Revision in Thüringer Kirchensteuersachen
Leitsatz
NV: Die Revision kann nicht auf eine Verletzung des Thüringer Kirchensteuerrechts gestützt werden.
Gesetze: FGO § 33 Abs. 1 Nr. 4; FGO § 118 Abs. 1 Satz 2; ThürAGFGO § 4 Nr. 3
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat im Jahr 2016 gegen den im Freistaat Thüringen wohnenden Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für die Jahre 2012 bis 2015 evangelische Kirchensteuer nach dem Thüringer Gesetz zur Regelung des Kirchensteuerwesens vom (Gesetz- und Verordnungsblatt —GVBl— 2000, 12, zuletzt geändert durch 3. Änderungsgesetz vom , GVBl 2014, 157) festgesetzt. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Begründung, er sei im Jahr 1984 durch mündliche Erklärung gegenüber einer Mitarbeiterin der Superintendentur der evangelischen Kirche aus der Kirche ausgetreten.
2 Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Thüringer Finanzgericht (FG) hat sie mit Urteil vom 2 K 410/17 als unbegründet abgewiesen, weil zum einen die mündliche Erklärung des Klägers lediglich als Absichts- und nicht als Austrittserklärung zu verstehen gewesen sei und zum anderen auf der Grundlage des damaligen Rechts (Verordnung über den Austritt aus Religionsgemeinschaften öffentlichen Rechts vom , GBl. DDR 1950, 660) eine mündliche Austrittserklärung rechtsunwirksam gewesen wäre. Auf den Grundsatz von Treu und Glauben oder die Einrede der Verwirkung könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen.
3 Der Kläger beantragt mit seiner Beschwerde, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.
4 Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Gründe
II.
5 Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat keinen der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe schlüssig dargelegt.
6 1. Der Kläger beruft sich auf den Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO) und macht geltend, das angefochtene Urteil weiche von dem Beschluss des ab. Dieses habe es als möglich angesehen, dass in der Rechtswirklichkeit der Deutschen Demokratischen Republik auch eine Austrittserklärung gegenüber dem „Kirchenbeauftragten“ wirksam gewesen sei.
7 Die Beschwerde kann in diesem Punkt indessen schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil sich die Kirchensteuerpflicht des Klägers nach thüringer Kirchensteuerrecht richtet und es sich hierbei um nicht revisibles Landesrecht handelt. Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht.
8 Die Revisibilität des Thüringer Kirchensteuerrechts lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 118 Abs. 1 Satz 2 FGO ableiten. Danach kann die Revision auch auf die Verletzung von Landesrecht gestützt werden, soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO die Vorschriften des Unterabschnitts der Revision (§§ 115 ff. FGO) durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden.
9 Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist der Finanzrechtsweg auch gegeben, wenn er für die betreffenden Streitigkeiten durch Bundesgesetz oder Landesgesetz eröffnet ist. Das anhängige Verfahren betrifft zwar einen Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO, weil § 4 Nr. 3 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung vom —ThürAGFGO— (GVBl 1993, 334) den Finanzrechtsweg auch für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten über Kirchensteuern und Kirchgeld eröffnet. Jedoch reicht allein die Eröffnung des Finanzrechtswegs zur Revisibilität des betreffenden Landesrechts nach § 118 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht aus. Vielmehr ist dafür nach ständiger Rechtsprechung auch erforderlich, dass der Landesgesetzgeber die Vorschriften des Unterabschnitts der Revision (§§ 115 ff. FGO) für anwendbar erklärt hat (z.B. Senatsurteil vom I R 309/82, BFHE 145, 7, BStBl II 1986, 42; Senatsbeschluss vom I R 99/06, BFHE 221, 288, BStBl II 2011, 40; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 118 Rz 18, m.w.N.). Eine solche Anweisung enthält § 4 Nr. 3 ThürAGFGO indes nicht.
10 2. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) beruft. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen betreffen ebenfalls die nach thüringer Landesrecht zu beurteilende Kirchensteuerpflicht des Klägers und sind mangels Revisibilität in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
11 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
12 4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2018:B.101018.IB26.18.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2019 S. 287 Nr. 4
CAAAH-07346