BGH Beschluss v. - 4 StR 629/17

Recht des Erziehungsberechtigten auf das letzte Wort

Gesetze: § 67 Abs 1 JGG, § 258 StPO

Instanzenzug: Az: 31 KLs 72/16

Gründe

1Das Landgericht - Jugendkammer - hat den zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 17 Jahre alten Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Zu Recht beanstandet die Revision, das Landgericht habe der in der Hauptverhandlung anwesenden erziehungsberechtigten Mutter des Angeklagten entgegen § 67 Abs. 1 JGG, § 258 Abs. 2 und Abs. 3 StPO nicht das ihr zustehende letzte Wort gewährt. Dieses war ihr von Amts wegen und nicht nur auf Verlangen zu erteilen, obwohl sie bereits an einem früheren Hauptverhandlungstag als Zeugin gehört worden war (, BGHSt 21, 288, 289; Urteil vom - 5 StR 602/95, BGHR JGG § 67 Erziehungsberechtigter 1 m. Anm. Eisenberg/Düffer, JR 1997, 80; Beschluss vom - 4 StR 645/16, NStZ-RR 2017, 231 mwN).

3Der Verfahrensverstoß führt jedoch - wie vom Generalbundesanwalt beantragt - nur zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil der Schuldspruch auf dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht beruhen kann (vgl. , BGHSt 21, 288, 290; Beschlüsse vom - 5 StR 98/02, NStZ-RR 2002, 346; vom - 1 StR 226/00, BGHR JGG § 67 Erziehungsberechtigter 2; und vom - 4 StR 588/98, NStZ 1999, 426). Der Angeklagte hat eingeräumt, auf den Nebenkläger eingestochen zu haben, sich aber auf Notwehr berufen. Er ist durch die Zeugenaussagen des Tatopfers, eines unbeteiligten Dritten und seines eigenen Freundes überführt. Die Mutter des Angeklagten war nicht Zeugin der Geschehnisse. Es ist auch auszuschließen, dass die Anhörung der Mutter des Angeklagten zu einer anderen Entscheidung des Landgerichts über die Frage seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 3 JGG geführt hätte.

4Der Senat kann hingegen nicht völlig ausschließen, dass mögliche Ausführungen der Mutter des Angeklagten sich auf die Bemessung der - angesichts der festgestellten erheblichen Erziehungsmängel allerdings moderaten - Jugendstrafe ausgewirkt hätten.

52. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:280318B4STR629.17.0

Fundstelle(n):
LAAAH-22143