Kein deutsches Besteuerungsrecht für eine von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRVB) an einen deutschen Staatsangehörigen
mit Wohnsitz in Italien gezahlte Altersrente nach Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989
normspezifische Auslegung von Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989 und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
Leitsatz
1. Das Besteuerungsrecht für eine von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRVB) an einen deutschen Staatsangehörigen mit
Wohnsitz in Italien gezahlte Leibrente i.S. v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steht nicht nach Art. 19
Abs. 4 DBA-Italien 1989 Deutschland, sondern Italien zu. Das gilt auch dann, wenn Italien von seinem Besteuerungsrecht keinen
Gebrauch machen sollte; die Rückfallvorschriften nach Art. 24 Abs. 3 Buchst. a DBA-Italien 1989 bzw. § 50d Abs. 9 EStG sind
insoweit nicht anwendbar.
2. Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989 dehnt das sog. Kassenstaatsprinzip auf Ruhegehälter und andere Bezüge aus, die auf Grund
der Sozialversicherungsgesetzgebung von einem Vertragsstaat, einem seiner Länder, ihren Gebietskörperschaften oder von einer
Person des öffentlichen Rechts gezahlt werden. Voraussetzung ist, dass der Zahlungsempfänger Staatsangehöriger des Kassenstaates
und nicht zugleich Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates ist. Das Differenzierungskriterium der Staatsangehörigkeit
ist in diesem Zusammenhang verfassungs- und europarechtskonform.
3. Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989 ist „normspezifisch” und unter Heranziehung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dahin
auszulegen, dass der Kassenstaat nicht nur formell, sondern auch materiell (wirtschaftlich) Schuldner der Vergütungen sein
muss. Die Zahlungen müssen den öffentlichen Haushalt des Vertragsstaates oder einer seiner Gebietskörperschaften bzw. einer
seiner juristischen Personen wirtschaftlich belasten. Die öffentliche Kasse darf folglich nicht nur reine Durchlauf- und Zahlstelle
sein (Anschluss an , BFH/NV 2011 S. 1879).
4. Die von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRVB) gezahlten Leibrenten werden vor allem aus geleisteten Beiträgen der
Arbeitnehmer und Arbeitgeber während der Zeit der aktiven Arbeitsleistung und damit nicht als staatliche Leistungen i. S.
v. Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien aufgebracht. Insoweit ist unerheblich, dass die Bundesrepublik Deutschland regelmäßig Zuschüsse
in die gesetzliche Rentenversicherung aus Steuermitteln leistet (vgl. § 153 Abs. 2 SGB VI) und aus der gesetzlichen Rentenversicherung
auch beitragsfreie Leistungen gezahlt werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2019 S. 1110 Nr. 13 EStB 2019 S. 514 Nr. 12 ErbStB 2019 S. 231 Nr. 8 IStR 2019 S. 757 Nr. 18 IWB-Kurznachricht Nr. 14/2019 S. 546 KÖSDI 2019 S. 21350 Nr. 8 OAAAH-15202
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FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 22.01.2019 - 1 K 293/15
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