Befristung - Eigenart der Arbeitsleistung - Producer bei einer Rundfunkanstalt
Gesetze: § 14 Abs 1 S 2 Nr 4 TzBfG, Art 5 Abs 1 S 2 GG, Art 12 Abs 1 GG, EGRL 70/99
Instanzenzug: Az: 6 Ca 3811/15 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 8 Sa 186/16 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am geendet hat.
2Der Kläger war bei der beklagten Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts in der Zeit von 1992 bis Anfang des Jahres 2010 als freier Mitarbeiter zunächst in geringfügigem Umfang bzw. als Volontär und ab 1998 nahezu im zeitlichen Umfang eines Vollzeitarbeitsverhältnisses in der Hörfunkdirektion tätig. Ab dem war der Kläger bei der Beklagten als Producer auf der Grundlage von zwei befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom heißt es:
3Die Stellenausschreibung für die Stelle des Klägers vom lautet auszugsweise wie folgt:
4Mit Änderungsvertrag vom vereinbarten die Parteien, ihr Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung der sonstigen Arbeitsvertragsbedingungen bis zum zu verlängern. Bereits vor Vertragsschluss hatte die Beklagte beschlossen, das Kinderprogramm konzeptionell neu auszurichten. Nach ihrer Planung sollte die in Auftrag gegebene Neukonzeption bis zum Ende des Jahres 2015 abgeschlossen sein. Dieser Plan verzögerte sich, wurde aber von der Beklagten nicht aufgegeben. Am schrieb die Beklagte die Stelle eines Producers für den Programmbereich M J in H unbefristet aus.
5Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristungsabrede vom geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung seines Arbeitsvertrags sei nicht wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Die Beklagte könne sich als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nicht auf die Rundfunkfreiheit berufen. Jedenfalls müsse die Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausfallen, da er aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung einen erheblichen Bestandsschutz genieße, während bei der Beklagten kein Bedürfnis nach einem personellen Wechsel bestehe. Er sei aufgrund seiner Fähigkeiten und Erfahrungen in der Lage, das Kinderradioprogramm auch nach dessen Umgestaltung verantwortlich zu betreuen. Er könne auch in anderen Programmbereichen als Producer eingesetzt werden.
6Der Kläger hat beantragt
7Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Der Kläger habe ausweislich der Stellenbeschreibung zum Kreis der inhaltlich programmgestaltenden Mitarbeiter gehört. Unter Berücksichtigung des erheblichen Einflusses des Klägers auf die Gestaltung des Kinderradioprogramms und dessen beabsichtigter Neuausrichtung überwiege ihr durch die Rundfunkfreiheit geschütztes Interesse am Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags das Bestandsschutzinteresse des Klägers. Auf die Eignung des Klägers, als Producer im neu konzipierten Programm tätig zu werden, komme es nicht an, da das neue Konzept für das Kinderradioprogramm im Zeitpunkt der Befristungsabrede noch nicht festgestanden habe. Sie habe daher bei Vertragsschluss davon ausgehen können, dass der Kläger nicht ausreichend geeignet sei, auch in der geänderten Programmstruktur tätig zu werden. Dies habe sich bestätigt. Bei der Interessenabwägung sei zugunsten des Klägers nur die Dauer seines Arbeitsverhältnisses, nicht aber die Zeit seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter zu berücksichtigen.
8Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
9Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung des Arbeitsvertrags des Klägers zum durch die Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt ist.
10I. Das Landesarbeitsgericht ist mit einer rechtsfehlerhaften Begründung zu dem Ergebnis gelangt, die Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.
111. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn diese durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt ist.
