Betriebliche Altersversorgung - Auslegung einer Einzelzusage - betriebliche Übung - Verweisung auf Beamtenrecht - Verjährung
Gesetze: § 195 BGB, § 1b Abs 1 S 4 BetrAVG, § 2 BeamtVG vom
Instanzenzug: Az: 36 Ca 17469/14 36 Ca 17473/14 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 8 Sa 1404/16 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob der Beklagte einen Anspruch auf ein zusätzliches monatliches Ruhegehalt als jährliche Sonderzuwendung hat. Der Kläger begehrt insoweit die Rückzahlung jeweils im Monat November 2006 bis 2008 geleisteter Sonderzuwendungen. Der Beklagte verlangt im Wege der Widerklage Jahressonderzahlungen für die Jahre 2009 bis 2014 sowie die Feststellung, dass ihm jährlich im Monat November neben seinem Ruhegehalt eine volle 13. Betriebsrente in Höhe der jeweiligen Novemberleistung zustehe.
2Der am geborene Beklagte war bei dem Kläger in der Zeit vom bis zum beschäftigt. Zuletzt mit Schreiben vom teilte der Kläger dem Beklagten unter dem Betreff „Altersversorgung“ mit:
3Entsprechende Schreiben erteilte der Kläger sämtlichen AT-Angestellten.
4Der Kläger zahlte seit Jahrzehnten den Betriebsrentnern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jährlich im Monat November eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen monatlichen Ruhegehalts für den Monat November. Für die Versorgungsempfänger, die wie der Beklagte eine Einzelzusage haben, stellte er die Zahlung dieser Sonderzuwendung im Jahr 2009 ein, nachdem das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am (- 17 Sa 1035/09 -) entschieden hatte, dass sich die Betriebsrente dieser Versorgungsempfänger dynamisch nach dem Beamtenversorgungsrecht des Bundes richtet, das seinerzeit die Leistung einer Jahressonderzahlung als Einmalleistung nicht vorsah.
5Der Beklagte bezieht seit dem ein vorgezogenes Ruhegehalt vom Kläger. Daneben erhielt er in den - für den Rechtsstreit bedeutsamen - Kalenderjahren 2006 und 2007 eine Sonderzahlung iHv. jeweils 2.133,30 Euro und im Kalenderjahr 2008 iHv. 2.219,38 Euro, also insgesamt 6.485,98 Euro. In den Kalenderjahren 2009 bis 2014 zahlte der Kläger an den Beklagten im Monat November nur noch das jeweilige Ruhegehalt.
6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe weder aus der Versorgungszusage noch aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung. Er habe in der Vergangenheit lediglich gesetzliche Zahlungspflichten erfüllen wollen. Dies habe der Beklagte - auch durch die regelmäßigen Mitteilungen über Gehaltsänderungen und eine Einmalzahlung - erkennen müssen.
7Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - sinngemäß beantragt,
8Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben sowie sich auf Verwirkung berufen. Zudem hat er widerklagend beantragt,
9Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht annehme, seine Rückforderungsansprüche seien verjährt, in der Berufungsinstanz die Einrede der Verjährung hinsichtlich möglicher Widerklageansprüche erhoben.
10Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, nachdem es zunächst in der Güteverhandlung am im Einverständnis mit den Parteien beschlossen hatte, neuen Termin nur auf Antrag einer der Parteien anzuberaumen und der Beklagte mit - am selben Tag beim Arbeitsgericht eingegangenem - Schriftsatz vom den Rechtsstreit mit Erhebung der Widerklage aufgenommen hatte. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers - soweit für die Revision von Bedeutung - zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt in der Revision noch die Rückzahlung der in den Jahren 2006 bis 2008 geleisteten Sonderzuwendungen iHv. 6.485,98 Euro nebst Zinsen und die Abweisung der Widerklage. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
11Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen die Stattgabe der Widerklage zurückgewiesen hat. Für die Jahre 2009 und 2010 steht dem Beklagten keine Sonderzuwendung zu. Im Übrigen durfte das Landesarbeitsgericht der Widerklage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung in vollem Umfang stattgeben. In welcher Höhe dem Beklagten eine jährliche Sonderzuwendung für diesen Zeitraum zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Dies gilt auch für den auf die Leistung einer vollen und damit abschlagfreien Betriebsrente gerichteten Feststellungsantrag (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das führt zur teilweisen Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
12I. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Rückzahlung überzahlter Sonderzuwendungen für die Jahre 2006 bis 2008 richtet. Ob für diesen Zeitraum ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen rechtsgrundlos an den Beklagten gezahlter Sonderzuwendungen entstanden ist, kann dahinstehen. Der Beklagte ist nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern, weil die Ansprüche verjährt sind. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.
