postalische Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers unter der in der Rechnung angegebenen Adresse ausreichend für Vorsteuerabzug
Vorsteuerabzug aus Gutschriften und Rechnungen für Altgoldlieferungen bei Einbezug der Lieferanten in einen Mehrwertsteuerbetrug
Leitsatz
1. Selbst wenn der Steuerpflichtige bei der Lieferung von Gold als Strohmann – und damit im eigenen Namen, aber für fremde
Rechnung – gehandelt haben sollte, wären diese Umsätze nur dann nicht ihm zuzurechnen, wenn sowohl er als auch die Leistungsempfänger
einverständlich oder stillschweigend davon ausgegangen wären, dass die Rechtswirkungen der Geschäfte gerade nicht zwischen
ihnen, sondern zwischen den Leistungsempfängern und den „Hintermännern” des Steuerpflichtigen hätten eintreten sollen.
2. Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nicht voraus, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden
Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Es reicht jede
Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist [vgl.
, BFH/NV 2018 S. 1053 und V R 28/16, BFH/NV 2018 S. 1055 im Anschluss an (Geissel) und C-375/16 (Butin)].
3. Dem Unternehmer steht der Vorsteuerabzug aus für den Ankauf von Altgold von ihm erstellten Gutschriften nicht zu, wenn
er wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung
einbezogen war. Unter solchen Umständen ist der betreffende Steuerpflichtige für die Zwecke der MwStSystRL als an dieser Hinterziehung
Beteiligter anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf
der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erzielt ( (PPUH
Stehcemp), BFH/NV 2015 S. 2787).
4. Haben sich die Anlieferungen von Altgold durch in einen Mehrwertsteuerbetrug einbezogene Lieferanten gegenüber früheren
Zeiträumen plötzlich vervielfacht, sind Bonitätsprüfungen zu diesen Lieferanten teils negativ ausgefallen bzw. hätten sie
teils Anlass zu Zweifeln geben müssen (u. a. Zugehörigkeit des Unternehmens zu ganz anderer Branche, Informationen zu Insolvenzverfahren
der für die Unternehmen handelnden Personen, mehrfache Sitzverlegungen und Umfirmierungen usw.), haben die teils weit entfernten
Lieferanten unter Inkaufnahme weiter Anfahrten ohne jegliche Sicherheiten erhebliche Goldmengen an den im Wesentlichen mittellosen
Unternehmer und nicht an solvente Scheideanstalten in ihrer räumlichen Nähe geliefert, so hätte der Unternehmer „den Kopf
nicht in den Sand steckten” dürfen, sondern seine – schon aufgrund allgemein bekannter Erfahrungen – durchaus begründete Sorge,
in – ggf. mit einem Mehrwertsteuerbetrug verbundene – Geldwäschegeschäfte verwickelt zu werden oder Hehlerei zu begehen, hätte
ihn im Ergebnis von vornherein davon abhalten müssen, sich in solche Geschäfte einbinden zu lassen. Jedenfalls aber hätte
der Unternehmer angesichts dieser Umstände erkennen können und daher wissen müssen, dass er mit seinen Goldankäufen an Umsätzen
teilnahm, die jeweils in einen Mehrwertsteuerbetrug einbezogen waren.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): PStR 2019 S. 264 Nr. 11 FAAAH-10562
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Online-Dokument
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 31.01.2019 - 1 K 2037/18
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