Erstattung nachentrichteter Lohnsteuer - verlängerte Vollstreckungsabwehrklage - Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs
Gesetze: § 812 Abs 1 S 1 BGB, § 42d Abs 1 Nr 1 EStG, § 42d Abs 3 S 1 EStG, § 44 Abs 1 S 1 AO 1977, § 426 Abs 1 S 1 BGB, § 38 Abs 2 S 1 EStG
Instanzenzug: ArbG Frankfurt (Oder) Az: 4 Ca 286/17 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 10 Sa 490/17 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten im Wege der verlängerten Vollstreckungsabwehrklage über die Rückzahlung des im Wege der Zwangsvollstreckung Erlangten.
2Der Beklagte war seit Januar 2015 bei der Klägerin als Betriebsleiter und Prokurist beschäftigt. Er bezog ein Gehalt von 3.000,00 Euro brutto zuzüglich Provision. Im Arbeitsvertrag der Parteien ist zu Nr. 16 geregelt:
3In einem vorangegangenen Kündigungsschutzprozess einigten sich die Parteien durch Vergleich auf die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum und die Zahlung einer Abfindung entsprechend §§ 9, 10 KSchG iHv. 4.500,00 Euro brutto.
4Die Klägerin rechnete die Abfindung mit Gehalt und Provision für November 2016 ab, leistete hierauf aber keine Zahlungen. Mit Schreiben vom teilte sie dem Beklagten unter Vorlage von „Korrekturabrechnungen“ für die Monate Januar bis Dezember 2015 mit, sie habe nunmehr wegen fehlendem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch die Versteuerung geldwerter Vorteile aus der Privatnutzung von Dienstfahrzeugen nach der „1 %-Regelung“ vorgenommen. Die Steuern habe sie „gegen die November-Abrechnung 2016 und die festgelegte Abfindung“ verrechnet. Es verbleibe zu ihren Gunsten noch eine Forderung iHv. 1.207,78 Euro, deren Ausgleich sie begehre.
5Der Beklagte betrieb die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich. Am erwirkte er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem Ansprüche der Klägerin gegen die Drittschuldnerin, eine Bank, gepfändet und dem Beklagten zur Einziehung überwiesen wurden. Dagegen hat die Klägerin am Vollstreckungsabwehrklage erhoben.
6Die Klägerin hat gemeint, die Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich sei unzulässig. Der Anspruch auf Abfindung sei in Höhe hierauf abgeführter Einkommensteuer erfüllt und im Übrigen durch Verrechnung mit einem ihr gegen den Beklagten als alleinigen Steuerschuldner zustehenden Erstattungsanspruch erloschen. Dieser unterliege nicht der vertraglichen Ausschlussfrist. Nachdem der Beklagte am vom Konto der Klägerin 4.682,37 Euro (davon 182,37 Euro Kosten der Zwangsvollstreckung) eingezogen hatte, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz beantragt,
7Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung seien nicht berechtigt, insbesondere stehe der Klägerin ein Erstattungsanspruch nicht zu. Jedenfalls sei ein solcher nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussklausel verfallen.
8Das Arbeitsgericht hat die bei ihm allein anhängige Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin begehrt.
Gründe
9Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben hat. Dieser ist unzulässig. Im Übrigen ist die Revision im Wesentlichen unbegründet. Der Beklagte ist verpflichtet, das durch die Zwangsvollstreckung Erlangte an die Klägerin zurückzuzahlen.
10A. Die Klage ist im Feststellungsantrag unzulässig.
11I. Die erstinstanzlich erhobene Vollstreckungsabwehrklage ist durch die Beendigung der Zwangsvollstreckung unzulässig geworden.