131. Der Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB unterliegt nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. - Rn. 4; - IV ZR 385/16 - Rn. 11; - EnZR 23/09 - Rn. 22). Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (vgl. - Rn. 35 mwN, BGHZ 203, 115).
14Die Verjährung wird nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die Erhebung einer Klage gehemmt. Nach § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung nach § 204 Abs. 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt nach § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
152. Danach wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Sonderzuwendungen für die Jahre 2006 bis 2008 verjährt.
16a) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die dreijährige Frist des § 195 BGB erst mit Ablauf des Jahres 2009 beginnt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat er durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom (- 17 Sa 1035/09 -) Kenntnis davon erlangt, nach welchen Regelungen das einzelvertraglich zugesagte Ruhegehalt zu erhöhen ist und damit auch von anspruchsbegründenden Umständen iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
17b) Der Ablauf der Verjährungsfrist ist jedenfalls durch die Erhebung der Klage vom auf Rückzahlung überzahlter Betriebsrentenleistungen für die Jahre 2006 bis 2009 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Die Hemmung endete nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB am , nachdem das Arbeitsgericht in der Güteverhandlung am im Einvernehmen mit den Parteien beschlossen hatte, einen neuen Termin nur auf Antrag einer der Parteien anzuberaumen und bis zu diesem Zeitpunkt keine Partei das Verfahren aufgenommen hatte. Selbst wenn man mit dem Landesarbeitsgericht zugunsten des Klägers annimmt, die Hemmung endete aufgrund einer Sollstellung der Gerichtskosten als der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts iSd. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB (zum Begriff der Verfahrens- bzw. Prozesshandlung iSd. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB vgl. - Rn. 9 f. mwN) erst mit Ablauf des , wäre ein etwaiger Rückforderungsanspruch jedenfalls zum Zeitpunkt des Weiterbetreibens des Verfahrens iSd. § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB durch den Beklagten mit Erhebung der Widerklage am verjährt.
18c) Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht, weil für das Untätigbleiben der Parteien ein triftiger Grund vorlag und deshalb § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB keine Anwendung findet.
19aa) Ein triftiger Grund schließt die Anwendung von § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB aus. Für das Vorliegen eines triftigen Grundes kommt es nicht allein auf die subjektiven Motive des Klägers an, das Verfahren nicht weiterzuführen, selbst wenn diese von vernünftigen und prozesswirtschaftlich sinnvollen Erwägungen getragen werden. Maßgebend sind die nach außen erkennbaren Umstände des Prozessstillstands, aus denen sich der erforderliche „triftige Grund“ für die Untätigkeit der Parteien ergeben muss (vgl. - Rn. 13 mwN). Es genügt nicht, dass die Ursache für den Verfahrensstillstand allein im Verantwortungsbereich der Parteien liegt (vgl. hierzu - zu II 1 der Gründe mwN). Insoweit liegt ein triftiger Grund für das Nichtbetreiben des Verfahrens auch dann nicht vor, wenn eine Partei lediglich aus prozessökonomischen Gründen den Ausgang eines Muster- bzw. Parallelverfahrens abwartet (vgl. - Rn. 16 mwN).
20bb) Danach ist im Streitfall ein triftiger Grund, der zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB führt, nicht gegeben. Der durch das ausdrückliche Einverständnis der Parteien, einen Termin nur auf Antrag einer der Parteien zu bestimmen, erfolgte Verfahrensstillstand diente dazu, die Klärung maßgeblicher Rechtsfragen in einem Muster- oder Parallelverfahren abzuwarten und damit allein prozesswirtschaftlichen Gründen. Über den Verantwortungsbereich der Parteien hinausgehende Erwägungen lassen sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen. Anders als dieser meint, wäre eine Entscheidung in einem Muster- bzw. Parallelverfahren auch nicht vorgreiflich. Der Ausgang des Streitfalls hängt nicht vom Ausgang jenes Verfahrens ab, auch wenn dort Rechtsfragen geklärt werden, die für den Streitfall ebenfalls maßgeblich sind.
