliche Maß zu beschränken bzw. sollen nur dann vorgenommen werden, wenn dafür ein dringendes dienstliches Interesse besteht. Die Notwendigkeit der Versetzung bzw. das dringende dienstliche Interesse an der Versetzung folgt vorliegend daraus, dass nach dem Wegfall schwerwiegender persönlicher Gründe (siehe oben aa) die Verwendung des Antragstellers auf einer Planstelle zur besonderen Verwendung bzw. einem dienstpostenähnlichen Konstrukt nicht mehr zulässig ist (Nr. 2.1.2 i.V.m. Nr. ZDv A-1360/4) und der Antragsteller deshalb auf einen regulär etatisierten freien Dienstposten zu versetzen ist, der - seiner Eignung und Befähigung entsprechend - am bisherigen Dienstort A. nicht vorhanden ist. Auf die Koppelung des temporären Verbleibs in A. an das Vorliegen schwerwiegender persönlicher Gründe ist der Antragsteller im Übrigen von Anfang an ausdrücklich hingewiesen worden.

23dd) Die sechsmonatige Schutzfrist bei Änderungen des Dienstorts (Nr. 602 Satz 1 ZE B-1300/46) - deren Verletzung ohnehin nur den Zeitpunkt des Dienstantritts, nicht aber die Rechtmäßigkeit der Versetzung als solche berühren würde (stRspr, vgl. 1 WB 34.15 - juris Rn. 30 m.w.N.) - ist gewahrt, nachdem das Dienstantrittsdatum mit der 2. Korrektur zu der angefochtenen Versetzungsverfügung auf den neu festgelegt wurde.

24c) Die von dem Antragsteller beanstandete Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist im Ergebnis wirksam erfolgt. Ein erheblicher Verfahrensfehler liegt insoweit nicht vor.

25Gemäß § 178 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX in der Fassung vom , der seit an die Stelle der früheren Regelung in § 95 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX getreten ist, ist die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die (hier:) einen einzelnen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung getroffenen Entscheidung ist auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen.

26Der Senat lässt offen, ob die vor Erlass der ursprünglichen Versetzungsverfügung vom ordnungsgemäß erfolgte Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (Stellungnahmen der Bezirksvertrauensperson der Streitkräftebasis vom sowie - im Nachgang - vom ) eine nochmalige Anhörung zu der 1. Korrektur vom erübrigt. Auch wenn sich der Antragsteller im Kern gegen seine Wegversetzung von A. (als solche) wendet (die von der 1. Korrektur zur Versetzungsverfügung nicht berührt wird), stellt die Auswechselung des neuen Dienstorts (C. statt B.) eine auch nach dem Begriff der Versetzung (siehe Nr. 101 ZDv A-1300/14) wesentliche Änderung dar, die eine erneute Beteiligung auslösen könnte.

27Die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung wurde jedoch jedenfalls im Beschwerdeverfahren gegen die 1. Korrektur in Form der Stellungnahme der Bezirksvertrauensperson vom wirksam nachgeholt. Dem steht die Vorschrift des § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, wonach eine versäumte Anhörung der Schwerbehindertenvertretung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen ist, nicht entgegen; sie bezieht sich auf das Verfahren der Ausgangsbehörde und enthält keine Aussage zur Möglichkeit einer den Verfahrensfehler heilenden Nachholung im Beschwerdeverfahren. Die im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbare Vorschrift des § 45 VwVfG (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 48 und vom - 1 WB 43.15 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 85 Rn. 25) sieht eine weitgehende Möglichkeit der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern vor. Auch wenn die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung keiner der in § 45 Abs. 1 VwVfG aufgezählten Fallgruppen unterfallen dürfte, gelten die in § 45 Abs. 1 VwVfG genannten Grundsätze nach allgemeiner Meinung auch für andere, dort nicht genannte Fehler; sie können durch Nachholung des versäumten Verfahrenselements geheilt werden, wenn sich eine Heilung nicht aus der Natur der jeweiligen Verfahrensvorschrift verbietet (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 45 Rn. 135 ff. m.w.N.). Eine solche Nachholung ist insbesondere noch im vorgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) möglich, da Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle die Maßnahme in Gestalt des Widerspruchs- bzw. Beschwerdebescheids ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, hier i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO). Im Hinblick auf die umfassende Prüfungs- und Abhilfekompetenz der für die Beschwerdeentscheidung zuständigen Stelle, bestehen vorliegend keine Bedenken dagegen, dass eine ggf. versäumte Anhörung der Schwerbehindertenvertretung im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren nachgeholt und dessen Ergebnis in die Beschwerdeentscheidung einbezogen wird (vgl. 10 B 4.16 - juris Rn. 43 m.w.N.; ebenso für die Einholung der Stellungnahme des Arbeitsamts im Verfahren über den Sonderkündigungsschutz nach dem Schwerbehindertengesetz 5 C 23.99 - BVerwGE 110, 67).

28Die der Bezirksvertrauensperson der Streitkräftebasis eröffnete Beteiligung im Beschwerdeverfahren, von der sie durch ihre Stellungnahme vom - im Wesentlichen unter Bekräftigung ihrer Stellungnahme vom - Gebrauch gemacht hat, hat deshalb wirksam die im Ausgangsverfahren möglicherweise versäumte Anhörung nachgeholt.

292. Für den Antragsteller entstehen aus der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Versetzung keine unzumutbaren, insbesondere nicht wiedergutzumachenden Nachteile, die - ungeachtet der nach summarischer Prüfung gegebenen Rechtmäßigkeit der Versetzung - seinen Verbleib auf dem bisherigen Dienstposten bis zur gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache gebieten würden. Finanzielle Belastungen werden durch die trennungsgeldrechtlichen Vorschriften ausgeglichen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:040619B1WDSVR6.19.0

Fundstelle(n):
DAAAH-22646