BAG Beschluss v. - 1 ABR 67/09

Instanzenzug: Az: 65 BV 9/05 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Saarland Az: 2 TaBV 66/08 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen nach Betriebsstilllegung.

2Die Arbeitgeberin erbringt Postdienstleistungen. Im Zuge unternehmensweiter Umstrukturierungen löste sie ihre Service Niederlassung Immobilien in S(SNL S) zum Jahresende 2001 auf. Die von der Arbeitgeberin zuvor beantragte Zustimmung zu Versetzungen der Arbeitnehmer in andere Betriebe des Unternehmens verweigerte der Betriebsrat unter Hinweis darauf, dass nach den geltenden Tarifverträgen Nr. 444 bzw. 445 zunächst für diese Arbeitnehmer ein Sozialplan zu erstellen sei.

3Im August 2004 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan. In einer Anlage hierzu war die Zuordnung der Beschäftigten zu den Personalposten und Niederlassungen geregelt. Der Gesamtbetriebsrat stimmte mit Schreiben vom den von der Arbeitgeberin aufgestellten Feststellungsvermerken über die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu. Daraufhin ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat der stillgelegten SNL S mit Schreiben vom vorsorglich erneut um seine Zustimmung zu Versetzungen von insgesamt 150 Beschäftigten. Der am beim Betriebsrat eingegangene Antrag enthielt einen Hinweis darauf, dass die Versetzungen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich seien. Der Betriebsrat bestritt am die Dringlichkeit der Versetzungen und verweigerte anschließend im Schreiben vom , bei der Arbeitgeberin am gleichen Tag eingegangen, für 74 Arbeitnehmer seine Zustimmung zu den beantragten Versetzungen unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Tarifverträge Nr. 444/445 und des Sozialplans.

4Mit einem am beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung der Dringlichkeit der vorläufig vorgenommenen Versetzungen beantragt. Das Arbeitsgericht hat die in einem Verfahren verhandelten Anträge abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, die Zustimmung des Betriebsrats gelte wegen Versäumung der Äußerungsfrist als erteilt. Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts haben sowohl die Arbeitgeberin als auch der Betriebsrat Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren getrennt und die Anträge der Arbeitgeberin für jeden von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmer gesondert verhandelt.

Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,

6Der Betriebsrat hat, soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung, beantragt, die Anträge abzuweisen.

7Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat es festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung von Herrn W als erteilt gilt und diese aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren seinen Antrag auf Abweisung der Anträge weiter.

8B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet.

9I. Das Landesarbeitsgericht durfte den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin nicht mit der Begründung abweisen, die Zustimmung des Betriebsrats gelte als erteilt. Der Antrag ist vielmehr schon deswegen unbegründet, weil die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer W Tätigkeiten in der Niederlassung BRIEF B-S zuweisen konnte, ohne den Betriebsrat der stillgelegten SNL S im Rahmen eines Restmandats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beteiligen zu müssen. Die SNL S war zum Zeitpunkt der Einleitung des Zustimmungsverfahrens am bereits mehr als drei Jahre stillgelegt. Der Betriebsrat eines stillgelegten Betriebs ist nicht im Rahmen seines Restmandats nach § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu beteiligen, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nach der vollständigen Stilllegung des Betriebs eine Tätigkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens zuweist(dazu ausführlich  - Rn. 17 ff.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Zustimmung des Betriebsrats zu der am von der Arbeitgeberin beantragten personellen Maßnahme gilt daher nicht als erteilt. Die angefochtene Entscheidung war danach hinsichtlich des Antrags zu 1. aufzuheben und die erstinstanzliche Entscheidung insoweit wiederherzustellen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der Zustimmungsersetzungsantrag unbegründet ist.

II. Der auf die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme gerichtete Antrag zu 2. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Seine Rechtshängigkeit ist auflösend bedingt durch die rechtskräftige Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag. Das Verfahren ist insoweit einzustellen.

Fundstelle(n):
EAAAH-02458