21cc) Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Parteien eine die Verjährung hemmende Vereinbarung nach § 205 BGB (pactum de non petendo) getroffen hätten. Für den Abschluss eines solchen Vertrags bedarf es rechtsgeschäftlicher Erklärungen, aufgrund derer der Schuldner berechtigt sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern, und der Gläubiger sich umgekehrt der Möglichkeit begibt, seine Ansprüche jederzeit weiterzuverfolgen (vgl. etwa - Rn. 8 mwN). Weder hat das Landesarbeitsgericht festgestellt noch der Kläger dargelegt, dass die Parteien entsprechende Willenserklärungen abgegeben haben. Der bloße Umstand, dass der Beklagte mit dem Nichtbetreiben des Rechtsstreits einverstanden war, genügt nicht. Selbst wenn er bei der Einwilligung, das Verfahren vorerst nicht weiterzubetreiben, davon ausgegangen sein sollte, dass die Entscheidung in dem Muster- oder Parallelverfahren eine Klärung für alle Betriebsrentner herbeiführt, berechtigt das noch nicht zu der Annahme, er sei stillschweigend mit einer weiteren Unterbrechung der Verjährung einverstanden gewesen (vgl. etwa - zu II 3 der Gründe). Die Parteien sollten vielmehr befugt sein, das Verfahren jederzeit weiterzubetreiben.
22d) Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht rechtsmissbräuchlich iSv. § 242 BGB erhoben. Ein treuwidriges Handeln liegt nicht bereits in der Einwilligung des Beklagten, das Verfahren nur auf Antrag einer Partei fortzuführen. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände im Verhalten des Beklagten, die die Vorstellung rechtfertigten, er werde im Fall eines berechtigten Rückforderungsanspruchs des Klägers auch nach Ablauf der Verjährungsfrist leisten, durfte der Kläger nicht darauf vertrauen, der Beklagte werde sich nicht auf Verjährung berufen. Entsprechende Umstände sind weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Kläger dargetan.
23II. Hinsichtlich der Widerklage ist die Revision begründet, soweit der Beklagte Sonderzahlungen für die Jahre 2009 und 2010 geltend gemacht hat. Im Übrigen ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Der Beklagte hat zwar einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung im Monat November aus betrieblicher Übung. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch die Höhe der jeweiligen Sonderzuwendungsbeträge für die Jahre 2011 bis 2014 unzutreffend ermittelt. Hierfür bedarf es weiterer Feststellungen. Dies gilt auch hinsichtlich der Entscheidung über den Feststellungsantrag.
241. Der Kläger ist nicht verpflichtet, an den Beklagten für die Jahre 2009 und 2010 eine Sonderzuwendung im Monat November zu zahlen. Ihm steht insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 Abs. 1 BGB zu. Er hat die Einrede der Verjährung rechtswirksam erhoben. Die Ansprüche sind verjährt.
25a) Der Kläger hat - anders als das Landesarbeitsgericht annimmt - die Verjährungseinrede nicht unter eine unzulässige Bedingung gestellt. Die Formulierung: „Sollte das erkennende Gericht in allen genannten Punkten anderer Auffassung sein ...“, ist als innerprozessuale Rechtsbedingung unschädlich. Hieraus folgt für den Beklagten keine untragbare Ungewissheit über den Rechtszustand.
26b) Die Einrede der Verjährung ist auch nicht unbeachtlich, weil der Kläger sie erstmals in der Berufungsinstanz erhoben hat. Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist (vgl. etwa - Rn. 44 mwN; - 8 AZR 1012/08 - Rn. 99 mwN).
27c) Die Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage abgelaufen.
28aa) Ansprüche auf laufende Versorgungsleistungen unterliegen gemäß § 18a Satz 2 BetrAVG der regelmäßigen Verjährungsfrist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und damit der Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.
29bb) Danach begann die Verjährungsfrist für den Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung im Jahr 2009 mit Ende des Jahres 2009 und auf eine jährliche Sonderzuwendung im Jahr 2010 mit Ende des Jahres 2010 zu laufen und endete am bzw. am . Am , dem Zeitpunkt der Zustellung der Widerklage vom , mit der der Beklagte die bezifferte Zahlung rückständiger Sonderzuwendungen für die Jahre 2009 bis 2014 geltend gemacht hatte, war die dreijährige Verjährungsfrist daher hinsichtlich beider Ansprüche abgelaufen.
302. Der Beklagte hat für die Jahre 2011 bis 2014 sowie über den hinaus einen Anspruch auf Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe des jeweils geschuldeten Ruhegehalts für den Monat November aus betrieblicher Übung.
31a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber mit § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG die betriebliche Übung als Rechtsquelle ausdrücklich anerkannt.
32aa) Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (vgl. etwa - Rn. 41 mwN).
33bb) Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften (vgl. etwa - Rn. 42 mwN). Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen oder Vergünstigungen erbracht worden sind. Im Hinblick auf laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat der Senat eine Gewährung über einen Zeitraum von fünf bzw. acht Jahren für ausreichend erachtet (vgl. - Rn. 59 mwN).
34cc) Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht. Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war. Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (vgl. etwa - Rn. 43 mwN). Auf nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es allerdings nicht an (vgl. - Rn. 60 mwN). Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Anspruchsteller (vgl. etwa - aaO).