12a) In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG ist nicht näher bestimmt, welche Eigenarten der Arbeitsleistung die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen. Den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass mit dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vor allem verfassungsrechtlichen, sich aus der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) ergebenden Besonderheiten Rechnung getragen werden soll (BT-Drs. 14/4374 S. 19). Die Regelung ist daher geeignet, die Befristung von Arbeitsverträgen mit programmgestaltenden Mitarbeitern bei Rundfunkanstalten zu rechtfertigen ( - Rn. 11; - 7 AZR 533/14 - Rn. 18, BAGE 155, 101). Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG die für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zu berücksichtigen (vgl. - Rn. 15; - 7 AZR 495/05 - Rn. 10, BAGE 119, 138; BT-Drs. 14/4374 S. 19). Der durch das TzBfG gesetzlich ausgestaltete arbeitsrechtliche Bestandsschutz begrenzt als allgemeines Gesetz nach Art. 5 Abs. 2 GG nicht nur die Rundfunkfreiheit, sondern wird auch seinerseits durch die Freiheit des Rundfunks begrenzt ( - Rn. 11; - 7 AZR 457/12 - Rn. 15; - 7 AZR 495/05 - Rn. 11, aaO; vgl. zum früheren Recht vor Inkrafttreten des TzBfG - BVerfGE 64, 256, 261). Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken. Grundsätzlich schließt dies auch die Entscheidung darüber ein, ob Mitarbeiter fest oder nur für eine vorübergehende Dauer beschäftigt werden. Folglich kann die Befristung der Arbeitsverträge mit programmgestaltend tätigen Arbeitnehmern mit der Rundfunkfreiheit gerechtfertigt werden ( - Rn. 11, aaO). Allerdings kommt der Rundfunkfreiheit gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Dauerbeschäftigung kein genereller Vorrang zu. Ist der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit berührt, sind die Belange der Rundfunkanstalt und des betroffenen Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen (vgl. - Rn. 15; - 7 AZR 495/05 - Rn. 11, 20 f., aaO; vgl. zu diesen Grundsätzen auch , 1 BvR 562/93, 1 BvR 624/98 - zu II 2 c bb der Gründe).
13b) Diese Grundsätze zur Auslegung und Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG entsprechen den Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG und der inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (vgl. ausführlich - Rn. 14 f.).
142. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die im Änderungsvertrag der Parteien vom vereinbarte Befristung zum sei durch die Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG sachlich gerechtfertigt, nicht frei von Rechtsfehlern.
15a) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte sich als Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts auf die Rundfunkfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen kann. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Träger des Grundrechts sind alle natürlichen und juristischen Personen, die Rundfunk veranstalten ( - zu C I 1 a der Gründe, BVerfGE 95, 220). Das gilt nicht nur für private Veranstalter, sondern auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie die Beklagte ( - Rn. 18).
16b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der Kläger als programmgestaltender Mitarbeiter tätig war. Das ergibt sich aus der Stellenbeschreibung vom und wird von der Revision nicht in Abrede gestellt.
17c) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Abwägung der Interessen der Parteien hält jedoch einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
18aa) Bei der Prüfung, ob die Befristung des Arbeitsvertrags eines programmgestaltenden Mitarbeiters mit einer Rundfunkanstalt wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt ist, ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers und den im Falle einer unbefristeten Beschäftigung zu erwartenden Auswirkungen auf die Rundfunkfreiheit vorzunehmen. Dazu sind die Belange der Rundfunkanstalt und des Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen, wobei den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nicht genommen werden darf. Einerseits ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht das Bedürfnis