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Online-Nachricht - Freitag, 21.06.2019

Einkommensteuer | Wiederaufforstungskosten bei vorherigem pauschalem Betriebsausgabenabzug (BFH)

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem beginnen, gilt allein § 51 EStDV i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Die frühere Inanspruchnahme eines pauschalen Betriebsausgabenabzugs gemäß § 51 EStDV in der zuvor geltenden Fassung steht einer gewinnmindernden Berücksichtigung von Wiederaufforstungskosten in diesen Wirtschaftsjahren deshalb schon aus diesem Grund nicht entgegen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 51 Abs. 1 und 2 EStDV a.F. kann bei forstwirtschaftlichen Betrieben, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und den Gewinn nicht nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, zur Abgeltung der Betriebsausgaben auf Antrag ein Pauschsatz - wenn das Holz auf dem Stamm verkauft wird - von 40 % der Einnahmen aus der Holznutzung abgezogen werden. Macht der Steuerpflichtige von dem pauschalen Betriebsausgabenabzug Gebrauch, sind nach § 51 Abs. 3 EStDV a.F. die Betriebsausgaben im Wirtschaftsjahr der Holznutzung einschließlich der Wiederaufforstungskosten unabhängig von dem Wirtschaftsjahr ihrer Entstehung abgegolten.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die gewinnmindernde Berücksichtigung von Wiederaufforstungskosten in den Jahren 2012 und 2013. Für das Jahr zuvor hatte der Kläger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte, Betriebsausgaben nach § 51 Abs. 2 EStDV in der Fassung für vor dem begonnene Wirtschaftsjahre (EStDV a.F.), i.H. von 40 % der Einnahmen aus Holzeinschlag in Anspruch genommen.

Das FA berücksichtigte die in den Jahren 2012 und 2013 verausgabten Wiederaufforstungskosten - betreffend den Holzeinschlag aus dem Jahr 2011 - nicht. Diese seien durch die Inanspruchnahme des pauschalen Betriebsausgabenabzugs im Jahr 2011 unabhängig von dem Wirtschaftsjahr ihrer Entstehung abgegolten.

Die Richter des BFH gaben der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • § 51 Abs. 2 EStDV a.F. ist für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die vor dem begonnen haben. Für Wirtschaftsjahre, die nach dem beginnen, gilt hingegen § 51 EStDV n.F. (§ 84 Abs. 3a EStDV).

  • Nach dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori geht das spätere Recht dem früheren Recht vor, es sei denn, es wurde eine Übergangsregel geschaffen.

  • Danach ist § 51 EStDV a.F. in den Streitjahren nicht (mehr) anwendbar. Die Regelung wurde durch § 51 EStDV n.F. für Wirtschaftsjahre, die nach dem beginnen, ersetzt.

  • Als "überschriebenes" Recht kann § 51 EStDV a.F. auf Pauschalierungssachverhalte in diesen Wirtschaftsjahren nicht länger wirken. Deshalb kann § 51 EStDV a.F. nach Ablauf der Geltungsanordnung - d.h. für Wirtschaftsjahre, die nach dem begonnen haben - auch keine abgeltende Wirkung bezüglich Wiederaufforstungskosten entfalten, die in nach dem beginnenden Wirtschaftsjahren verausgabt wurden.

  • Dies gilt auch, soweit Wiederaufforstungskosten - wie hier - im Zusammenhang mit einer früheren Holznutzung stehen und sich der Steuerpflichtige in dem damaligen VZ die Betriebsausgaben einschließlich der Wiederaufforstungskosten hat pauschaliert nach § 51 EStDV a.F. abgelten lassen.

  • Denn auch eine vermeintlich veranlagungszeitraumübergreifende Abgeltungswirkung findet jedenfalls im zeitlichen Anwendungsbereich der Regelung ihre Grenze.

Anmerkung von RA, StB Prof. Dr. Hans-Joachim Kanzler, Mitherausgeber der NWB und Vorsitzender Richter am BFH a. D., Bad Kreuznach:

Das Urteil des BFH führt, wie in den Entscheidungsgründen auch anerkannt, zu einer Doppelbegünstigung des Klägers, der als Forstwirt im Jahr 2011 bei Ermittlung seines Gewinns durch Einnahmenüberschussrechnung für den Verkauf von Holz auf dem Stamm pauschale Betriebsausgaben nach § 51 Abs. 2 EStDV a.F. angesetzt hatte. Damit wären auch die mit dem Verkauf zusammenhängenden Wideraufforstungskosten in den Folgejahren abgegolten gewesen, hätte sich die Rechtslage nicht verändert.

Nach dem für die Streitjahre 2012 und 2013 geltenden § 51 EStDV wurde die Betriebsausgabenpauschale zwar halbiert, erfasste aber nicht mehr die Wiederaufforstungskosten (§ 51 Abs 4 EStDV), die nun als Betriebsausgabe in vollem Umfang in die Einnahmenüberschussrechnung eingingen. Da der Verordnungsgeber eine Übergangsregelung unterlassen hat, die eine Fortwirkung der veranlassungsbezogenen Abgeltungswirkung der Pauschalen alten Rechts angeordnet hätte, war nun nur noch das neue Recht auch auf die Fälle anzuwenden, in denen Holz in Wirtschaftsjahren vor Inkrafttreten des § 51 EStDV a.F. verwertet wurde.

Für den BFH folgt dies aus dem Rechtssatz, dass neues Recht altes Recht aufhebt: "Lex posterior derogat legi priori". Ob es noch offene Fälle gibt, in denen Forstwirte auf den Abzug von Wiederaufforstungskosten im Zusammenhang mit älteren Veräußerungen verzichtet haben, mag zweifelhaft sein. Die Frage war jedenfalls im Schrifttum umstritten und wurde jetzt vom BFH zugunsten der Forstwirte beantwortet.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
RAAAH-21075