35dd) Ob eine betriebliche Übung entstanden ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung (vgl. - Rn. 61 mwN).
36b) Nach diesen Maßstäben hat der Kläger zugunsten der Betriebsrentner, die - wie der Beklagte - Inhaber einer Einzelzusage waren, eine betriebliche Übung dahin begründet, dass diese im November eines jeden Jahres eine Sonderzuwendung in Höhe des geschuldeten Ruhegehalts für den Monat November erhalten.
37aa) Der Kläger hat allen Versorgungsempfängern - auch den AT-Angestellten mit Einzelzusage - jahrzehntelang im November eine Sonderzuwendung in Höhe des sich für den Monat November ergebenden Ruhegehalts gezahlt. Ein über einen derart langen Zeitraum gehendes gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers ist grundsätzlich geeignet, eine betriebliche Übung zu begründen (vgl. - Rn. 63).
38bb) Der Kläger war nicht zur Gewährung einer Sonderzuwendung an den Beklagten verpflichtet. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus der erteilten Versorgungszusage. Die in Abs. 1 Satz 1 der Versorgungszusage zugesicherten Versorgungsleistungen in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte umfassen keine Sonderzuwendung.
39Zwar bestimmt § 50 Abs. 4 BeamtVG in der zum Zeitpunkt der Konkretisierung der Versorgungszusage durch das Schreiben vom geltenden Fassung vom (seinerzeit zuletzt geändert durch Gesetz vom , BGBl. I S. 561), dass die Versorgungsberechtigten eine Sonderzuwendung nach besonderer bundesgesetzlicher Regelung erhalten. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme auf die Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes von vornherein nicht Inhalt des Versorgungsversprechens geworden. Der Kläger hat dem Beklagten in Abs. 2 der Versorgungszusage nur ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit zugesagt und zudem ausdrücklich bestimmt, dass „andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen“ nicht gewährt werden. Die Sonderzuwendung ist keine mit der Versorgungszusage zugesagte laufende Versorgungsleistung. Mit laufenden Versorgungsleistungen sind - entgegen der Auffassung des Klägers - nur die monatlich geschuldeten Versorgungsleistungen gemeint und nicht weitere anlassbezogene Zuwendungen.
40Das folgt aus dem damaligen gesetzlichen Sprachgebrauch. Der Gesetzgeber hat die jährliche Sonderzuwendung im Beamtenversorgungsgesetz nicht als Teil des Ruhegehalts eingeordnet, sondern sie - wie sich aus § 2 BeamtVG in der seinerzeit maßgebenden Fassung vom (im Folgenden aF) ergibt - vielmehr als eigenständige anlassbezogene Leistung neben das Ruhegehalt und die Hinterbliebenenversorgung gestellt. Nach § 2 Abs. 1 BeamtVG aF sind Versorgungsbezüge nur Ruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenversorgung, Bezüge bei Verschollenheit, Unfallfürsorge, Übergangsgeld und Ausgleich bei besonderen Altersgrenzen. Die jährliche Sonderzuwendung ist demgegenüber in § 2 Abs. 2 BeamtVG aF geregelt (vgl. - Rn. 65).
41Dass die Sonderzuwendung nach § 2 Abs. 2 BeamtVG aF nicht Teil des Ruhegehalts und damit keine laufende Versorgungsleistung im Sinne dieser Norm ist, folgt auch aus § 4 in der bei Erteilung der Versorgungszusage geltenden Fassung vom (BGBl. I S. 1173, 1238 f.; seinerzeit zuletzt geändert durch Gesetz vom , BGBl. I S. 3091) des zwischenzeitlich aufgehobenen Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung (Sonderzuwendungsgesetz - SoZuwG). Indem § 4 Abs. 1 SoZuwG für den Anspruch auf die Sonderzuwendung voraussetzt, dass dem Versorgungsempfänger für den ganzen Monat Dezember „laufende Versorgungsbezüge“ zustehen, wird deutlich, dass diese Sonderzuwendung zusätzlich zu den laufenden Versorgungsbezügen zu gewähren und damit selbst gerade kein derartiger Versorgungsbezug ist. Dies wird durch § 4 Abs. 2 SoZuwG bestätigt, der festlegt, welche Leistungen „Versorgungsbezüge“ iSv. § 4 Abs. 1 SoZuwG sind. Dazu gehört zwar ua. das Ruhegehalt (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 SoZuwG), nicht jedoch die Sonderzuwendung. Für dieses Ergebnis spricht weiter § 7 SoZuwG in der bei Erteilung der Versorgungszusage geltenden Fassung vom . Danach wird den Versorgungsempfängern ein Grundbetrag in Höhe der „für den Monat Dezember … zustehenden laufenden Versorgungsbezüge“ gewährt. Durch den Verweis auf § 4 Abs. 2 in dem Klammerzusatz wird ua. das Ruhegehalt als Bemessungsgrundlage für die Sonderzuwendung festgelegt. Auch hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei dem Ruhegehalt und der Sonderzuwendung um selbständig nebeneinander zu gewährende Leistungen handelt und die Sonderzuwendung nicht zu den „laufenden Versorgungsbezügen“ gehört. Dem steht entgegen der Argumentation des Klägers nicht entgegen, dass nach § 2 Abs. 2 BeamtVG aF die Sonderzuwendung Teil der Versorgung ist. Das macht sie nicht zu einer laufenden Versorgungsleistung.
