Suchen Barrierefrei

Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
LSG Hamburg Urteil v. - L 3 P 3/17

Die Klägerin fordert vom Beklagten die Begleichung von Beiträgen zu einer privaten Pflegeversicherung in Höhe von nur noch 237 Euro für den Zeitraum vom 1. März 2013 bis zum 31. Oktober 2014. Der Beklagte war jedenfalls vor dem streitbefangenen Zeitraum bei der Klägerin gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit versichert (Versicherungsnr ). Mitversichert waren seine drei 2005, 2007 und 2010 geborenen Kinder. Der Beitrag zur Pflegeversicherung belief sich im streitbefangenen Zeitraum auf 19,35 Euro monatlich und war monatlich im Voraus spätestens zum 1. eines jeden Monats zu zahlen. Der Beklagte entrichtete ab dem 1. März 2013 weder Beiträge zur Krankenversicherung noch zur privaten Pflegeversicherung. Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 forderte die Klägerin ihn auf, die rückständigen Beiträge zur Krankenversicherung binnen zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens auszugleichen. Gleichzeitig erklärte sie die Kündigung für "die Vertragsteile, für die bei Fristablauf noch ein Beitragsrückstand besteht". Mit Schreiben vom 8. Juli 2013 erläuterte sie auf Nachfrage des Beklagten, die Kündigung habe sich nur auf die Ergänzungstarife bezogen. In den Pflichttarifen bestehe der Vertrag für ihn und die Kinder unverändert weiter. Der Beklagte wies weder für sich noch für seine Kinder einen anderweitigen Versicherungsschutz nach und hat einen entsprechenden Nachweis bis heute nicht erbracht. Mit Fax vom 31. Mai 2013, das nur die Versicherungsnummer der Krankenversicherung im Betreff führt und das Wort "Pflegeversicherung" nicht verwendet, teilte er der Beklagten mit, er lebe seit mehr als einem halben Jahr getrennt von seiner Ehefrau und den drei Kindern. Seines Wissen seien die Kinder über seine Ehefrau versichert, die seit dem 1. Dezember 2012 beschäftigt sei. Der Beklagte vertrat die Auffassung, allein aufgrund dieser Umstände habe die Versicherung seiner Kinder bei der Klägerin kraft Gesetz geendet. Er forderte die Beklagte auf, sich direkt mit der Ehefrau in Verbindung zu setzen. Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 10. Juni 2013 mit, der Vertrag bleibe wie bisher bestehen, sofern sie keinen Nachweis über einen anderweitigen Versicherungsschutz erhalte. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 13. Juni 2013 "noch einmal" die Kündigung und vertiefte sein Vorbringen, keine anderweitige Versicherung nachweisen zu können. Die Klägerin wiederholte mit Schreiben vom 14. Juni 2013, zur Beendigung des Versicherungsvertrags sei ein Nachversicherungsnachweis erforderlich. Im Übrigen spreche gegen den Bestand einer anderweitigen Versicherung, dass die Ehefrau des Beklagten Rechnungen für die Kinder bei der Klägerin eingereicht habe. In einer anschließenden E-Mail-Korrespondenz wiederholten die Beteiligten im Wesentlichen ihre widerstreitenden Auffassungen. Mit E-Mail vom 24. Juni 2013 ergänzte die Klägerin, eine rückwirkende Beendigung des Versicherungsvertrags scheide schon deswegen aus, weil der Beklagte eine Versicherungspflicht der Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 1. Dezember 2012 behaupte, so dass die 3-Monats-Frist zur Vorlage eines Nachversicherungsnachweises abgelaufen sei. Für eine zukünftige Beendigung sei ein Nachversicherungsnachweis zwingend erforderlich. Zu dessen Vorlage bleibe der Beklagte verpflichtet, denn nur er sei Vertragspartner der Klägerin. Gleichwohl kontaktierte die Klägerin die Ehefrau des Beklagten und erhielt die Auskunft, die Kinder seien keine mitversicherten Familienmitglieder in ihrer gesetzlichen Krankenversicherung. Auch dies teilte sie dem Beklagten mit. Auf dessen Bekräftigung, der Vertrag sei bereits gekündigt, wies sie mit E-Mail vom 28. Juni 2013 die Kündigung "erneut" zurück. Der Beklagte teilte der Klägerin mit E-Mail vom 3. Juli 2013 mit, sich selbst bereits anderweitig versichert zu haben. Mit Fax vom 21. Oktober 2013 forderte er die Klägerin auf, ihm die "schriftliche Vertragsaufhebung/Kündigung" zu bestätigen. Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 22. Oktober 2013, die Kündigung vom 31. Mai 2013 aus den bekannten Gründen zurückgewiesen zu haben. Die Krankenkasse der Ehefrau habe im Übrigen in der Zwischenzeit mitgeteilt, die Kinder seien dort nicht versichert. Eine entsprechende Bestätigung der Krankenkasse füge man bei. Der Beklagte vertrat mit E-Mail vom 25. Oktober 2013 die Auffassung, eine Zurückweisung der Kündigung sei nie erfolgt. Zudem habe die Klägerin die Versicherung gekündigt, wobei er sich auf das Schreiben der Klägerin vom 2. Mai 2013 bezog. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 dar, sie habe mit ihrem Schreiben vom 2. Mai 2013 nur die Ergänzungstarife gekündigt. Nachdem eine außergerichtliche Mahnung erfolglos geblieben war, erwirkte die Klägerin am 17. September 2013 einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Hagen - Mahnabteilung - gegen den Beklagten über 227,36 Euro (116,10 Euro rückständige Beiträge für März bis August 2013 zuzüglich 96,26 Euro Verfahrenskosten zuzüglich 15 Euro Mahnkosten). Der Beklagte erhob am 20. Mai 2014 Widerspruch gegen den ihm am 6. Mai 2014 zugestellten Mahnbescheid, woraufhin das Verfahren an das Sozialgericht Hamburg abgegeben wurde. Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2014, der am 28. Oktober 2014 beim Sozialgericht eingegangen ist, hat die Klägerin die Klage begründet und zugleich um 270,90 Euro erweitert. Sie hat zunächst 387 Euro rückständige Beiträge für März 2013 bis Oktober 2014 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 116,10 Euro seit Zustellung des Mahnbescheids und aus weiteren 270,90 seit Zustellung des Schriftsatzes vom 27. Oktober 2014 sowie 15 Euro Mahnkosten geltend gemacht. In der Folgezeit hat die Klägerin dem Beitragskonto des Beklagten einen Treuebonus in Höhe von 150 Euro gutgeschrieben. Daraufhin hat sie den Rechtstreit mit Schriftsatz vom 4. März 2016 in dieser Höhe für erledigt erklärt. Der Beklagte meint weiterhin, das Versicherungsverhältnis habe geendet, unter anderem, weil die Klägerin seine Kündigung nicht zurückgewiesen habe. Mit Schreiben vom 16. Februar 2015 hat das Sozialgericht beide Beteiligte auf die Absicht hingewiesen, einen Gerichtsbescheid zu erlassen, und ihnen jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2016 hat es den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 237 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Oktober 2014 sowie 15 Euro vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei aus dem mit dem Kläger abgeschlossenen Pflegeversicherungsvertrag zur Beitragszahlung in Höhe von 19,35 Euro monatlich für die Zeit vom 1. März 2013 bis zum 30. Oktober 2014 verpflichtet. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte nicht nachgekommen, so dass der Anspruch abzüglich des Treuebonus weiter bestehe. Dass es zu einer wirksamen Kündigung des Versicherungsvertrags gekommen sei, habe der Beklagte nicht plausibel gemacht. Insbesondere habe er weder sein Kündigungsschreiben vorgelegt noch andere Dokumente, aus denen eine Kündigung abgeleitet werden könne. Ebenso wenig habe der Beklagte einen Nachversicherungsnachweis erbracht, der nach § 23 Abs. 2 Satz 4 SGB XI für eine wirksame Kündigung erforderlich sein. Wie das Sozialgericht im Einzelnen ausgeführt hat, gelte diese Obliegenheit des Versicherungsnehmers bei sämtlichen Kündigungstatbeständen, weil sich nur so der vom Gesetzgeber intendierte ununterbrochene Versicherungsschutz erreichen lasse. Aus denselben Erwägungen sei eine rückwirkende Kündigung ausgeschlossen, falls der Kläger den erforderlichen Nachweis später erbringe. Die Verpflichtung des Beklagten zur Begleichung des Zinsanspruchs folge aus den §§ 291 und 288 BGB. Die Kosten des Mahnverfahrens habe der Beklagte gemäß § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG zu tragen. Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Berufung in Ermangelung von Zulassungsgründen nicht zuzulassen und den Beklagten über das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde belehrt. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 22. Juni 2016 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 20. Juli 2016, das am selben Tag beim Sozialgericht eingegangen ist, hat er die Zulassung der Revision beantragt und die Nichtzulassung der Berufung "zurückgewiesen". Die Klägerin hat einer Sprungrevision nicht zugestimmt. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 27. Oktober 2016 den Antrag des Beklagten auf Zulassung der Sprungrevision als unzulässig verworfen und mit Beschluss vom 10. November 2016 dessen Anhörungsrüge, Gegenvorstellung sowie seinen Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Der seinerzeit zuständige Senat des Landessozialgerichts Hamburg hat des Schreiben des Beklagten vom 20. Juli 2016 zunächst vorsorglich als Nichtzulassungsbeschwerde erfasst, die es mit Beschluss vom 19. Juni 2017 (L 1 P 15/16 NZB) zurückgewiesen hat, weil kein Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG vorliege. Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 hat der seinerzeit zuständige Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2016 entgegen der Rechtsmittelbelehrung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG kraft Gesetz zulässig sei, weil laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen seien. Das Schreiben des Beklagten vom 20. Juli 2016 werde nunmehr als Berufung verstanden, der Beschluss vom 19. Juni 2017 sei damit gegenstandslos. Das vom Beklagten daraufhin gegen den seinerzeit zuständigen Berichterstatter gerichtete Ablehnungsgesuch ist mit Beschluss vom 7. August 2017 (L 1 SF 25/17 AB) zurückgewiesen worden. Der Beklagte hat die Berufung nicht weiter begründet. Aus seinem Gesamtvorbringen ergibt sich sinngemäß der Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ihre Erinnerungs- und Mahnschreiben sowie die Korrespondenz mit dem Beklagten vorgelegt (Schriftsatz vom 1. März 2019, Anlagen B1 und B2). Mit Beschluss vom 8. Januar 2018 ist die Berufung der inzwischen zuständigen Berichterstatterin übertragen worden. Mit Beschluss vom 16. April 2018 ist der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden, nachdem dieser den Vordruck zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig ausgefüllt und keine Belege vorgelegt hatte. Jedenfalls seit September 2018 ist dem Senat der Aufenthaltsort des Beklagten, der keinen Vertreter oder Zustellbevollmächtigten benannt hat, nicht bekannt und er ist auch sonst nicht für das Gericht erreichbar. Die mündliche Verhandlung vor der Berichterstatterin und den ehrenamtlichen Richtern hat am 12. März 2019 stattgefunden. Der Beklagte, dem die Ladung öffentlich zugestellt worden war (Beschluss vom 4. Januar 2019), ist nicht erschienen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll, die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. März 2019 vorgelegten Unterlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Unterlagen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Fundstelle(n):
NAAAH-16906

Preis:
€5,00
Nutzungsdauer:
30 Tage
Online-Dokument

LSG Hamburg, Urteil v. 12.03.2019 - L 3 P 3/17

Erwerben Sie das Dokument kostenpflichtig.

Testen Sie kostenfrei eines der folgenden Produkte, die das Dokument enthalten:

NWB MAX
NWB PLUS
NWB PRO
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende NWB-Paket und testen Sie dieses kostenfrei
Jetzt testen