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BGH Urteil v. - XI ZR 135/17

Zinsbonusregelung in Bausparvertrag steht Kündigung nach Zuteilungsreife nicht entgegen

Gesetze: § 242 BGB, § 489 Abs 1 Nr 2 BGB, § 489 Abs 1 Nr 3 BGB, § 489 Abs 3 BGB

Instanzenzug: Az: 3 S 15/16vorgehend Az: 151 C 2279/15

Tatbestand

1Die Kläger begehren gegenüber der beklagten Bausparkasse die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.

2Die Kläger schlossen mit der Beklagten am einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:       ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge der Beklagten (im Folgenden: ABB). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

Bausparen ist zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen, ...

(1) Der monatliche Bausparbeitrag bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme beträgt 3 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag).

...

(1) Das Bausparguthaben wird mit 3 % jährlich verzinst.

...

(3) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus. Der Zinsbonus besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des Guthabenzinses nach Abs. 1. Die Höhe des Guthabenzinses beträgt bei einer Bewertungszahl (§ 4 Abs. 2 b) von

Der Zinsbonus wird mit dem Bausparguthaben ausgezahlt.

(1) Die Zuteilung des Bausparvertrages ist eine Voraussetzung für die Auszahlung der Bausparsumme. Die Zuteilung wird dem Bausparer mitgeteilt mit der Aufforderung, innerhalb von vier Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Rechte aus der Zuteilung wahrnimmt (Zuteilungsannahme).

...

...

(2) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß an oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, wird der Vertrag fortgesetzt.

(3) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. ...

(4) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus nach Maßgabe von § 3 Abs. 3."

3Der Bausparvertrag war am zuteilungsreif. Die Kläger nahmen ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch. Mit Schreiben vom , das den Klägern am zuging, erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrages zum . Anfang Mai 2015 belief sich das Bausparguthaben der Kläger auf 12.292,23 €.

4Die Kläger sind der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Ihrer Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Vertrages über den hinaus hat das Amtsgericht insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass der Vertrag bis zum fortbestanden hat; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

5Die Revision ist unbegründet.

I.

6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

7Das Amtsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Kläger die Feststellung des Fortbestands ihres Bausparvertrages über den hinaus begehrten. Denn die Beklagte habe den Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Dieses Kündigungsrecht stehe während der Ansparphase eines Bausparvertrages auch der Bausparkasse zu. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts seien gegeben, weil insbesondere mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife von einem vollständigen Darlehensempfang auszugehen sei.

8Entgegen der Auffassung der Kläger stehe § 489 Abs. 3 BGB der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, weil die Kläger der Kündigung widersprochen und Klage erhoben hätten und deshalb der Einwand aus § 489 Abs. 3 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sei (§ 242 BGB).

II.

9Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die Beklagte hat den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag mit Schreiben vom gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: aF; nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.

101. Auf den im März 1998 abgeschlossenen Bausparvertrag findet - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - Darlehensrecht Anwendung (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde ist vom - nicht zur Entscheidung angenommen worden). In zeitlicher Hinsicht ist - soweit für die Entscheidung von Bedeutung - gemäß Art. 229 § 5 Satz 2, Art. 229 § 22 Abs. 2 und 3, Art. 229 § 38 Abs. 1 und 2 EGBGB das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 185/16 aaO Rn. 18 f.).

112. Die Beklagte hat den Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF wirksam zum gekündigt.

12a) Wie der Senat in seinem Urteil vom (XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 34 ff.) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, steht auch einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu.

13b) Die Voraussetzungen dieses Kündigungsrechts liegen vor.

14aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. vereinbart worden ist (§ 3 Abs. 1 ABB).

15Daran ändert auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Zinssatzes bei Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB nichts, weil auch für diesen Fall der Darlehenszins für die gesamte Laufzeit von Anfang an als feststehende Prozentzahl ausgedrückt wird und bereits bei Vertragsschluss vereinbart worden ist. Mit der Einführung der Formulierung "gebundener Sollzinssatz" in § 489 Abs. 1 BGB durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom (BGBl. I S. 2355) anstelle der Formulierung "fester Zinssatz" in § 489 Abs. 1 BGB aF ist keine inhaltliche Änderung verbunden gewesen (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74).