121. Die Klage aus § 767 ZPO ist eine ausschließlich prozessrechtliche, auf Rechtsgestaltung gerichtete Klage. Das stattgebende Urteil nimmt dem Titel die Vollstreckbarkeit und macht die Zwangsvollstreckung unmöglich. Erlangt der Titelgläubiger - wie im Streitfall - durch die betriebene Zwangsvollstreckung vollständige Befriedigung, sind der Titel verbraucht und die Klage gegen die hieraus betriebene Zwangsvollstreckung gegenstandslos. Für sie entfällt das Rechtsschutzbedürfnis ( - zu I 2 der Gründe, BAGE 31, 288; - zu II 1 der Gründe, BGHZ 100, 211).
132. Ist die Zwangsvollstreckung beendet, kann der Titelschuldner - unter den Voraussetzungen des § 767 ZPO im Übrigen - wegen eines vom Gläubiger zu Unrecht erlangten Betrags Rückzahlung im Wege der materiell-rechtlichen Bereicherungsklage verlangen ( - zu II 1 der Gründe, BGHZ 100, 211; - IX ZR 2/07 - Rn. 11 mwN). Der in einem solchen Fall rein prozessrechtlich bedingte Übergang von der Klage nach § 767 ZPO auf eine Bereicherungsklage ist keine an die Voraussetzungen der §§ 263, 533 ZPO gebundene Klageänderung, sondern nach § 264 Nr. 3 ZPO statthaft (vgl. - zu I 2 der Gründe, BAGE 31, 288; - zu II 1 der Gründe). Für eine Feststellungsklage, die sich - wie hier - auf die Feststellung der Unzulässigkeit einer bereits durchgeführten Zwangsvollstreckung richtet, fehlt es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.
14II. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht des Weiteren entgegen, dass sie nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Hierzu können zwar auch einzelne Rechte und Pflichten gehören, die sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben. Daher ist es zulässig, wenn der Kläger nach Beendigung der Zwangsvollstreckung feststellen lassen will, dass ein bestimmter Teil der materiell-rechtlichen Schuld nicht bestand. Dagegen können bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht Gegenstand einer Feststellungsklage - auch nicht einer Zwischenfeststellungsklage - sein ( - Rn. 13 mwN). Danach ist der Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung des Beklagten unzulässig war, auch als Zwischenfeststellungsklage unzulässig. Er zielt nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, sondern ausschließlich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des Beklagten, nämlich die Zwangsvollstreckung betrieben zu haben. Das kann jedoch nicht Gegenstand einer Feststellungs- oder Zwischenfeststellungsklage sein ( - Rn. 14 mwN).
15B. Der in der Berufungsinstanz erhobene Leistungsantrag, mit dem die Klägerin im Wege der verlängerten Vollstreckungsabwehrklage die Rückzahlung des vom Beklagten „zwischen den Instanzen“ Vollstreckten erreichen will, ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin hat gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf Rückzahlung des vom Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung eingezogenen Betrags von 4.682,37 Euro nebst Zinsen. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
16I. Der Beklagte hat den vom Konto der Klägerin eingezogenen Betrag iSd. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne Rechtsgrund erlangt, weil die vor Beendigung der Zwangsvollstreckung erhobene Vollstreckungsabwehrklage begründet gewesen wäre (vgl. - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 163, 339). Die Klägerin hat den titulierten Abfindungsanspruch teilweise erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB), indem sie für die Bruttoabfindung die fällige Einkommensteuer an das Finanzamt abgeführt hat. Im verbleibenden Umfang ist die Forderung des Beklagten durch Aufrechnung mit einem der Klägerin gegen den Beklagten zustehenden Erstattungsanspruch erloschen (§ 389 BGB).
171. Der Arbeitgeber hat nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers, der alleiniger Steuerschuldner ist (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG), einzubehalten ( - Rn. 16 mwN, BAGE 157, 336). Steuerpflichtig sind nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, § 2 Abs. 2 Nr. 4 LStDV auch Abfindungen für die Aufgabe einer Tätigkeit wie den Verlust des Arbeitsplatzes ( - Rn. 9).