42cc) Es liegt ferner kein Fall eines vermeintlichen Normenvollzugs vor. Selbst wenn der Kläger geglaubt haben sollte, aufgrund der in der Versorgungszusage vereinbarten „Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ den AT-Angestellten mit Einzelzusage eine Sonderzuwendung nach Maßgabe der (jeweiligen) Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes zu schulden, war dies für die betroffenen Versorgungsempfänger nicht erkennbar.
43(1) Mit der in Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Versorgungszusage getroffenen Vereinbarung, wonach andere als die dort zugesagten laufenden Versorgungsleistungen nicht gewährt werden, wurde ein Anspruch auf eine Sonderzuwendung ausgeschlossen, sodass die betroffenen Arbeitnehmer nicht davon ausgehen mussten, der Kläger glaube, ihnen eine solche Leistung zu schulden (vgl. - Rn. 66).
44(2) Der Beklagte konnte die vom Kläger jeweils im November gewährte Sonderzahlung auch deshalb nicht als Erfüllung eines Anspruchs auf Leistung „in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte“ iSv. Abs. 1 Satz 1 der Versorgungszusage verstehen, weil diese bereits nicht der Regelung für Bundesbeamte entsprach, wie sie aufgrund des Sonderzuwendungsgesetzes bis zu seiner Aufhebung durch das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004) vom (BGBl. I S. 1798) galt.
45Nach § 7 SoZuwG idF vom war als Sonderzuwendung ein Grundbetrag zu zahlen, dessen Höhe sich an den laufenden Versorgungsbezügen für den Monat Dezember orientierte. Danach war die volle laufende Versorgungsleistung als Sonderzuwendung zu gewähren, die sich nach den Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes in Anlehnung an die Besoldung für Bundesbeamte bestimmt. Damit sollte das Versorgungsniveau der Ruhestandsbeamten eine 13. volle Versorgungsleistung umfassen.
46Dieser Regelungssystematik folgt auch die streitgegenständliche Versorgungszusage hinsichtlich der Berechnung der laufenden Versorgungsbezüge. Aus dem Zusammenspiel der in Abs. 1 der Versorgungszusage bestimmten Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte und der in Abs. 3 der Versorgungszusage im Einzelnen geregelten Anrechnung von ua. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf das betriebliche Ruhegehalt wird deutlich, dass das zugesagte Versorgungsniveau das tatsächlich geleistete Ruhegehalt übersteigt und auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst. Damit liegt eine Gesamtversorgungszusage vor. Eine Sonderzuwendung hätte daher nur dann den Regelungen für Bundesbeamte entsprochen, wenn der Kläger tatsächlich das ihrer Berechnung zugrunde liegende Ruhegehalt ohne Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt hätte, da diese lediglich monatlich und nicht dreizehnmal ausgezahlt wird.
47(3) Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus den Schreiben vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom und vom . Sie enthalten Mitteilungen über Gehaltsänderungen und eine Einmalzahlung im Jahr 1984, die sich allein auf die aktive Dienstzeit des Beklagten beziehen und keinen Bezug zu seiner Versorgungszusage und einer damit möglicherweise im Zusammenhang stehenden Sonderzuwendung aufweisen.
48dd) Danach schuldet der Kläger dem Beklagten zusätzlich zu dem im November zu zahlenden Ruhegehalt eine Sonderzahlung in Höhe des für diesen Monat geschuldeten Ruhegehalts. Dieses richtet sich - soweit die Versorgungszusage keine eigenständige Regelung enthält - dynamisch nach dem Beamtenversorgungsrecht des Bundes (ausführlich hierzu - Rn. 26 ff., 34 ff.).
493. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Berechnung der jährlichen Sonderzuwendung für die Jahre 2011 bis 2014 rechtsfehlerhaft die tatsächlichen Tabellenwerte der maßgeblichen Besoldungsgruppe A15 und des Familienzuschlags Stufe 1 nach dem Bundesbesoldungsgesetz und damit jeweils ein überhöhtes ruhegeldfähiges Gehalt und einen zu hohen Familienzuschlag Stufe 1 zugrunde gelegt. Es hat verkannt, dass das ruhegeldfähige Gehalt eine - umgelegte - Jahressonderzahlung enthält. Mit Art. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 (HBeglG 2004) vom (BGBl. I S. 3076), das nach Art. 29 Abs. 1 HBeglG 2004 am in Kraft getreten ist, wurde für die Bundesbeamten mit dem Bundessonderzahlungsgesetz (BSZG) erneut die Gewährung einer Sonderzahlung geregelt. Diese ist aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom (BGBl. I S. 160) seit dem in die Besoldungstabellen eingearbeitet (BT-Drs. 16/7076 S. 95) und mit dem Gesetz zur Wiedergewährung der Sonderzahlung vom (BGBl. I S. 2842, zu zwischenzeitlich nicht in Kraft getretenen Regelungen BT-Drs. 17/7631 S. 14) für Zeiträume ab dem Jahr 2012 fortgeschrieben worden.
50Der Kläger ist nicht verpflichtet, diese erhöhten Beträge für die Ermittlung der laufenden Versorgungsleistung für den Monat November und damit bei der Höhe der jährlichen Sonderzuwendung zugrunde zu legen. Der auf die eingearbeitete Sonderzuwendung entfallende Anteil des Grundgehalts und des Familienzuschlags Stufe 1 ist nicht Bestandteil des für den Monat November geschuldeten Ruhegehalts. Die auf das Grundgehalt und den Familienzuschlag gewährte Sonderzahlung nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen wird durch die Umlegung auf zwölf Kalendermonate zwar im Rahmen der monatlichen Bezüge gezahlt. Sie ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - jedoch nicht im Grundgehalt und den weiteren Besoldungsbestandteilen aufgegangen und hat auch ihren Charakter als Sonderzahlung hierdurch, wie etwa § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG zeigt, nicht verloren. Denn die dort angeordnete Vervielfältigung mit dem festgelegten Faktor soll bewirken, dass Ruhestandsbeamte eine im Vergleich zu aktiven Beamten niedrigere Sonderzuwendung erhalten (BT-Drs. 16/10850 S. 239 f.). Die Regelung setzt damit gerade voraus, dass die Sonderzuwendung ihrem Wesen nach nicht in dem Grundgehalt und dem Familienzuschlag aufgegangen ist. Einen Anspruch auf Berücksichtigung der umgelegten Sonderzuwendung für Bundesbeamte schließt die Versorgungszusage in Abs. 2 Unterabs. 2 aber aus.
514. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht wird die dem Beklagten zustehenden Sonderzuwendungen für die Jahre 2011 bis 2014 erneut zu berechnen und die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Dabei ist Folgendes zu beachten:
52a) Ausgangspunkt für die Berechnung des Ruhegehalts und damit auch der Sonderzuwendung des Beklagten ab dem ist das jeweilige ruhegeldfähige Gehalt, das sich aus dem monatlichen Grundgehalt der Besoldungsgruppe A15 zuzüglich des Familienzuschlags der Stufe 1 zusammensetzt. Dieses ruhegeldfähige Gehalt ist mit dem Faktor zu multiplizieren, der sich aus dem Verhältnis des ruhegeldfähigen Ausgangsgehalts einschließlich Familienzuschlag Stufe 1 zu dem durch die Einarbeitung der Sonderzahlung in die monatlichen Tabellenwerte erhöhten ruhegeldfähigen Gehalt ergibt. Dieser Faktor beträgt aufgrund der Einarbeitung der jährlichen Sonderzahlung iHv. 2,5 vH in die Tabellenwerte 0,9756 für den Zeitraum vom bis zum und aufgrund der weiteren Umlegung iHv. 2,44 vH auf das monatliche ruhegeldfähige Gehalt zuzüglich Familienzuschlag 0,9524 ab dem . Dies entspricht der Regelung in § 78 Abs. 1 Satz 1 BBesG - für die Jahre 2009 bis 2011 idF von Art. 2 Nr. 58 DNeuG (vgl. BT-Drs. 16/7076 S. 148) und ab 2012 idF von Art. 1 Nr. 7 Buchst. a des Gesetzes zur Wiedergewährung der Sonderzahlung - für die Beamten der Postnachfolgeunternehmen, denen keine Jahressonderzahlung nach dem Bundesbesoldungsgesetz zusteht (vgl. BT-Drs. 17/7631 S. 15).