der Rundfunkanstalten für die Beschäftigung von programmgestaltenden Mitarbeitern in befristeten Arbeitsverhältnissen vor allem deshalb anerkennt, weil veränderte Berichtsgegenstände, Programmtechniken, Wettbewerbslagen und Publikumsbedürfnisse eine Veränderung der Programmstruktur erforderlich machen und im Regelfall nicht zu erwarten ist, dass die bisher für die Programmgestaltung verantwortlichen Mitarbeiter ausreichend geeignet sind, auch in den geänderten Programmstrukturen tätig zu werden ( ua. - [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] BVerfGE 59, 231; - Rn. 26; - 7 AZR 457/12 - Rn. 32; - 7 AZR 495/05 - Rn. 24, BAGE 119, 138). Andererseits ist die Interessenabwägung im Sinn einer praktischen Konkordanz ergebnisoffen vorzunehmen. Es kommt nicht von vornherein einer Position ein Übergewicht zu. Der sich aus den wechselseitigen Grundrechtspositionen ergebende Konflikt schließt jede undifferenzierte Lösung aus, welche den Schutz des einen Rechtsguts ohne ausführliche Würdigung dem Schutz des anderen Rechtsguts opfert. Weder darf den programmgestaltend tätigen Rundfunkmitarbeitern der arbeitsrechtliche Bestandsschutz generell versagt werden, noch dürfen bei der Entscheidung über diesen Schutz die Regeln und Maßstäbe des Arbeitsrechts in einer Weise auf die Anstellungsverhältnisse dieser Mitarbeiter angewendet werden, die das durch die Verfassung geschützte Recht der Rundfunkbetreiber, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt lässt ( ua. - [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] aaO; - Rn. 26; - 7 AZR 457/12 - Rn. 32; - 7 AZR 495/05 - Rn. 28, aaO). Im Einzelfall kommt es insbesondere darauf an, mit welcher Intensität der betroffene Mitarbeiter auf das Programm der Rundfunkanstalt Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr im Falle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht mehr den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht werden kann. Dabei kann eine lang andauernde Beschäftigung ein Indiz dafür sein, dass bei einer Rundfunkanstalt kein Bedürfnis nach einem personellen Wechsel besteht ( - Rn. 26; - 7 AZR 457/12 - Rn. 32; - 7 AZR 495/05 - Rn. 21, aaO). Es unterliegt der tatrichterlichen Würdigung des Landesarbeitsgerichts, welche Gesichtspunkte im Streitfall von Bedeutung sind. Die tatrichterliche Interessenabwägung ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat und ob die vorgenommene Würdigung in sich widerspruchsfrei ist ( - Rn. 26; - 7 AZR 457/12 - Rn. 32; - 7 AZR 495/05 - Rn. 21, aaO).
19bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung in dem angefochtenen Urteil nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle für die Interessenabwägung maßgeblichen Umstände berücksichtigt. Es hat zu Unrecht die Zeit der Tätigkeit des Klägers als freier Mitarbeiter von 1998 bis 2010 von vornherein unberücksichtigt gelassen. Diese Zeit ist zwar für das Bestandsschutzinteresse des Klägers nicht von Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht berücksichtigt, dass eine dem Arbeitsverhältnis vorgelagerte langjährige programmgestaltende Tätigkeit als freier Mitarbeiter mit der gleichen oder einer vergleichbaren Tätigkeit wie im späteren Arbeitsverhältnis gegen ein Bedürfnis der beklagten Rundfunkanstalt nach einem personellen Wechsel sprechen kann.
20(1) Eine dem Arbeitsverhältnis vorgelagerte Tätigkeit als freier Mitarbeiter ist für das Bestandsschutzinteresse des programmgestaltenden Mitarbeiters nicht von Belang (vgl. - Rn. 36; - 5 AZR 342/97 - zu IV 2 b der Gründe, BAGE 88, 263). Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz, der das Grundrecht der Rundfunkfreiheit beschränkt, sichert die Mitarbeiter, die diesen Bestandsschutz genießen, in ihrer beruflichen Position und damit in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit. Er kommt nur angestellten Mitarbeitern, nicht aber freien Mitarbeitern zugute (vgl. ua. - [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] zu C II 3 b der Gründe, BVerfGE 59, 231) und kann deshalb nur durch eine Beschäftigung im Arbeitsverhältnis, nicht aber durch eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter begründet werden.