182. Mit dem Abzug und der Abführung von Lohnbestandteilen erfüllt der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer seine Vergütungspflicht. Die Abführung begründet einen besonderen Erfüllungseinwand. Insoweit bedarf es keiner Aufrechnung. Der Einbehalt des Arbeitgebers für Rechnung des Arbeitnehmers dient der Vorbereitung der Abführung. Erfüllt wird der Anspruch erst durch die Abführung nach § 41a EStG, wobei der Arbeitgeber in einer Art treuhänderischen Stellung für den Steuerfiskus tätig wird ( - Rn. 17, BAGE 157, 336; BAG GS - GS 1/00 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 97, 150). Der Arbeitgeber hat die einzubehaltende Lohnsteuer beim Finanzamt anzumelden und abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Anmeldung der Lohnsteuer steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO). Sie betrifft den jeweiligen Arbeitnehmer als Schuldner der Lohnsteuer unmittelbar, weil er deren Abzug vom Lohn zu dulden hat ( - Rn. 17 mwN, aaO).
193. Nach den gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin ua. die auf die Abfindung entfallende Einkommensteuer im Dezember 2016 an das Finanzamt gezahlt. Soweit der Beklagte beanstandet, das Landesarbeitsgericht hätte das die Entrichtung von Steuern betreffende Vorbringen der Klägerin als verspätet zurückweisen müssen, ist diese Rüge in der Revision unzulässig (vgl. - Rn. 35).
204. Durch die festgestellte Abführung von Steuern hat die Klägerin den Abfindungsanspruch des Beklagten allerdings nur in dem Umfang erfüllt, in dem sie im abzurechnenden Kalendermonat sowie im Rahmen einer Korrektur für den Vormonat (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) im Folgemonat Steuern einbehalten und an das Finanzamt abgeführt hat. Verrechnungen wegen etwaiger Ansprüche auf Erstattung nachträglich abgeführter Lohnsteuer genießen dieses Vorrecht nicht, sondern sind mittels Aufrechnung nach den dafür bestehenden besonderen Regeln vorzunehmen ( - Rn. 22, BAGE 157, 336).
215. Aufgrund der Abführung der auf die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen entfallenden Steuern erwarb die Klägerin gegen den Beklagten einen Erstattungsanspruch aus § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG, § 44 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, mit dem sie wirksam gegen dessen Anspruch auf Zahlung des Nettoabfindungsbetrags aufgerechnet hat.
22a) Hat der Arbeitgeber von Einkünften des Arbeitnehmers zu wenig Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, kann er gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG, § 44 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB vom Arbeitnehmer die Erstattung nachentrichteter Lohnsteuer verlangen ( - Rn. 16 mwN, BAGE 157, 336). Denn der Arbeitgeber haftet zwar für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat, deren Schuldner ist jedoch allein der Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG). Etwas anderes gilt nur, wenn der klar erkennbare Parteiwille dahin geht, die Steuerlast solle den Arbeitgeber treffen ( - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 111, 131). Für den Erstattungsanspruch ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer die Steuerforderung freiwillig oder aufgrund eines Haftungsbescheids der Finanzbehörde erfüllt (vgl. - aaO).
23b) Danach ist ein Erstattungsanspruch zugunsten der Klägerin im geltend gemachten Umfang entstanden.
24aa) Unstreitig hat der Beklagte in der Zeit von Januar bis Dezember 2015 Fahrzeuge, die ihm nacheinander aufgrund des Arbeitsverhältnisses überlassen worden sind, auch zu privaten Zwecken genutzt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin die Privatnutzung als geldwerten Vorteil nachversteuert und dabei den Nutzungswert entsprechend der in § 8 Abs. 2 Satz 4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG vorgesehenen Berechnungsmethode („1 %-Regelung“) in Ansatz gebracht. Dass sie die berechneten Steuern an das Betriebsstättenfinanzamt abgeführt hat, ist durch das Berufungsgericht bindend festgestellt (oben Rn. 19).