53Das ruhegeldfähige Gehalt ist jedoch nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG zu mindern, da diese Regelung der Kürzung der nicht umgelegten Jahressonderzuwendung für Ruhestandsbeamte dient.
54b) Das so verminderte ruhegeldfähige Gehalt ist mit dem für den Beklagten maßgeblichen Ruhegehaltssatz zu multiplizieren. Dieser beträgt ab dem - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - 62,18 vH.
55aa) Der maßgebliche Ruhegehaltssatz bestimmt sich nach § 85 Abs. 3 und Abs. 4 BeamtVG. Danach richtet sich die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum , also vor Änderung durch Gesetz vom (BGBl. I S. 2218) geltenden Recht, sofern das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am bestanden hat und der Beamte vor dem die für ihn jeweils maßgebliche gesetzliche Altersgrenze erreicht. Diese Vorschriften kommen mangels einer in der Versorgungszusage getroffenen vorrangigen oder abweichenden Regelung entsprechend zur Anwendung. Der am geborene Beklagte war beim Kläger vom bis zum beschäftigt und bezieht von diesem seit dem eine vorgezogene Altersrente. Sein 65. Lebensjahr, ab dem nach der Versorgungszusage das reguläre Ruhegehalt bezogen werden kann, hat er mit Ablauf des und damit vor dem vollendet.
56Daher berechnet sich der Ruhegehaltssatz in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden aF). Danach beträgt das Ruhegehalt bis zur Vollendung einer zehnjährigen Dienstzeit 35 vH und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 vH, von da ab um 1 vH der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 vH, wobei ein Rest der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von mehr als 182 Tagen als vollendetes Dienstjahr gilt. Der Beklagte war bei dem Kläger insgesamt 25 Jahre und drei Monate beschäftigt. Am hatte er eine Betriebszugehörigkeitszeit von zehn Jahren aufzuweisen, weshalb sich der Ruhegehaltssatz zu diesem Zeitpunkt auf 35 vH belief. Für die Zeit bis zum vollendeten 25. Dienstjahr am kommen 15 Jahre hinzu, die mit 30 vH in Ansatz zu bringen sind, was zu einem Ruhegehaltssatz von 65 vH führt. Die Zeit vom bis zum bleibt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BeamtVG aF außer Ansatz (vgl. hierzu auch - Rn. 40).
57bb) Dieser Ruhegehaltssatz wird nach § 69e Abs. 4 BeamtVG mit dem Faktor 0,95667 vervielfältigt. Der danach der Berechnung der Versorgungsbezüge und damit auch der Sonderzuwendung zugrunde zu legende Ruhegehaltssatz beträgt 62,18 vH.
58(1) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht - wie aus § 85 Abs. 11 BeamtVG folgt - § 85 Abs. 3 BeamtVG der Anwendung von § 69e Abs. 4 BeamtVG nicht entgegen.
59(2) § 69e Abs. 4 BeamtVG gilt ab dem , dem Tag der achten auf den folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG. Dabei sind folgende vorausgegangene Anpassungen zu berücksichtigen: Insgesamt drei Anpassungen nach dem Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004) vom (BGBl. I S. 1798), nämlich zum , zum und zum , zwei Anpassungen zum und eine weitere Anpassung zum nach dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2008/2009 vom (BGBl. I S. 1582) sowie eine Anpassung zum , die - wie die oben genannte achte Anpassung zum - aufgrund des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2010/2011 vom (BGBl. I S. 1552) erfolgte.
60c) Auf das so ermittelte Ruhegehalt ist die jeweilige monatliche Rente des Beklagten aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Umfang von 73,29 vH anzurechnen.
61aa) Anrechenbar ist nur die gesetzliche Rente, die der Beklagte aufgrund von Entgeltpunkten erhält, die er in der Zeit vom bis zum erworben hat. Die Altersrente des Beklagten ermittelt sich aus den Entgeltpunkten multipliziert mit dem für den maßgeblichen Zeitraum festgelegten Rentenwert. Der Rentenartfaktor für die Altersrente beträgt wie der - auch aus dem Rentenbescheid ersichtliche - Zugangsfaktor zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte 1,0 (vgl. §§ 64 ff. SGB VI). Die Rente aus Entgeltpunkten, die vor dem erworben wurden, findet demgegenüber keine Berücksichtigung. Nach der ausdrücklichen Regelung in Abs. 4 der Versorgungszusage gilt die Anrechnungsklausel seit dem . Diese Bestimmung kann bereits nach ihrem Wortlaut nur so verstanden werden, dass Versorgungsbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich insoweit angerechnet werden dürfen, als sie nicht auf Entgeltpunkten beruhen, die vor dem erworben wurden (vgl. - Rn. 42 f.). Ausweislich des Rentenbescheids vom hat der Beklagte in diesem Zeitraum 45,7612 Entgeltpunkte erworben. Der prozentuale Anteil an den insgesamt laut Rentenbescheid erworbenen 62,4348 Entgeltpunkten beträgt daher 73,29.
