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BGH Beschluss v. - 2 ARs 151/18

Örtliche Gerichtszuständigkeit für die Überprüfung einer Strafhaft-Verlegungsanordnung

Gesetze: § 109 StVollzG, § 110 StVollzG, § 26 Abs 2 S 3 StrVollstrO, § 462a StPO, § 83 S 1 VwGO, § 17a Abs 2 S 3 GVG

Gründe

I.

1Der Antragsteller befindet sich seit dem ununterbrochen in Strafhaft, zuletzt in der Justizvollzugsanstalt Waldheim / Freistaat Sachsen. Durch Bescheid vom ordnete der Leiter der Justizvollzugsanstalt Waldheim die Verlegung des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Tonna / Freistaat Thüringen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung an. Die Anordnung erfolgte nach Einigung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa und dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Gegen diese Verlegungsentscheidung beantragte der Verurteilte am bei dem Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Chemnitz die gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG verbunden mit dem Antrag, den Vollzug der Verlegung auszusetzen. Am erfolgte die Verlegung des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Tonna.

2Durch Beschluss vom hat sich die Auswärtige Strafvollstreckungskammer Döbeln des Landgerichts Chemnitz örtlich für unzuständig erklärt und das Verfahren gemäß § 83 VwGO, 17, 17a GVG an das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Erfurt verwiesen. Mit Beschluss vom hat sich das Landgericht Erfurt ebenfalls für nicht zuständig erklärt und hat das Verfahren dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

3Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen, die Auswärtige Strafvollstreckungskammer Döbeln des Landgerichts Chemnitz als für die Untersuchung und Entscheidung der Sache zuständiges Gericht zu bestimmen.

II.

4Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung des zwischen der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer Döbeln und der Strafvollstreckungskammer Erfurt bestehenden Zuständigkeitsstreits gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG, § 14 StPO berufen.

III.

5Zuständig für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist die Auswärtige Strafvollstreckungskammer Döbeln des Landgerichts Chemnitz.

61. Bei der Verlegungsanordnung des Leiters der Justizvollzugsanstalt Waldheim handelt es sich um eine Maßnahme auf dem Gebiet des Strafvollzuges, die auf Antrag nach § 109 StVollzG der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (AK-StVollzG/Weßels/Böning, 7. Aufl., § 16 LandesR Rn. 17; Verrel in Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, StVollzG, 12. Aufl., Abschnitt D, Rn. 32 f.) und die gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 StVollstrO mit Einigung der obersten Vollzugsbehörden beider Länder zu erfolgen hatte, da die Maßnahme die Verlegung des Verurteilten in die Vollzugsanstalt eines anderen Bundeslandes vorsieht (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 ARs 99/95, juris; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom - 3 Ws 26/96, NStZ-RR 1996, 188, 189).

72. Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Strafvollzugssachen richtet sich nach § 110 StVollzG, wonach die Strafvollstreckungskammer zuständig ist, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat. Da vorliegend der Leiter der verlegenden Justizvollzugsanstalt die angefochtene Maßnahme im Außenverhältnis gegenüber dem Verurteilten selbst angeordnet hat, ist die Strafvollstreckungskammer am Sitz der Justizvollzugsanstalt Waldheim örtlich zuständig (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 ARs 403/83, BGHSt 32, 233, 235 f.; AK-StVollzG/Spaniol, aaO, § 110 StVollzG Rn. 2 f.). Dies begründet die Zuständigkeit der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer Döbeln des Landgerichts Chemnitz, die auch nach der zwischenzeitlichen Durchführung der Verlegung bestehen bleibt (vgl. AK-StVollzG/Weßels/Böning, aaO, § 16 LandesR Rn. 17; Arloth/Krä/StVollzG, 4. Aufl., § 110 StVollzG Rn. 4).

83. Die Zuständigkeit der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer Döbeln des Landgerichts Chemnitz ist nicht nachträglich durch ihren Verweisungsbeschluss vom entfallen. Eine örtliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt ist hierdurch nicht bindend begründet worden. Zwar ist ein Beschluss, durch den das Verfahren an eine andere Strafvollstreckungskammer verwiesen wird, entsprechend § 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit grundsätzlich bindend (vgl. Arloth/Krä/StVollzG, aaO, § 110 StVollzG Rn. 4). Eine Bindungswirkung tritt jedoch dann nicht ein, wenn die Verweisungsentscheidung willkürlich erscheint, namentlich, wenn eine örtliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer, an die der Rechtsstreit verwiesen worden ist, unter keinem Gesichtspunkt in Betracht kommt oder die Verweisung sonst inhaltlich grob und offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. , BeckRS 2016, 09302 mwN; OLG Celle, Beschluss vom - 1 Ws 501/16, BeckRS 2016, 18830 mwN; BeckOK Strafvollzug Bund/Euler StVollzG, 14. Ed., § 110 Rn. 5). Gemessen hieran erweist sich der Verweisungsbeschluss als willkürlich und offensichtlich fehlerhaft, da eine örtliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt unter keinem denkbaren Umstand ersichtlich ist. Als verlegende Vollzugsbehörde ist zudem allein die Justizvollzugsanstalt Waldheim in dem gerichtlichen Verfahren in der Lage, die Erwägungen darzulegen, die der Verlegungsentscheidung im Zeitpunkt ihres Erlasses zugrunde lagen (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 ARs 398/16, NStZ-RR 2017, 232; AK-StVollzG/Spaniol, aaO, § 115 StVollzG Rn. 51). Demgemäß ist auch die Justizvollzugsanstalt Waldheim als zuständige Vollzugsbehörde an dem gerichtlichen Verfahren gemäß § 111 Abs. 1 Nr. 2 StVollzG zu beteiligen (vgl. BeckOK Strafvollzug Bund/Euler, 13. Ed., StVollzG § 111 Rn. 2).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:040918B2ARS151.18.0

Fundstelle(n):
IAAAH-02393