25bb) Die Klägerin war nicht verpflichtet, die auf die Privatnutzung der Dienstwagen entfallende Lohnsteuer für den Beklagten zu übernehmen. Eine Nettolohnabrede oder Anhaltspunkte für einen in anderer Weise zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien, dass in ihrem Verhältnis - anders als üblich - der Arbeitgeber die Steuerlast tragen sollte, hat der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. - zu II 2 der Gründe, BAGE 111, 131) nicht aufgezeigt. Der Umstand, dass die Klägerin dem Beklagten die Fahrzeuge unentgeltlich zur privaten Nutzung überlassen hat, führt gerade dazu, dass bei ihm ein als Lohnzufluss zu erfassender steuerpflichtiger Nutzungsvorteil entstanden ist ( - Rn. 11, BFHE 235, 383), besagt aber nichts darüber, welche Vertragspartei im Innenverhältnis die Steuerlast tragen soll. Sollten die Parteien anfänglich der Auffassung gewesen sein, unter den im Streitfall gegebenen Umständen stelle die Privatnutzung der Fahrzeuge durch den Beklagten keinen Arbeitslohn dar, führte auch dies nicht zu einer Verpflichtung der Klägerin, bei abweichender Beurteilung der Rechtslage die Steuerlast zu übernehmen (vgl. - zu II 3 c der Gründe).
26c) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe nicht genügend beachtet, dass eine Steuerpflicht des Beklagten wegen der Privatnutzung von Dienstwagen nicht, zumindest nicht in Höhe der abgeführten Steuern bestanden habe.
27aa) Selbst wenn der Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer objektiv nicht geschuldete Lohnsteuer abführt, leistet er sowohl aus seiner eigenen Sicht als auch aus derjenigen der Finanzbehörde für Rechnung des Arbeitnehmers ( - zu II 1 a der Gründe, BFHE 194, 69). Ein daraus resultierender Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt steht deshalb dem Arbeitnehmer und nicht dem Arbeitgeber zu ( - Rn. 18 f., BFHE 226, 53). Etwa „zu viel“ gezahlte Steuer wird bei der Veranlagung des Arbeitnehmers auf dessen Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 EStG) und kann von ihm bei der Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG geltend gemacht werden (vgl. - zu II 3 b der Gründe).
28bb) Dementsprechend sind die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich nicht befugt, die Berechtigung und die Höhe einer vom Arbeitgeber nachvollziehbar dargelegten Abführung von Lohnsteuer zu überprüfen. Der Arbeitnehmer ist auf die steuerrechtlichen Rechtsbehelfe beschränkt, es sei denn, für den Arbeitgeber wäre aufgrund der für ihn zum Zeitpunkt des Abzugs bekannten Umstände eindeutig erkennbar gewesen, dass eine Steuerpflicht des Arbeitnehmers nicht besteht ( - Rn. 20 mwN, BAGE 157, 336). Solche Umstände sind nicht dargetan. Soweit der Beklagte vorbringt, bei den im Jahr 2015 überlassenen Fahrzeugen habe es sich nicht um „betriebliche Kraftfahrzeuge“ gehandelt, ist dies unerheblich. § 8 Abs. 2 EStG setzt nicht voraus, dass das vom Arbeitnehmer privat genutzte Fahrzeug Eigentum des Arbeitgebers ist. Es reicht vielmehr aus, wenn es ihm wirtschaftlich zuzurechnen ist. Das kann auch dann der Fall sein, wenn das Fahrzeug zivilrechtlich im Eigentum eines Dritten steht (vgl. - zu II 3 der Gründe, BFHE 196, 165; zum Ganzen Rundshagen in Korn EStG Stand § 8 Rn. 34; Schmidt/Krüger EStG 37. Aufl. § 8 Rn. 32).