62bb) Die anzurechnende Rente des Beklagten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist nach Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 der Versorgungszusage zu mindern. Nach dieser Bestimmung wird VdTÜV-Angehörigen, deren betriebliches Ruhegehalt wegen fehlender Versorgungsdienstjahre nicht den Höchstsatz von 75 vH - ab dem aufgrund der Absenkung des Ruhegehaltssatzes gemäß § 69e Abs. 4 BeamtVG den neuen Höchstsatz von 71,75 vH - der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht, ein Ausgleich in der Form gewährt, dass ein Betrag bis maximal 5 vH von der Anrechnung ausgenommen bleibt. Das setzt nach Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 der Versorgungszusage voraus, dass eine Anrechnung gemäß „1) bis 2)“, und damit eine Anrechnung von Renten stattgefunden hat, die auf Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber beruhen oder die aus der Hälfte der Ausfall-, Ersatz- und Zurechnungszeiten entstanden sind. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. In der Zeit vom bis zum hat der Beklagte 2,67985 Entgeltpunkte durch Beitragsleistungen früherer Arbeitgeber erworben.
63d) Das nach diesen Grundsätzen ermittelte Ruhegehalt darf nach der ausdrücklichen Vereinbarung in Abs. 5 der Versorgungszusage (vgl. hierzu - Rn. 46) zusammen mit sonstigen Ruhegeldbezügen die maßgebliche Gesamtversorgungsobergrenze iHv. 75 vH nicht überschreiten.
64e) Der Beklagte, der sein 65. Lebensjahr mit Ablauf des vollendete, hat seine betriebliche Altersrente am und damit 49 Monate vorgezogen in Anspruch genommen. Nach Abs. 2 Unterabs. 3 Satz 3 der Versorgungszusage führte dies zu einer Kürzung der erreichten Altersrente um 0,5 vH für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme. Eine solche Minderung erfolgt jedoch nicht, wenn der Beklagte bei Eintritt des Versorgungsfalls nachgewiesen und dauernd berufsunfähig iSv. Abs. 2 Unterabs. 1 Nr. 1 Alt. 2 der Versorgungszusage war. Nach dieser Regelung wird das Invaliditätsrisiko abgedeckt. Die Versorgungszusage sieht daher keine Abschläge vor, wenn Invalidität eintritt, bevor eine Altersrente in Anspruch genommen wurde. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen muss dies auch gelten, wenn der Versorgungsberechtigte zwar eine vorgezogene Altersrente in Anspruch nimmt, bei Eintritt des Versorgungsfalls sich aber das Invaliditätsrisiko verwirklicht hat.
65Ob dem Beklagten ein ungekürztes Ruhegehalt zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und des Parteivorbringens nicht beurteilen. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er sei nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Für diesen Fall sei eine Kürzung seines Ruhegehalts nach seinem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Da dieser Umstand bislang nicht Gegenstand des Verfahrens war, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, zu diesem Gesichtspunkt vorzutragen. Das Landesarbeitsgericht wird auf der Grundlage eines etwaigen weiteren Parteivortrags entsprechende Feststellungen zu treffen und sodann die streitigen Sonderzuwendungen erneut zu berechnen haben.
66f) Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Entscheidung auch zu beachten haben, dass der Anspruch auf Verzugszinsen aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 iVm. § 614 Satz 2 BGB folgt. Die jeweiligen Sonderzuwendungen sind danach jeweils ab dem zweiten Tag des Folgemonats mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
675. Der Rechtsstreit war auch hinsichtlich der Entscheidung über den Feststellungsantrag an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte erstrebt nach dem Wortlaut des Feststellungsantrags die Zahlung einer „vollen“ 13. Betriebsrente als Sonderzuwendung. Unter Berücksichtigung seines Vorbringens und der wohlverstandenen Interessenlage begehrt er damit die Feststellung, der Kläger schulde ihm eine Betriebsrente ohne die in Abs. 2 Unterabs. 3 Satz 3 der Versorgungszusage vorgesehenen Abschläge. Hinsichtlich dieses Gesichtspunkts bedarf es weiterer Feststellungen.
68Der so verstandene Antrag ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich auf eine Zahlungsverpflichtung gerichtet. Da der Kläger die Verpflichtung zur Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe des Novemberruhegehalts bestreitet, hat der Beklagte auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
69III. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2018:131118.U.3AZR103.17.0
Fundstelle(n):
HAAAH-12848