21(2) Eine dem Arbeitsverhältnis vorgelagerte Tätigkeit als freier Mitarbeiter mit den gleichen oder vergleichbaren Tätigkeiten wie im Arbeitsverhältnis kann aber bei dem auf Seiten der Rundfunkanstalt zu berücksichtigenden Bedürfnis nach einem personellen Wechsel von Bedeutung sein. Beschäftigt eine Rundfunkanstalt einen programmgestaltenden Mitarbeiter über eine lange Zeit mit der gleichen Tätigkeit, kann dies ein Indiz dafür sein, dass aus ihrer Sicht ein personeller Wechsel nicht notwendig ist, um den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht zu werden (vgl. - Rn. 26; - 7 AZR 457/12 - Rn. 32; - 7 AZR 495/05 - Rn. 21, BAGE 119, 138). Das gilt nicht nur für eine langjährige Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis, sondern auch für eine dem Arbeitsverhältnis vorgelagerte Tätigkeit als freier Mitarbeiter, während der der spätere Arbeitnehmer die gleichen oder gleichartige Tätigkeiten wie in dem späteren Arbeitsverhältnis ausgeübt hat. Die Rundfunkanstalt kann ihrem Wechselbedürfnis nicht nur durch die Befristung von Arbeitsverträgen programmgestaltender Mitarbeiter, sondern auch durch deren Beschäftigung als freie Mitarbeiter Rechnung tragen. Auch in diesem Fall kann eine langjährige Tätigkeit dafür sprechen, dass bei der Rundfunkanstalt kein Bedürfnis nach einem Wechsel besteht (vgl. ua. - [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 59, 231). Daher darf eine dem Arbeitsverhältnis vorgelagerte Tätigkeit als freier Mitarbeiter mit den gleichen oder vergleichbaren Tätigkeiten wie im späteren Arbeitsverhältnis bei der Frage, ob ein Bedürfnis der Rundfunkanstalt nach einem personellen Wechsel besteht, nicht unberücksichtigt bleiben. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
22II. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann die erforderliche Interessenabwägung nicht selbst vornehmen. Dafür bedarf es weiterer Feststellungen und einer darauf bezogenen tatrichterlichen Würdigung. Das Landesarbeitsgericht wird den Parteien in dem neuen Berufungsverfahren Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben haben, um die notwendigen Feststellungen und eine abschließende Würdigung zu ermöglichen.
231. Das Landesarbeitsgericht wird konkrete Feststellungen zu Art und Umfang der möglichen Einflussnahme des Klägers auf die Inhalte des von ihm gestalteten Kinderradioprogramms zu treffen haben, um beurteilen zu können, wie groß die Gefahr ist, dass die Beklagte im Falle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht mehr den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ändernden Publikumsinteressen gerecht werden kann. Dabei kann die beabsichtigte Neukonzeption des vom Kläger betreuten Kinderradioprogramms ebenso von Bedeutung sein wie etwaige Fähigkeiten und Erfahrungen des Klägers, die seinen Einsatz als Producer im Rahmen möglicher geänderter Programmstrukturen oder in anderen Programmbereichen aus Sicht der Beklagten als geeignet erscheinen lassen. Ferner wird zu berücksichtigen sein, dass die Zeiten der Beschäftigung des Klägers als freier Mitarbeiter von 1998 bis 2010, als er nahezu im zeitlichen Umfang eines Vollzeitarbeitsverhältnisses bei der Beklagten tätig war, gegen das Bedürfnis der Beklagten nach einem personellen Wechsel sprechen können, sofern die Tätigkeit als freier Mitarbeiter mit der im Arbeitsverhältnis nach Art und Umfang vergleichbar ist. Dies wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben.
242. Das Landesarbeitsgericht wird das Interesse der Beklagten an der nur vorübergehenden Beschäftigung des Klägers mit seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Bestandsschutzinteresse, das insbesondere von der Dauer seines Arbeitsverhältnisses und seinem Lebensalter bestimmt sein dürfte, abzuwägen haben. Bei der Darstellung seiner Interessenabwägung wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass nicht nur das Ergebnis der Abwägung, sondern auch die berücksichtigten Bewertungskriterien und insbesondere deren Gewichtung aus der Entscheidung erkennbar werden (vgl. - Rn. 28, BAGE 119, 138).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2018:241018.U.7AZR92.17.0
Fundstelle(n):
NJW 2019 S. 948 Nr. 13
ZAAAH-03394