29cc) Ob die Wahl der vom Arbeitgeber nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG zugrunde gelegten Bewertungsmethode überhaupt der Überprüfung durch die Gerichte für Arbeitssachen unterliegt, kann dahinstehen. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auch insoweit habe die Klägerin keine für sie erkennbar fehlerhafte Bewertung vorgenommen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Bewertung nach der „Fahrtenbuchmethode“ setzt voraus, dass Fahrtenbücher zeitnah und laufend in geschlossener Form geführt werden (dazu und zu weiteren Anforderungen vgl. - Rn. 25, BFHE 241, 167; - VI R 50/15 - Rn. 15; Schmidt/Kulosa EStG 37. Aufl. § 6 Rn. 533). Daran fehlte es im Streitfall. Das Landesarbeitsgericht hat bindend festgestellt (§ 559 Abs. 2 ZPO), dass der Beklagte im Jahr 2015 Fahrtenbücher, die steuerrechtlichen Anforderungen genügten, nicht beigebracht, insbesondere solche Bücher nicht kontinuierlich geführt hat. Soweit der Beklagte mit der Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe streitiges Vorbringen als unstreitig angesehen und von ihm gehaltenen Vortrag übergangen, versäumt er es darzulegen, in welchem Schriftsatz er ggf. welche Angaben zur Ordnungsmäßigkeit und insbesondere Vollständigkeit der vorgelegten Fahrtenbücher gemacht hat.
30d) Ein dem Erstattungsanspruch aus § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG, § 44 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenzuhaltender Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Versteuerung (vgl. - Rn. 17; - 5 AZR 521/03 - zu II 3 der Gründe, BAGE 111, 131), steht dem Beklagten nicht zu. Weder aus § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG noch aus § 241 Abs. 2 BGB folgt eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf etwaige Defizite bei der Führung von Fahrtenbüchern hinzuweisen. Wählt der Arbeitnehmer diese Besteuerungsmethode, hat er selbst für eine ordnungsgemäße Führung des Fahrtenbuchs zu sorgen. Insoweit kommt zum Tragen, dass der Arbeitnehmer nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Schuldner der Lohnsteuer ist und als Steuerpflichtiger die Wahl zwischen der „1 %-Methode“ oder der „Fahrtenbuchmethode“ zu treffen hat (vgl. dazu - Rn. 14, 16, BFHE 245, 192). Entscheidet er sich für Letztere, hat er dafür zu sorgen, dass er das Fahrtenbuch den gesetzlichen Anforderungen entsprechend führt. Es ist Sache des steuerpflichtigen Arbeitnehmers, sich in Zweifelsfällen selbst entsprechend kundig zu machen.
31e) Mit dem danach - auch in der beanspruchten Höhe - entstandenen Erstattungsanspruch hat die Klägerin wirksam gegen die Abfindungsforderung des Beklagten aufgerechnet.
32aa) Die Voraussetzungen, unter denen eine Aufrechnung gemäß § 387 BGB erklärt werden kann, lagen vor Beendigung der Zwangsvollstreckung vor. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin die Steuern an das Finanzamt abgeführt hatte, standen sich die Forderungen der Klägerin und des Beklagten aufrechenbar gegenüber.
33bb) Der Erstattungsanspruch der Klägerin bestand auch noch im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB), die spätestens mit der erstinstanzlich erklärten (Prozess-)Aufrechnung erfolgte. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Erstattungsanspruch der Klägerin nicht zuvor gemäß der in Nr. 16 Buchst. b und c des Arbeitsvertrags geregelten Ausschlussfrist verfallen. Die Klausel erfasst den Erstattungsanspruch wegen nachentrichteter Lohnsteuer nicht.
34(1) Der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung unterliegen „Ansprüche […] aus dem Arbeitsverhältnis“. Das sind nur solche Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben ( - Rn. 39, BAGE 144, 306). Maßgeblich für die Einordnung ist nicht die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage, sondern der Entstehungsbereich des Anspruchs ( - Rn. 19; - 10 AZR 873/08 - Rn. 20 f. mwN).