16bb) Seit dem vollständigen Empfang des Darlehens durch die Beklagte waren zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom auch mehr als zehn Jahre vergangen, weil der Bausparvertrag erstmalig am zuteilungsreif war. Wie der Senat in seinem Urteil vom (XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 71 ff.) näher ausgeführt hat, ist bei einem Bausparvertrag von einem vollständigen Empfang des Darlehens regelmäßig im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist das Zweckdarlehen, welches der Erlangung des Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens dient, der Bausparkasse vollständig gewährt worden.

17Entgegen der Ansicht der Revision folgt vorliegend etwas anderes nicht aus der Zinsbonusregelung der § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB. Diese Regelung führt ebenso wenig wie ein Wahlrecht betreffend die Höhe der Guthabenverzinsung während der Ansparphase (vgl. dazu Senatsbeschluss vom - XI ZR 116/17, juris Rn. 10) zu einer Modifikation des Vertragszwecks im Hinblick auf die in der Erbringung der Ansparleistungen liegende Darlehensgewährung an die Beklagte (vgl. dazu Senatsurteil vom - XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 81). § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB eröffnen dem Bausparer lediglich die Möglichkeit, nach der Zuteilung einen Verzicht auf das Bauspardarlehen zu erklären, um rückwirkend ab Vertragsbeginn einen - hier: in Abhängigkeit von der Höhe der Bewertungszahl - über den ursprünglichen Zinssatz von 3% p.a. hinausgehenden Zins für das Bausparguthaben beanspruchen zu können. Diese Möglichkeit besteht nicht nur einmalig beim erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (§ 3 Abs. 3 ABB), sondern auch bei einer Vertragsfortsetzung (§ 5 Abs. 4 ABB). Das dem Bausparer eingeräumte Optionsrecht ändert aber nichts daran, dass seine bis zur erstmaligen Zuteilungsreife erbrachten Ansparleistungen weiterhin zweckgebunden sind, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen, der erst in der Folge durch einen Verzicht auf das Bauspardarlehen unter Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB abgegolten werden kann. Insoweit ist der vorliegende Fall anders gelagert als der Fall eines zeitlich begrenzten Verzichts auf die Gewährung eines Bauspardarlehens, bei dem der Vertrag nach Ablauf des Verzichtszeitraumes fortgesetzt wird und bei dem die Ansparleistungen während der Karenzzeit zusätzlich einem reinen Sparzweck dienen (vgl. Senatsurteil vom , aaO; Senatsbeschluss vom , aaO).

18Ein anderes Verständnis der Zinsbonusregelung hat das Berufungsgericht zu Recht - insoweit von der Revision nicht angegriffen - auch dem Werbematerial der Beklagten nicht entnommen. Darin werden lediglich die Zinsbonusregelung und die Möglichkeit einer späteren Zuteilung der Bausparsumme näher erläutert, ohne indes den Klägern eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit der Geldanlage zu versprechen.

19cc) Soweit die Kläger erstmals in der Revisionsinstanz geltend machen, einen Verzicht auf das Bauspardarlehen erklärt zu haben, sind sie mit diesem Vorbringen gemäß § 559 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Die Revision hat auch keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben, mit der sie aufzeigt, dass das Berufungsgericht entsprechenden Vortrag der Kläger entgegen § 286 ZPO unbeachtet gelassen hat (vgl. dazu , BGHZ 14, 205, 209 f., vom - XI ZR 359/03, WM 2005, 782, 785 f. und vom - I ZR 75/14, NJW 2016, 953 Rn. 45). Ungeachtet dessen würde vorliegend der Verzicht auf das Bauspardarlehen nach § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB lediglich zu einem Anspruch der Kläger auf Gewährung des vereinbarten Zinsbonus führen, nicht hingegen die Wirksamkeit der Kündigung vom berühren.

20c) Mit Ablauf der Kündigungsfrist von sechs Monaten nach dem Zugang des Kündigungsschreibens vom ist der Bausparvertrag am beendet worden.

21d) Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Kündigung auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt gilt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, können sich die Kläger auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund ihres widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 89).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:100718UXIZR135.17.0

Fundstelle(n):
AAAAH-03521