35(2) Daran gemessen unterfällt der Erstattungsanspruch wegen nachentrichteter Lohnsteuer aus § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG, § 44 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht einer Verfallklausel, die nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und nicht auch solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen (zu einer solchen Klausel sh. - zu II 1 der Gründe, BAGE 20, 230), erfasst. Denn der Entstehungsbereich dieses zivilrechtlichen Anspruchs liegt nicht im Arbeitsverhältnis, sondern in dem - im Streitfall steuerrechtlichen - öffentlich-rechtlichen Pflichtengefüge, das beide Parteien des Arbeitsverhältnisses trifft ( - Rn. 12, BAGE 157, 341). Die Gesamtschuld zwischen Arbeitgeber als „bloßem“ Haftungsschuldner und dem Arbeitnehmer als Steuerschuldner findet ihre Grundlage im Steuerrecht, das mit § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG, der ausschließlich dem Arbeitnehmer die Steuerlast zuweist, auch den Inhalt des Erstattungsanspruchs vorgibt.
36cc) Die (Prozess-)Aufrechnung war auch im Übrigen wirksam, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (zu dieser Anforderung vgl. - Rn. 24). Insoweit hat die Revision auch keine Angriffe erhoben.
37dd) Der Klägerin war die Aufrechnung mit dem Erstattungsanspruch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt (§ 242 BGB), weil sie die Versteuerung der Fahrzeuggestellung nicht zeitnah vorgenommen oder weil sie sich die Möglichkeit eines Rückgriffs nicht spätestens bei Zustandekommen des Vergleichs vorbehalten hatte. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Beklagte im Februar 2016 persönlich bei der Klägerin per E-Mail angefragt, wie und auf welcher Basis der Dienstwagen abgerechnet werden würde, und wie die monatliche Belastung aussehen werde. Danach war ihm bewusst, dass die Fahrzeuggestellung der Besteuerung unterlag. Der Beklagte musste damit rechnen, dass die Klägerin einen aus der Nachversteuerung erwachsenden Erstattungsanspruch auch geltend machen würde, zumal der Vergleich im Kündigungsschutzprozess keine umfassende Abgeltungsklausel enthält.
38ee) Dem Erlöschen des titulierten Abfindungsanspruchs durch Aufrechnung steht nicht entgegen, dass die Klägerin in einem Parallelverfahren mit dem Erstattungsanspruch wegen nachentrichteter Lohnsteuer auch gegen den Gehaltsanspruch des Beklagten für November 2016 aufgerechnet hatte. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bestand zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung noch ein Erstattungsanspruch mindestens in Höhe des Nettobetrags der Abfindung. Gegenüber dieser Würdigung und den ihr zugrunde liegenden Feststellungen hat die Revision Einwendungen nicht erhoben. Ein Rechtsfehler ist auch objektiv nicht erkennbar.
39f) Der Bereicherungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht seinerseits nach Nr. 16 Buchst. b oder c des Arbeitsvertrags verfallen. Der Beklagte hat die ihm durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss überwiesenen Forderungen am vom Konto der Klägerin eingezogen. Ihren Rückzahlungsanspruch hat die Klägerin mit der Berufungsbegründung, die dem Beklagten am zugestellt worden ist, gerichtlich geltend gemacht. Dadurch sind beide Stufen der vertraglichen Ausschlussfrist gewahrt.
40II. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Allerdings stehen der Klägerin die nach ihrem Vorbringen allein beanspruchten Prozesszinsen erst ab dem , dem auf die Zustellung der Berufungsbegründung folgenden Tag, zu (vgl. - Rn. 47).
41C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1 Satz 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2018:171018.U.5AZR538.17.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2019 S. 383 Nr. 4
DStR 2019 S. 700 Nr. 13
HFR 2019 S. 326 Nr. 4
NJW 2019 S. 695 Nr. 10
NJW 2019 S. 9 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 15/2019 S. 1009
StuB-Bilanzreport Nr. 11/2019 S. 456
PAAAH-06280